Samstag, 14. Dezember 2013

Vermisst jemand hier was?

Zumindest hat noch niemand gefragt, wo die letzten Türen geblieben sind...

Also, das Projekt Adventskalender hat sich in der Kürze der Zeit als aufwändiger wie gedacht herausgestellt. Da ist wirklich jeden Tag viel Zeit bei drauf gegangen - und es macht tatsächlich viel Spaß. Im Moment brauche ich aber genau diese Zeit um dringende Sachen für uns zu erledigen.

Da es aber vielen so geht, das es gerade kurz vor Weihnachten und zum Jahresende hin ein bisschen stressig wird, ist es hoffentlich etwas nachvollziehbar. Nach wie vor habe ich noch einige Ideen für Beiträge über Kunst und Kultur, aber die kommen dann halt ein bisschen später.

Ich bin heute gefragt worden, wie es Farino geht, der sich ja blöd am Kreuzband verletzt hat. Farino geht es eigentlich recht gut, wir haben die ersten Tage nur ganz kurze Runden gemacht. Heute waren wir dann mal wieder auf dem Exerzierplatz, Joey toben lassen - und Farino ist dann auch gleich rumgerannt vor lauter Freude, hat dann aber gemerkt, das ist suboptimal und ist ganz schnell wieder an der Leine gelandet. Fand er doof, hat er aber halt Pech. Ansonsten tobt er in der Wohnung auch gerne eine Runde mit Joey rum, passt aber auch relativ auf, das "nur vorne" getobt wird, nicht hinten an der Flanke.

Über Joey gibt es auch Erfreuliches zu berichten, nach ein paar sehr konsequenten Wochen wo ich wirklich hart durchgegriffen habe wenn er abgespackt ist, hat ihn die Erkenntnis erreicht, das er mit weniger Trara viel angenehmer lebt. Er regt sich immer noch gerne über andere Hunde auf, aber er geht nicht mehr so völlig ausser sich in die Luft und windet sich wie blöde dabei. Das ist ein riesiger Fortschritt, den ich "nur mit Wattebäuschchen werfen" nicht hinbekommen hätte.

Es kommt darauf an, wo wir sind und wie Joey von Anfang an reagiert, wie ich entscheide. Oft klemme ich ihn jetzt zwischen meine Beine. Dann kann er nicht rumtoben und wenn er meint, er muss zu sehr motzen, reicht es eigentlich, eine Hand unter den Fang zu legen und zu sagen, er soll ruhig sein. Es gibt auch bei seinem Motzen den Unterschied zwischen "du bist ein blöder anderer Hund und ich mach´  dich jetzt mal an!" und dem Frustgemotze, das er nicht so darf, wie er gerne möchte.  Frustgebell lasse ich auch eher durchgehen, weil er damit seine Anspannung abreagiert und der andere Hund sich auch gar nicht um so ein Frustgebell kümmert, Anmache wird recht schnell unterbunden. Ausnahme sind andere Jagdhunde, die ebenfalls von Natur aus lautfreudig sind, wie die Beagle in der Nachbarschaft. Da wird dann gerne mal von allen Hunden Laut gegeben, was das Zeug hält - und das ist auch in Ordnung.

Wir üben seit einiger Zeit an den Treppen hier in Neuruppin dann warten und Aufmerksamkeit. Das ist purer Selbstschutz, wer weiß, wie schweineglatt hier im Winter die Treppen z. B. im Rosengarten werden können kann sich vorstellen, was passiert, wenn zwei Hunde da runterfetzen und Frauchen hinterher fliegt. Also wird jedes Mal geübt und Joey hat innerhalb weniger Tage tatsächlich verstanden, das er direkten Blickkontakt zu mir haben soll, dann darf er auch die Treppe benutzen. Auch das ist für Joey, der sich draussen kaum auf mich konzentriert, ein großer Fortschritt!

Was Joey noch nicht so ganz begreift ist, das er absitzen und warten soll, bevor es durch die äussere Haustüre geht. Die Erwartung, das es dann gleich raus auf die Strasse geht sind so dermaßen groß, das es sehr, sehr schwer für ihn ist, sich in dem Moment zusammenzureissen und auf mich zu konzentrieren und wir brauchen oft ein paar Minuten, bis wir tatsächlich draussen sind, weil so oft die Türe dann wieder zugeht.

Aber wer von innen mal erlebt hat, wie es ist, wenn Joey kaum, das die Türe auf ist, kopflos und ohne Rücksicht auf irgendwelche Verluste rausschießt, ich glaube, der versteht viel eher, warum ich an der "Baustelle" ebenfalls sehr intensiv arbeite. Das geht einfach nicht! Der würde einen Radfahrer damit vom Rad holen (oh, und da gibt es einen ganz speziellen Herren, der extrem sauer ist. Nicht, weil Joey ihn zweimal schon mit genau solchen Eskapaden fast vom Rad geholt hätte, sondern weil ich bei so einem Verhalten bei Joey durchgreife!). Aber wie das eben so ist, lasse ich solch ein Verhalten durchgehen - und sich hinstellen und nur "nana, das darfst du aber nicht!" sagen IST letztlich genau das - und es passiert was, ist die Aufregung groß, greife ich durch, weil Wattebäuschchen-Werfen (Nein-Sage, Klicker, Quietschi und was es nicht noch für super Tipps gibt) nichts bringt passt es einigen Leuten auch nicht. Nur: Die sehen den Hund nur einige Sekunden mal und urteilen nach den paar Sekunden. Wir leben mit Joey zusammen und nach diversen Verletzungen durch den Hund war klar, das ich leider sehr harte Grenzen setzen muss, sonst geht es ganz fürchterlich schief. Und siehe da - genau dieses "grau (Verwarnung)- schwarz (es scheppert und das notfalls auf dem Hund) - weiß (positives Verhalten ausgiebig loben und mit Futter bestätigen)" hat den "Klick" bei ihm gebracht.

Eine andere Hundehalterin mit einem kleinen französischen Bullterrier hat mich mal übel angemacht. Joey ist komplett ausgerastet beim Anblick ihres Hundes und hätte dem auch ohne zu zögern ein Loch ins Fell gebissen.Also hatte ich auf glitschigem Untergrund zwei Hunde mit einem Gesamtgewicht von über 45 Kilo an zwei Leinen, einer davon voll am ausrasten. Nach einigen Verwarnungen, die nichts gebracht haben, gab es einen gezielten Klapps - und damit war auch gut.

Kam die Olle mit ihrem Hund, zurück, wo ich froh war, das der endlich ausser Sichtweite war und hat mich angebrüllt, mein Hund würde Angst bekommen. Ja, mag sein. Nur: Was ist eigentlich mit mir und meinem Sohn? Sollen wir bei einem Hund, wo wir wissen, das nichts anderes Hilft und das er mich schon mehrfach durch genau so ein bescheuertes Verhalten verletzt hat, das DURCHGEHEN lassen? Was ist mit unserer Angst, das wir verletzt werden? Ein verletzter Knöchel und eine angeschlagene Hüfte tun länger weh als der Klapps, den Joey in dem Moment bekommen hat. Sage ich schlichtweg aus Erfahrung. Und wenn er Angst bekommen hat - ja, dann ist das so. Das ist zwar nicht schön, aber in dem Moment achtet er auf mich, weil er weiß, er hat etwas verkehrt gemacht.

Joey stellt viele Regeln der üblichen Hundeerziehung auf den Kopf. Ich bin mir aber sicher, nicht nur er. Es wird viele Hunde geben, die ähnlich unsozialisiert aufgewachsen sind wie er und eben nicht "wie üblich" funktionieren. Nur: es traut sich kaum jemand, zuzugeben, das es so ist. Weil im Fernsehen die Hundenanny gelaufen ist, weil Martin Rütter läuft und Cesar Milan. Vergessen wird, das bei vielleicht 30 Minuten Sendung immer nur ein BRUCHTEIL gezeigt wird - und natürlich muss es gut ausgehen. Es ist ja eine Tiersendung. Ich habe nur EINMAL mitbekommen, das ein Hundetrainer im Fernsehen gesagt hat: "Das hat keinen Zweck, den müssen Sie einschläfern lassen!". Das fand ich erschreckend - aber es war zumindest ehrlich.

Die Leute finden voll schrecklich, was mit den Hunden in Rumänien, Kroatien, Spanien und so weiter passiert, das sie eingefangen werden, man sie erschießt, das es Tötungsstationen gibt. Kann ich ja verstehen. Und dann kommt immer wieder "die sind ja sooo dankbar!". Ja, Joey ist ein lieber Hund. Aber Dankbarkeit, sofern ein Hund dieses überhaupt empfinden kann, ist für einen Menschen sicherlich auch irgendwo etwas anderes als für ein Tier. Es gibt Tierhalter, die sagen zu ihrem Tier: "Du könntest ruhig dankbar sein! Ich hole dir bestes Futter, ich gehe mit dir zum Tierarzt, ich gebe für dich viel Geld aus!" - einem Tier bedeutet Geld nichts. Es weiß nichts damit anzufangen. In seiner Welt gibt es kein Geld.

Genau so wenig wie eine Lautsprache wie Menschen sie haben. "Versteht der überhaupt DEUTSCH???" wurde ich schon ganz oft gefragt, wenn es um Joey ging. Warum gehen Menschen davon aus, das Tier automatisch unsere Sprache verstehen? Mit welcher Überheblichkeit gehen Menschen davon aus, das Tiere UNS verstehen müssen - wir uns aber kaum Mühe geben müssen, ein Tier zu verstehen?

Ein Bekannter von uns hatte eine Katze. Die durfte nie aus der Wohnung raus und kannte so über 6 Jahre ihres Lebens nichts anderes als eine Wohnung mit 3 Zimmern, in der sie überwiegend alleine war. War der Bekannte in der Woche irgendwo arbeiten oder auf Urlaub, kam 2 - 3 Mal in der Woche eine Katzensitterin vorbei um Futter hinzustellen, Wasser zu wechseln und das Katzenklo zu säubern. Dann zog er um. Eine Wohnung mit Wintergarten. Es war absolut faszinierend zu sehen, wie diese Katze das erste Mal nach Jahren über sich einen Himmel gesehen hat!  Wie vorsichtig und erstaunt sie vor den Scheiben gesessen hat und entdeckt hat, das es ein draussen gibt! Wie lange sie später vor der mit einem Gitter abgesicherten offenen Türe gesessen hat und es einfach genossen hat, in der Sonne zu liegen, frische Luft zu atmen und zu sehen, was sich draussen alles so tut! Als sie sich dann später das erste Mal in den Garten getraut hat, ganz zögerlich das Gras unter ihren Pfoten gespürt hat... ich hatte Tränen in den Augen, weil ich mich für das Tier so sehr gefreut habe. Der Besitzer hat sich weniger gefreut sondern eher Panik geschoben, aber egal. Es liegt nicht in der Natur einer Katze, ein einsames trostloses Leben in einer Wohnung zu führen und nur selten einen Ansprechpartner zu haben.

Die Verantwortung für ein Tier zu übernehmen bedeutet mehr, als nur dafür zu sorgen, das Futter und Wasser da sind. Bei Hunden bedeutet es, dafür zu sorgen, das sie problemlos in Gemeinschaft mit Menschen leben können. Leider ist der Weg bis sie es können, nicht immer ganz einfach. So wie bei Joey. Das er im normalen Umgang mit Menschen ein absolut lieber Hund ist, der jeden umarmen und "abknutschen" würde reicht dazu eben nicht aus (wobei das sehr oft auch völlig respektloses Verhalten vom Hund ist! Das mal so nebenbei...).

So, nun habt ihr doch noch ein bisschen mehr zu lesen bekommen ;-) einen schönen 3. Advent!


 


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Vielen Dank für den Kommentar. Er wird nicht sofort zu sehen sein, weil ich erst noch schauen möchte, ob es tatsächlich ein Kommentar ist oder ob es Werbung aus Nigeria und Co ist.