Sonntag, 29. Januar 2023

Herrin der Bücher

 So langsam platzen meine Bücherregale aus allen Nähten. Mein Lieblingsregal, so ein offener Bücherschrank, hat es schon mal erledigt gehabt. Irgendwie hatte ich nachts mal ein komisches Rauschen gehört. Das konnte ich nicht zuordnen. Erst ein paar Tage später habe ich gesehen, dass die Regalbretter alle abgesackt sind. Da das Regal rappelvoll war, ist das tatsächlich erst gar nicht aufgefallen. Aber als es mir dann aufgefallen ist, mussten wir doch ziemlich lachen. Es hat die Außenwände zur Seite gedrückt und diese Minipinökel haben dann die Regalbretter nicht mehr gehalten. Ein paar Stunden später war es repariert. Die Regalauflagen wurden durch Kanthölzer ausgetauscht und alles miteinander verschraubt. 

Marie hat bei ihrem Einzug noch ein Regal mitgebracht, das ich dann als Bücherregal verwendet habe - ich dachte, es dauert etwas länger, bis es voll ist. Nun ja. Falsch gedacht. Dann gibt es noch zwei Schränke mit Bücherregalen und im Schlafzimmer ist auch noch eines. Da ich überwiegend Fach- und Sachbücher habe, brauche ich dann so langsam mal einen besseren Überblick.

Entschieden habe ich mich für das Programm "Buchliebhaber", weil sich das Programm die Daten aus der Deutschen Nationalbibliothek zieht, soweit es geht. Das erspart mir unglaublich viel Arbeit, weil ich nur noch die ISBN (die Internationale Standart Buch Nummer) eingeben muss. Manchmal findet das System das Buch nicht, dann bekommt man angezeigt, ob man direkt im Bestand der Deutschen Nationalbibliothek suchen möchte und wird auf deren Suchseite geleitet. Manchmal gibt es nämlich mehrere Bücher unter einem Titel oder was auch immer. Hat man dann das passende Buch gefunden, wird der Pfad zu dem Buch per Copy & Paste in der Maske vom Buchliebhaber eingegeben und das Programm zieht dann die Daten für das richtige Buch.

Ich brauche nur noch die Schlagwörter passend zu ergänzen. Ausprobieren kann man das Programm mit 10 Büchereingaben. Ich habe mir das Buch von der Couch geschnappt und es dann mal ausprobiert. Das Buch heißt "Orientierungsrahmen für den Lernbereich Globale Entwicklung", das bezieht sich auf die "Bildung für nachhaltige Entwicklung". Das hat schon mal gut geklappt. Dann habe ich mir drei Bücher aus dem Regal gezogen, sogar das alte Buch über "Bewegliche Bilder aus Holz" wurde gefunden.  Die beiden anderen waren "Flechten, Färben, Schnitzen" (ein absolut großartiges Buch), und aus der Reihe "Ökosysteme Mitteleuropas" das Buch "Wälder des Tieflandes und der Mittelgebirge".  


Spannend wird dann irgendwann, wie viele Bücher ich tatsächlich habe. Es ist auch nicht wichtig, ob ich die alle von vorne bis hinten gelesen habe - es ist viel wichtiger für mich zu wissen, wo ich bei Bedarf welche Infos finde. 

Nach den Bücher kann ich dann irgendwann anfangen, die ganzen größeren Infoschriften ohne ISBN einzugeben, die z. B. von den Ministerien sind. Dann finde ich "Die Akte Pommes Fritz" vom Brandenburger Umweltministerium wahrscheinlich irgendwann unter "Landwirtschaft, Obst und Gemüse" oder so. Im Moormuseum in Geeste habe ich "Die Sammlung Carl Lindner, ein Moos-Herbarium kommt ins Museum" gekauft, das ist ein A4-Buch direkt vom Museum. Das hat zum Beispiel auch keine ISBN. Aber das werde ich irgendwann unter "Moor, Torf" wiederfinden. 

Denn die ganzen Bücherschätze nutzen mir wenig, wenn ich den Überblick verliere und es hat mich schon bei Juniors Bitte, ihm etwas über Boden vorzulesen, echt genervt, dass ich vage wusste, welches Buch er meinte, ich aber dann ein Problem hatte, das in diesem Bücherwust zu finden und dann auf ein viel zu kompliziertes Fachbuch zurückgegriffen habe. Das war echt doof. Denn eigentlich wollte er damals weiter vom Kugelspringer vorgelesen bekommen. 

Wir sind/waren schon etwas speziell. Ähnlich wie Nick von Kollegen "Klugscheißer" genannt wurde, weil er sich einfach mit den Sachen, die er getan hat, mehr auseinander gesetzt und das gelernt hat,  bin ich dann "die besserwisserische Alte" für manche Leute. Das nehme ich als Kompliment. Auch Nick habe ich immer gesagt, dass er es mit dem "Klugscheißer" einfach so sehen soll, dass er ja weiß, dass viele seiner Kollegen auf der Förderschule waren und nie gelernt haben, wie toll lernen sein kann. Denen ist eher immer nur gezeigt und gesagt worden, was sie alles nicht können. "Brauchst du gar nicht erst versuchen, dass schaffst du ja sowieso nicht!" ist der beste Garant dafür, einem Menschen das Lernen zu verleiden. 


Nachtrag: Mittlerweile habe ich einen Teil meines Buchbestandes eingegeben und bin nach wie vor begeistert. Zwar komme ich mit einigen Möglichkeiten des Programms noch nicht klar, wie Gruppierungen etc. - aber das brauche ich auch erst einmal nicht, die Suche funktioniert richtig super und zeigt mir zu einem Suchbegriff alle Bücher, egal ob aus der Klassifizierung oder den Schlagworten. Das reicht erst einmal völlig. 








Dienstag, 24. Januar 2023

Wie der Naturschutz in Deutschland geregelt ist (Was NUPsis wissen sollten!)

 Ich weiß, dass viele Menschen Politik eigentlich eher unbequem finden. Gerade wenn es Richtung Länder- und Bundespolitik geht, fühlen sie sich oft übergangen, übersehen und denken: „Was geht mich das an, ich kann sowieso nichts bewegen?!“.

Dennoch ist es als NUPsi wichtig, die grundlegenden Strukturen des Natur- und Umweltschutzes wenigstens grob zu kennen. Wäre ja blöd, wenn ihr euch – wie in der Kursbeschreibung angegeben – als NUPsi bei einem Verein vorstellt, weil ihr gerne dort mitarbeiten würdet – und dann kennt ihr nicht einmal die grundlegenden Strukturen. Oder ihr bietet eine „supertolle Führung“ an, die ihr ausgearbeitet habt – und genau damit verstoßt ihr gegen geltendes Naturschutzrecht, weil das nie wirklich Thema war. Das kann dann richtig teuer werden, denn „Unwissenheit schützt vor Strafe nicht!“ und einem Natur- und Umweltpädagogen ist eine Sorgfaltspflicht durchaus zuzumuten. Deshalb hier nun die Übersicht, wie das von staatlicher Seite aus geregelt ist. Fangen wir ganz oben an. Dort steht das



Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz.

Das hat zwei Standorte: Berlin und Bonn. Es ist die oberste Bundesbehörde für Natur- und Umweltschutz und wird BAUV – oder BMUV – abgekürzt.

Online findet ihr es unter BMUV.de

Das Ministerium hat 8 verschiedene Abteilungen, die durch einen Buchstaben gekennzeichnet sind:

Z - Zentrale / Verwaltung

T - Transformation – Digitalisierung / Circular Economy / Klimaanpassung

C - Chemikaliensicherheit / Immisonsschutz / Verkehr

G - Grundsatz und Dialog

S - Nukleare Sicherheit / Strahlenschutz

W - Wasserwirtschaft / Gewässer- und Bodenschutz / Meeresschutz

I - Internationales / Europa

V - Verbraucherschutz / Verbraucherrechte / digitale Verbraucherthemen

N - Naturschutz / Nachhaltige Naturnutzung / Natürlicher Klimaschutz

Auch wenn ihr als „NUPsi“ nur bei euch regional arbeitet – was denkt ihr, welche Abteilungen haben Themen, die eure Arbeit vor Ort betreffen könnten? Das Organigramm findet ihr unter es ist ein pdf zum herunterladen. Macht das und schaut euch mal an, was da alles für Themen in den verschiedenen Abteilungen behandelt werden!

Daraus entstehen unter anderem Gesetze und Verordnungen, so wie das Bundesnaturschutzgesetz (Aufpassen, im Studienheft ist nur vom Naturschutzgesetz geschrieben, aber davon gibt es mehrere!) das Immisionsschutzgesetz oder die Atomrechtliche Abfallverbringungsverordnung. Gesetze und Verordnungen müssen aber immer noch durch den Bundesrat genehmigt werden, in dem Vertreter/innen aller Länder sitzen. Die können also nicht einfach so bestimmt werden.

Das BMUV greift bei vielen Themen auf Berater zurück. Zu diesen Beratern in Sachen Naturschutz gehört eine von vier dem BMUV untergeordneten Behörden. Es ist das




Bundesamt für Naturschutz 

Diese Bundesoberbehörde hat fachliche, wissenschaftliche und administrative Aufgaben im Bereich Naturschutz und der Landschaftspflege. Sie vollzieht Naturschutzrecht, berät politisch Verantwortliche, stellt Forschungsergebnisse zur Verfügung, betreut Naturschutzprojekte und so weiter.

Das BfN hat mehrere Standorte. Seit seiner Gründung 1993 ist es in Bonn zu finden, es gibt mittlerweile einen Standort in Leipzig und einen auf der Insel Vilm bei Rügen. Dort befindet sich auch die Internationale Naturschutzakademie.

Online findet ihr es unter bfn.de

Die Durchsetzung – also den Vollzug – der Naturschutzgesetze obliegt den Bundesländern. Es gibt eine Ausnahme dabei und das ist die Wirtschaftszone der Nord- und Ostsee, dort ist der Bund zuständig.

Aber für alles, was ansonsten unter Natur- und Landschaftsschutz fällt, haben die einzelnen Bundesländer die Aufgabe, dafür zu sorgen, dass die gesetzlichen Vorgaben eingehalten werden. Weil es aber ganz verschiedene Landschaften gibt und Niedersachsen anders aussieht als Bayern, dürfen die Länder auch eigene Naturschutzgesetze aufstellen.

Dabei müssen sie aber immer die allgemeinen Grundsätze des Natur- und Artenschutzes beachten. Die gelten also grundsätzlich. Für Niedersachsen ist das 



Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz 

in Hannover zuständig.

Das steht auch so im Niedersächsischem Ausführungsgesetz zum Bundesnaturschutzgesetz (NAGBNatSchG) in § 31 (2). Dort steht „Oberste Naturschutzbehörde ist das Fachministerium“.

Dieses hat verschiedene Einrichtungen wie zum Beispiel den Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN), den Nationalpark Wattenmeer (mit dem Wattenmeerhaus in Wilhelmshaven), den Nationalpark Harz (der wird von Werningerode aus verwaltet) das Biosphärenreservat Elbtalaue (wird von Hitzacker aus verwaltet), die Alfred-Toepfer Akademie für Naturschutz (Schneverdingen).

Online findet ihr es unter umwelt.niedersachsen.de

Beim Landesbetrieb NLWKN (nlwkn.de) bekommt ihr jede Menge Informations- und Arbeitsmaterial! Da gibt es auch Sachen für Schüler und allgemein für Kinder. Nupsis aus anderen Bundesländern dürfen sich gerne ihre eigenen Ministerien ergoogeln und auch, wie sie dort an Material kommen. NRW ist ganz gut aufgestellt, da habe ich schon echt viel bekommen und Brandenburg ist ebenfalls richtig toll was Material anbelangt. Selbst wenn manche Dinge ein bisschen kosten – im Endeffekt bekommt ihr fundierte Informationen für wenig Geld!

Von den Ministerien geht es dann „an die Basis“. Das sind dann die Unteren Naturschutzbehörden und in Niedersachsen auch die Gewerbeaufsichtsämter in den Landkreisen, Städten und Gemeinden. Auch das ist im Niedersächsischen Ausführungsgesetz des Bundesnaturschutzgesetz geregelt.



Die niedersächsischen NUPsis sollten sich auf jeden Fall vom NLWKN die Broschüre "Gesetzlich geschützte Biotope und Landschaftsbestandteile in Niedersachsen" besorgen! (Informationsdienst Naturschutz Niedersachsen 3/2021)


Dienstag, 17. Januar 2023

Warum und wie "NUPsis" vor der eigenen Haustüre anfangen sollten

 Nach ein paar Wochen Natur- und Umweltpädagogik (NUP)-Kurs und den Vorgaben dort, möchte ich nun wieder mehr Struktur in das „Was möchte ICH tatsächlich an NUP vermitteln – und wie ist der Weg dahin?“ bringen. Es bringt mir ja nichts, mich über Dinge zu ärgern, die definitiv falsch sind. Oder über Dinge, die ich letztlich auch gar nicht brauche. Für diejenigen „NUPsis“ im Kurs, die ein bisschen eine andere Herangehensweise kennenlernen möchten, von der sie langfristig tatsächlich mehr haben:

Im NUP 01 habt ihr die Aufgabe gehabt, nach „Orten öffentlicher Bildung“ in eurer Umgebung zu suchen. Das ist bislang die BESTE Aufgabe, die es in den Heften 1 – 5 gibt, denn genau die bringt euch richtig viel! Ihr werdet später nicht quer durch die Lande gondeln, um überall zu arbeiten (und wenn doch, könnt ihr euch dann eben später auf neue Landschaften einlassen, in denen ihr arbeiten möchtet). Euer Wohnort ist eure Basis. Wenn ihr etwas über Natur und Umwelt lernen wollt, müsst ihr genau vor eurer Haustüre anfangen.

ein Ort öffentlicher Bildung

Ich mag ja richtige Papierlandkarten total gerne, vielleicht besorgt ihr euch eine Wanderkarte / Freizeitkarte von eurer Gegend, die ihr an eine Türe klebt. Manchmal bekommt ihr von Tourist-Informationen so etwas kostenlos oder für wenig Geld. Für die „vor der Haustüre“-Arbeit bieten sich Karten im Maßstab 1:25 000 an. Eventuell liegt genau euer Wohnort so blöde, dass ihr 2 oder gar 3 Karten braucht. Nicht ärgern, ihr entdeckt einfach mehr. Auf den Karten habt ihr eine größere Übersicht als auf eurem Smartphone bei Google Maps. Auf dem Blog hier findet ihr ein bisschen Kartenkunde HIER (klick mich, ich bin ein Link). Ebenfalls erkläre ich auf dem Blog die App Komoot, die ich oft auf Hunderunden etc. verwende. Allerdings ist der Beitrag schon ein paar Jahre alt. Komoot hat sich weiterentwickelt, aber im Kern stimmt der Beitrag noch.

Es ist übrigens nie verkehrt, in der heimischen Tourist-Info aufzutauchen und sich dort massig Infomaterial zu besorgen, solltet ihr später Führungen oder „Kinderbekasper“ anbieten wollen, bekommt ihr so schon einen ganzen Haufen für euch wichtige Adressen!

Nun müsst ihr euch überlegen, ob ihr den Öffentlichen Personen Nahverkehr (ÖPNV/ Öffis) nutzt, ein Rad oder ein Auto habt. Denn eure Mobilität bestimmt euren Aktionsraum!

Auf der Karte markiert ihr euren Wohnort mit einem dicken Punkt. Nutzt ihr Google Maps und habt euer „Zu Hause“ markiert, dann bekommt ihr das automatisch angezeigt. Nun überlegt ihr, wie weit ihr üblicher Weise kommt. Markiert ein paar Ziele, die ihr öfters anfahrt, um spazieren zu gehen, mit dem Hund oder den Kindern unterwegs zu sein etc., was ihr in einer unproblematischen Zeit erreichen könnt. Das ist eure „Home-Base“. Wenn ihr schon wisst, welchen Radius ihr damit abdeckt, ist das okay. Wisst ihr es nicht, messt die Entfernungen via Luftlinie in Zentimetern. Wenn ihr verschiedene Punkte habt, könnt ihr die Entfernungen zusammenrechnen. Das Ergebnis teilt ihr dann durch die Anzahl der Punkte, die ihr gemessen habt. 

Ihr könnt allerdings auch feststellen, dass eure Adresse nicht der Mittelpunkt ist, sondern eher am Rand liegt und euer Aktionsraum eher so eine Eiform hat. Auch das ist völlig in Ordnung. Wichtig ist nur, dass ihr euren Aktionsraum richtig gut kennen lernt! Manchmal erlebt man dabei so "oh, das ich hier so etwas finde, hätte ich nie gedacht!"-Momente. Genau darum geht es! 

Auf der Papierkarte könnt ihr es mit einem Zirkel (Glas, Teller, was halt passt um die Linie hinzubekommen) markieren – oder ihr macht mit einem Lineal eine Pünktchenlinie  Nutzt ihr Google Maps, dann könnt ihr die Webseite CalcMaps dafür nutzen! Speichert das Bild von CalcMaps ab, gerne auch in verschiedenen Maßstäben.

So kann es auf CalcMaps aussehen

Der nächste (Eier-)Kreis, den ihr in die Karte zeichnet, ist die maximale Entfernung, deren Aufwand sich für euch noch lohnt, wenn ihr die mehrmals im Monat erreichen müsstet. Es bringt euch nämlich eher massiv Frust und Unlust, wenn ihr zum „Herumabenteuern“ und um etwas auszuarbeiten ein Gebiet anfahren müsst und dafür dann Fahrzeiten von einer Stunde oder so pro Strecke habt.

Mit diesen beiden Kreisen habt ihr FÜR EUCH einen guten Anfang. Nun könnt ihr innerhalb der Kreise nach und nach alle „Orte öffentlicher Bildung“ suchen, die irgendwie in den Bereich Natur und Umwelt passen. Auf der Papierkarte könnt ihr die mit einem Punkt markieren. 

Entsprechende sucht ihr nun nach Lehrpfaden, nach Museen, nach Tafeln, auf denen etwas erklärt wird. Ihr könnt ökologische Stationen einzeichnen, Adressen von Naturschutzverbänden, Forsthäusern, Sehenswürdigkeiten und so weiter. Streift in dem Home-Base-Gebiet umher, schaut euch alles an – und wenn ihr Kinder im Spielplatzalter habt, dann markiert auf dem Plan mit einer extra Farbe auch gute Spielplätze. So etwas ist immer gut zu wissen! (Hier ist gibt es die Anleitung für eine „Was machen wir heute-Teebox“)

Junior und ich hatten mal eine Challenge, dass wir auf einer Karte alle Straßen markieren, die wir in der Stadt, wo wir mal gewohnt haben, schon abgelaufen sind. Das kann echt spannend sein! Gerade wenn ihr eh mit Kindern raus müsst, macht das. Bezieht die Kinder mit ein, lasst sie Wege auf der Karte und "in Echt" suchen, freut euch mit ihnen über jede nachgemalte Straße, jeden nachgemalten Weg auf der Papierkarte, fotografiert unterwegs tolle Sachen - oder auch nicht so schöne Sachen. Aber wenn ihr den Kurs z. B. auch deshalb macht, weil ihr euren Kindern gerne etwas beibringen möchtet - dann bezieht sie ein. Sie sehen oft Dinge, die ihr als Erwachsene nicht mehr seht - und es ist immer gut, wenn ein Kind seine Umgebung möglichst gut kennen lernt. Deshalb malt auf die Karten auch tolle Spielplätze, Tiere oder was auch immer. 

Aufgabe Nummer zwei für euch wäre: Findet die Adresse der für euren Bereich zuständigen UNTEREN NATURSCHUTZBEHÖRDE heraus. Notiert euch die Adresse, die Mail und eine Telefonnummer. Wenn ihr dort in der Nähe seid und die Behörde noch auf hat, geht hin und schaut, was es dort an Infomaterial gibt. Nehmt mit, was ihr davon irgendwie für euch passend und wichtig findet. Das ist „die halbe Miete“ für euch! Schafft euch eine Box nur für Infoflyer an. Oder besorgt euch auf Amazon diese Dokumententaschen zum abheften. Die sind ziemlich genial. Wenn ihr die Flyer vielleicht auch noch nicht in den nächsten Monaten braucht – egal. Mitnehmen und bunkern. (Es ist kein Affilate-Link zu Amazon!) 

Dann informiert euch, was so eine „untere Naturschutzbehörde“ macht und wofür sie zuständig ist. Das ist elementar wichtiges Wissen, wenn ihr im Bereich Natur- und Umweltpädagogik arbeiten wollt, denn ihr werdet immer mal wieder mit dem Hinweis „Untere Naturschutzbehörde“ konfrontiert. Arbeitet ihr mit Gruppen in Naturschutz-gebieten, ist es mitunter auch gut und manchmal auch notwendig, dass mit der zuständigen  Naturschutzbehörde abzusprechen. 

Wenn ihr schon auf der Seite eurer Kreis- oder Stadtverwaltung seid, dann sucht euch da bitte auch noch einen Ansprechpartner mit Mailaddy für wilde Müllkippen heraus. Da könnt ihr auch beim Ordnungsamt gucken. Speichert euch auch da die Telefonnummer und eine Mailaddy. Wenn ihr nämlich unterwegs seid und irgendwo eine wilde Müllkippe seht, dann geht hin und macht ein Foto davon. Als nächstes ruft ihr Google Maps auf und lasst euch anzeigen, wo ihr seid. Screenshot so, dass man es wiederfinden kann. Google Maps zeigt euch auch die Koordinaten an – speichert die ab. Wenn ihr die Bilder dann vial Mail mit einer kurzen Erklärung „Ich war in … unterwegs und habe dort eine wilde Müllkippe gefunden, anbei Fotos und Koordinaten/Karte, wären Sie so freundlich, den Bauhof zu bitten, das einzusammeln?“ an die Verwaltung schickt, kann die sich um die Entsorgung kümmern. Auch damit seid ihr für eure Kinder Vorbilder. 

Ich denke nämlich, wenn man Natur- und Umweltpädagogik vermitteln will, sollte man so ein paar Dinge einfach auch ganz selbstverständlich immer wieder mal machen. Denn wenn wir keine wilden Müllkippen melden – wer sollte es denn dann tun? Es ist die „gute Tat des Tages“. Junior und ich hatten schon lange vor, auf unseren Touren ab und an Müll vom Wegrand einzusammeln. Das haben wir zusammen leider nicht oft geschafft. Aber wir haben uns Greifer angeschafft, damit geht das recht gut und nun mache ich es auf manchen Touren. Zum Einen stört mich der Müll am Wegrand, ich finde es unschön und nervig.  

An einem Waldparkplatz eingesammelt 

Zum Anderen ist es praktizierter Umwelt- und Tierschutz - ich muss ja auch kein Grab pflegen, also kann ich das pflegen, was Nick und mir wichtig war. Zum Beispiel auch deshalb, weil es vorkommen kann, dass zerdrückte Dosen im Mähgut für Viehfutter landen. Das sind Aludosen, da schlagen keine Magnete an - Rinder wiederum können dann versehentlich diese platten Dosen mit scharfen Kanten fressen - und sich innerlich unglaublich schwer und unrettbar verletzen. Die gehen daran ein. Ähnlich kann es mit Plasteteilen und Scherben sein. 

Es wird gefressen, was auf dem Futtertisch liegt, manchmal leider auch Ungesundes!
(Highland-Bullen im Kaltstall, Hof "vom Lohmühlenbach" )


So, das wäre es für heute, vielleicht hilft es ja dem Einen oder der Anderen irgendwie. 

Donnerstag, 12. Januar 2023

Das Klassenaquarium, der Ruderfüßer und der Splatterfilm.

Ich lerne ja im Moment viel. Das heißt: eigentlich lerne ich immer irgendwas. Mal mehr, mal weniger. Im Moment etwas mehr. 

Es gibt wieder so eine ganz interessante Aufgabe in einem Kursheft, das sich rund um Schule dreht. Da soll man sich ein Miniaquarium im Klassenzimmer vorstellen und dann folgt eine Aufzählung dessen, was in diesem Aquarium schon lebt. Das habe ich mir notiert und jeden Namen gegoogelt. 

Ich werde nie einen Schulteich anlegen und so etwas auch nie in einem Plenum besprechen, also habe ich mir aus dem Heft herausgesucht, was für mich in Frage kommt und den Rest nur überflogen. Aber für die Aufgabe muss ich halt wissen, was das für Viecher im Aquarium sind und was und wen die fressen, weil der Autor viel, viel Wert auf "Räuber-Beute-Beziehung" legt. 

Nun ja, es war auch absolut kein Problem, alle Tierchen zu googeln.  Das hat auch alles Sinn ergeben. Bis... na ja, bis auf den Ruderfüßer. Ich lache immer noch. In der Literaturangabe ist ein Buch aus dem Kosmos-Verlag angegeben "Was lebt in Tümpel, Bach und Weiher?". Dieses Buch hatte ich vor 35 Jahren in meiner Büchersammlung. Wie so ziemlich alle Kosmos-Naturführer, deren ich habhaft werden konnte. Ich habe es geliebt und immer wieder reingeschaut. Aber in so vielen Jahren vergisst man eben auch richtig viel. Den Ruderfüßer zum Beispiel. 


Das Vieh lebt also zusammen mit ein paar anderen Wasserviechern in einem Aquarium, das etwa die Grundfläche einer A4-Seite hat und nun kommen zwei Kiddies an und wollen da noch Libellenlarven und Kaulquappen mit reinstopfen. Man soll dann aufschreiben, was man den Kindern sagen würde. Also erst dachte ich ja, nachdem ich den gegoogelt habe, das ist einfach ein total genialer Trick vom Autor, um zu gucken, wer aufgepasst und sich wirklich mit den Tieren beschäftigt hat. War es dann doch nicht. Darf ich mich vorstellen: Ela, die Fettnäpfchenqueen!

Aber ich hatte so derbe viel Spaß mit dem, was Google mir als Ruderfüßer angezeigt hat und kann auch nachweisen, dass Google das angezeigt hat, dass ich letztlich nur die Splatterfilm-Erklärung für Erwachsene zur Frage "WAS passiert, wenn man in ein kleines volles Aquarium auch noch Kaulquappen und Libellenlarven stopft?" kindgerecht und nach dem Motto "doppelt gemoppelt hält besser!" und pädagogisch wertvoll umwandeln musste. "Hömma, spinnt ihr? Zurück damit, flotti-karotti!" gilt nun einmal nicht als "pädagogisch wertvoll".



Es gäbe dann tatsächlich ein Bio-Splatterfilm-Vorlage mit dem Vorteil, dass das Aquarium so klein ist, dass man nicht mal groß die Schauplätze des Gemetzels suchen müsste - und die Kaulquappen wären die personifizierte Opfer so ziemlich aller anderen Viecher. 

Aber eigentlich meint der Autor so ein kleines Krebstierchen. Nur: den Google-Verweis darauf und eine echt Asbach-aussehende Seite dazu mit geschätzt Bildern von 1950 wurde mir erst nach mehreren Tagen von Google angezeigt. Merke: Denkst du dir Fragen für eine Online-Arbeit aus, überlege, wie die Lernenden an die Antworten kommen könnten. Vor allem, wenn das Wort "Ruderfüßer" sowieso nur zwei Mal im ganzen Heft vorkommt. Das eine Mal bei einem Beispiel, dass man mit den Schülern am Schulteich ja gucken könnte, wer sich wie fortbewegt - und das andere Mal in der Aufgabe. Nur das Wort. Keine Erklärung, welches Tier/ welche Art nun konkret gemeint ist. 

Zwei Aufgaben in der Einsendearbeit weiter geht es um ein durchsichtiges Plasteaquarium mit Kompost auf einer Fensterbank im Klassenzimmer. Das war dann der Moment, wo ich das Heft am liebsten an die Wand gefeuert hätte. Denn mit so einem Ding in so einem Beobachtungsaufbau lernt man als Schüler eigentlich nur eines: Wie man etwas richtig massiv versemmelt und Würmer sterben lässt. 

Übrigens bekomme ich seit etwa zwei Wochen unglaublich viele Angebote für Online-Kurse die mit Natur, Umwelt oder Pädagogik zu tun haben. Das ist unglaublich krass, was für ein großes Angebot es da gibt, selbst der NABU bildet jetzt Naturführer aus. Ich habe 6 der Studienhefte bekommen und bin mit jedem Heft eigentlich nachdenklicher geworden - nicht, ob das Thema als solches zu mir passt. Das nicht. 

Aber ich bin gefühlt Fehlerdetektorin geworden. Ein Bücherregal ist mir schon vor längerer Zeit zusammengebrochen, weil ich einfach so unglaublich viel Fachliteratur habe.  Das habe ich erst gar nicht gemerkt, weil es so ein Schrankregal ist. Da hat es die Seitenteile auseinander gebogen und dann ist halt alles abgerauscht. Als ich es dann gemerkt habe, haben Nick und ich uns kringelig gelacht. Aber bei mir müssen Bücherregale tatsächlich Bücher aushalten. Viele Bücher. In den nächsten Tagen kommen noch zwei dazu. Eines der typisch deutschen Bücher über Fährtenlesen ist in den Kritiken ziemlich zerrupft worden. Einer der Kritiker hat auf ein Buch aus den USA verwiesen und das konnte ich tatsächlich als Rebuy-Exemplar ergattern. Das liegt gerade irgendwo beim Zoll oder so. Darauf freue ich mich schon sehr.  Das andere beschäftigt sich mit Unfallprävention im Bereich Erlebnispädagogik und Co. 

Ich denke, dass ich für viele andere Menschen "zu gründlich" bin. Ich erwarte einfach einen adäquaten Gegenwert für die Kursgebühr. Es ist aber echt faszinierend zu sehen, wie viele Menschen diesen Kurs machen und nichts hinterfragen. Selbst wenn sie aussagen, ab und an mit dem Kopf geschüttelt zu haben - das ist ein psychologisches Ding und gehört ins Marketing. Durch Klimawandel etc. sind die Leute viel mehr sensibilisiert auf Natur- und Umweltthemen und man gibt gerne mehr Geld aus, wenn man es moralisch und ethisch für gut befindet und das Gefühl bekommt, etwas "Richtiges" zu tun. 

Mal schauen, was wird. Ich habe heute eine Mail bekommen, wenn ich den Lehrgang bei Google gut bewerte, könnte ich ein Ipad gewinnen. Hahahahaaa - nein. Ich habe heute ein Feedback zum Kurs losgeschickt - per Post. An denjenigen, der tatsächlich dafür verantwortlich ist. 








Dienstag, 3. Januar 2023

Gesunder Menschenverstand

Es gibt ja immer wieder Situationen, wo die Floskel „der gesunde Menschenverstand“ fällt. Schon zu Silvester konnte man ja wieder ausgiebig in den Medien verfolgen, was ganz verschiedene Menschen darunter verstehen.

Im Rahmen des Studiums soll ich eine Aufgabe lösen, wo ich denke: „Diese Aufgabe ist so dermaßen falsch und unüberlegt, wenn man die tatsächlich so machen würde, dann hätte man schnell ein ganz großes Problem!“. Als ich dann in der Whatsapp-Gruppe darauf hingewiesen habe, kam als Antwort etwas mit „Gesunder Menschenverstand“. Da war ich gerade auf Hunderunde – und eigentlich war es dann eine gute Zeit, um darüber zu philosophieren, was denn eigentlich so ein „gesunder Menschenverstand“ ist – und warum man diese Floskel verwendet.

Ich bin 55 Jahre alt. Über 20 davon habe ich mit einem behinderten Kind verbracht und viel erlebt. Ein paar Beispiele: Vor vielen Jahren waren wir auf einem Feuerwehrzeltlager in Delmenhorst. Bezeichnend war, dass sich viele Betreuer einfach unglaublich betrunken haben und zum Teil völlig besoffen unter ihren Feldbetten im Matsch gepennt haben. Diese Menschen hatten eine pädagogische Verantwortung für ihnen anvertraute Jugendliche – und hätte man ihnen etwas von „gesunder Menschenverstand sagt, ihr sollt nüchtern bleiben!“ erzählt, wären sie maßlos sauer geworden und hätten nicht eingesehen, das sie einen „ungesunden Menschenverstand“ haben.

Dann waren wir auf einer Wanderung und der Gruppenleiter mit pädagogischer Verantwortung wollte einem Mädchen aus der Gruppe welche runterhauen. Auch wäre unter „gesunder Menschenverstand macht so etwas nicht“ gefallen – hätte ihn aber nicht interessiert, denn in der Feuerwehrhierarchie war er jemand.

„Gesunder Menschenverstand“ hätte nicht dazu geführt, dass sich der Leiter des oldenburger Jugendamtes bei der damaligen Leiterin der Jugendfreizeitstätte Ofenerdiek darüber beschwert, warum „ausgerechnet ein behindertes Kind bei den Ferienpassangeboten mitmachen muss?! Er hätte einen Anruf von einer wütenden Mutter bekommen“. Das behinderte Kind war Nick, ich habe das Ferienpassangebot geleitet und alle Kinder hatten kein Problem. Nur eine Mutter.

„Gesunder Menschenverstand“ hätte nicht dazu geführt, das Nick von Lehrerinnen der Förderschule für geistige Entwicklung für Dinge gemobbt und fertig gemacht wurde, für die er aufgrund seiner Behinderung einfach nichts konnte. Bei gesundem Menschenverstand hätten die Lehrerinnen gewusst, dass es so ist, insbesondere bei ihrer Schulform. De facto musste ihnen aber erst einmal eine Kinder- und Jugendpsychologin erklären, dass es so nicht funktioniert und sie einen Schüler für etwas bestrafen, dass er einfach auch körperlichen Gründen nicht kann.

Gesunder Menschenverstand würde allen Hundehaltern klar machen, dass Hunde Tiere sind und wenn, von der menschlichen Sprache nur einen Bruchteil verstehen. Aber komischer Weise denken die allermeisten Menschen, Hunde könnten automatisch unsere Sprache verstehen.

Der „gesunde Menschenverstand“ hat letztes Jahr viele Leute Pilze suchen lassen, die überhaupt keine Ahnung hatten und zu diversen Vergiftungen geführt, bei denen dann am Schluss auch mal eine Lebentransplantation benötigt wurde, aber kein Spenderorgan zu bekommen war. „Gesunder Menschenverstand“ sorgt dafür, dass Menschen ihren Kindern (und sich selbst) Chlorbleiche verabreichen und sich dafür auch noch in den sozialen Medien feiern lassen oder daraus ein Geschäftsmodell machen. Es sorgt dafür, dass sie an Zuckerkügelchen glauben, deren Wirkung nicht belegt sind und Verbände für ihre biologisch-dynamische Wirtschaftsweise feiern, die mit Schwermetallen düngen und Tiere ohne mit der Wimper zu zucken Schmerzen erleiden lassen würden.

Was würde „gesunder Menschenverstand“ noch alles anders machen? Haben Raucher „gesunden Menschenverstand“? Leute, die ihren Müll im Wald entsorgen – haben die „gesunden Menschenverstand“? Haben Tierschützer, die auf Biegen und Brechen pro Wolf sind und übersehen, dass wir eine massive Überpopulation von den Tieren haben „gesunden Menschenverstand“? Leute, die in Ställe einbrechen? Militante Veganer, die einfach nur fordern, dass man keine Tiere mehr töten darf? Wie steht es da mit „gesundem Menschenverstand“? Oder Menschen, die Zoos grundsätzlich total scheiße finden – aber geflissentlich übersehen, dass manche Tierarten nur noch deshalb existieren, weil es Zoos gibt und ausgeklügelte Zuchtprogramme den Erhalt bedrohter Tierarten und eine Auswilderung ermöglichen - wie ist es da mit „gesundem Menschenverstand“?

Jetzt zu Silvester haben Pfleger und Ärzte aus Notaufnahmen berichtet. Von einem Kind, vor dessen Gesicht ein Böller explodiert ist, der gezielt von einem Balkon geworfen wurde. Das Kind hat faktisch eine Kriegsverletzung, das Gesicht zerstört etc. pp., von dem jungen Mann, der einen Böller in der Hand hatte, der ihm in der Hand explodiert ist und ihm ebenfalls das Gesicht zerstört hat – so schlimm, dass der Notarzt ihn nicht einmal problemlos intubieren konnte. Ich habe von Menschen gelesen, denen Augen entfernt wurden, die Arme verloren haben etc., von Eltern, die ihre 3 Jährigen Kinder haben Böller anzünden lassen, oder dem 6jährigen, der das durfte und in der Notaufnahme gelandet ist – alles „gesunder Menschenverstand“?

Was also bedeutet diese Floskel? Wozu dient sie?

Sie ist bequem. Denn wer sie benutzt, möchte sie meistens nicht weiter Gedanken darüber machen, dass nicht jeder so denkt wie er selbst, nicht jeder die gleichen Erfahrungen, das gleiche Grundwissen hat.

Sie erhöht einen selbst. Wenn ich sage: „Also der gesunde Menschenverstand sagt ja schon...“ - dann fühle ich mich klüger als der, dem ich so eine Antwort gebe. Ich bin moralisch besser gestellt, weil ich etwas weiß oder auf eine Art und Weise handeln würde, wie ein anderer Mensch eben nicht handeln würde oder könnte – aus welchen Gründen auch immer.

Sie ist unbedacht. Denn wenn ich sage: „Also der GESUNDE Menschenverstand sagt ja...“ impliziere ich, dass Menschen, die anders denken und handeln, einen UNGESUNDEN Menschenverstand haben. Also dass sie krank sind. Damit stemple ich sie lieber ab, werte sie im gleichen Augenblick damit auch ab, denn ICH habe ja den GESUNDEN Verstand und sie einen KRANKEN. Ich stigmatisieren so auch ganz problemlos Menschen mit psychischen und physischen Krankheiten, kein Ding. Die haben ja ohnehin noch nicht genügend Probleme im Leben, da kann ich die auch gleich noch eine Runde abwerten. (Sarkasmus; ich hab´ ja selbst meine Grunderkrankung)

Im Endeffekt bleibt es einfach nur eine faule Begründung – und das eben nicht nur faul im Sinne „ic habe keine Lust mir mehr Gedanken zu machen“ sondern eben auch „gammelig faul“ im Sinne von „da läuft grad etwas schief und es ist mir eigentlich komplett egal, ob andere Menschen dadurch vielleicht in irgendeiner Form zu Schaden kommen!“.

Mag sein, das ist alles nun etwas kompliziert und lästig. Aber Worte formen Gedanken und Gedanken und Worte formen Handlungen. Deshalb schadet es mitunter nicht, darüber nachzudenken, was man eigentlich so für selbstverständliche Redewendungen benutzt. Zu überlegen, was da vielleicht tatsächlich hinter steckt. In dem Moment, wo ich „der gesunde Menschenverstand“ sage, weil ich etwas vielleicht besser weiß aber keine Lust habe, auf etwaige Gefahren hinzuweisen, habe ich nicht im Blick, dass es auch mich treffen kann.

Das es mir irgendwann genau so gehen kann, dass ich selbst auf etwas reinfalle, etwas als völlig normal und selbstverständlich empfinde wo mir ein paar andere Leute „aber der gesunde Menschenverstand sagt doch...!!!!!“ erklären würden.

Es gibt viele Dinge, die sind schlichtweg sehr genau definiert und geregelt. Wer „Gesunder Menschenverstand“ googelt, findet einen langen Artikel über die Geschichte dessen und in diesem Artikel werden viele Philosophen genannt: Aristoteles, Cicero, Kant und so weiter und je nachdem, was so „in“ war, hat sich sich dabei immer auch ein bisschen etwas gewandelt. Kein Ding.

Aber wenn man im Kern bei der Aussage bleiben würde, dass „der gesunde Menschenverstand“ eben die Dinge und das Wissen umfasst, die sich über Jahrhunderte als Werte und Richtlinien herausgebildet haben – dann reicht doch ein Blick in die Medien um zu verstehen, dass so etwas mittlerweile völliger Kappes ist, Nonsens. Da werden Kinder im Krieg erschossen und zu Silvester mit Böllern beworfen, da werden schwerkranke Menschen nicht vor ansteckenden Krankheiten geschützt, sondern hochinfektiöses Personal geht arbeiten und nimmt billigend den Tod von solchen Menschen in Kauf. Gesunder Menschenverstand würde Kriegsverbrechen verhindern und viele Dinge weit mehr hinterfragen, es gäbe keine Raucher, Alkoholiker und Junkies.