Samstag, 11. November 2017

Bratwurst a la Ryan-Air

Heute war bei uns Bratwurst-Tag.  Schon letztens haben Joey und ich eine Bratwurst vom Martinimarkt geholt. Das war nach dem Kulturbeirat und die war für Nick. Nick isst nämlich total gerne Bratwurst. 

Während des Essens hat er dann erzählt, dass manche sich darüber aufgeregt haben, wie teuer die Bratwurst auf dem Markt ist. Mir ist eher aufgefallen, dass er zwar so einen halben Meter Bratwurst hat, die aber ganz schön dünn ist. Also irgendwie da auch eher Augenwischerei ist.



Deshalb haben wir gesagt, wir machen einen Bratwurst-Test. Nach Masse und nicht nach Geschmack. Geschmäcker sind ja bekanntlich verschieden. Wir sind dann losgezogen um an verschiedenen Ständen Wurst zu kaufen. Hinten beim Riesenrad haben wir eine Thüringer im Brötchen geholt. Dann sind wir Richtung Braschplatz gelaufen.

Dort ist etwa beim Brauhaus auch eine Bude gewesen, da gibt es Currywurst und eigentlich wollte ich da eine holen. Bis ich gesehen habe, dass auf dem Schild unter Currywurst 6 Euro steht. Nun ja, das muss ja nicht sein.

Also haben wir an der Ecke einen halben Meter Bratwurst im Baguette geholt. Dann sind wir noch über den Braschplatz gelaufen um hinten in der Ecke "fast einen halben Meter Bratwurst im Baguette" zu kaufen. 

Alle Würste haben wir uns zum Mitnehmen einpacken lassen und in eine Isoliertasche gepackt, damit die nicht ganz auskühlen. Zu Hause haben wir die dann gewogen. 

Die Thüringer Bratwurst hinten beim Riesenrad hat 3 Euro gekostet. Thüringer sind etwas größer als normale Bratwürste. Diese hatte ein Gewicht von 101 Gramm. 

Die Halbmeter-Bratwurst von der Kreuzung bei Il Gelato hat 4 Euro gekostet. Die war 132 Gramm schwer. Also 31 Gramm mehr als die Thüringer. 

Die Fasteinenhalbenmeter-Bratwurst hinten vom Markt hat 3 Euro gekostet. Die war 110 Gramm schwer. 

Im Normalfall sollte eine normale Rostbratwurst vor dem Grillen 100 g wiegen (Quelle: Wikipedia). Die käsigeren dünnen einfachen Bratwürste sollten zwischen 80 - 100 g wiegen. Das Gewicht ist nicht genormt festgelegt. Deshalb ist es zwar irgendwie ganz nett, wenn man "einen halben Meter Bratwurst" bekommt - aber letztlich hat man dafür nicht  doppelt so viel Bratwurst. Es ist nur etwa 10 - 30 % mehr. Und ein längeres Brötchen,von dem oft genug ziemlich viel im Müll landet. 

Von der Menge her die günstigste Bratwurst war die hinten vom Braschplatz. Die war übrigens auch vom Geschmack her für mich auf dem ersten Platz. 

Natürlich kann man sagen, das ist alles sowieso Quatsch und wir würden spinnen, so einen "Bratwursttest" zu machen. Aber der hat einen ganz bestimmten Lerneffekt. Man kann nämlich über den Markt gehen und sich aufregen, dass alles so teuer ist. Und vergessen, dass ein Jahrmarkt nun einmal kein Discounter ist. Dass auf dem Markt oft genug enorme Standgebühren, der Wagen, die Ware, das Verbrauchsmaterial etc. bezahlt werden müssen. Man muss das Personal bezahlen und viele Versicherungen. Deshalb ist die rohe Bratwurst im 10er-Pack vom Discounter billiger als die gebratene auf dem Jahrmarkt. 

Würde man aber umgekehrt alle Kosten, die bei einem selbst anfallen bis man die Bratwurst vom Discounter fertig vor sich auf dem Teller hat (und bis der Teller wieder abgewaschen ist) dazu rechnen und für sich selbst einen Stundenlohn veranschlagen, dann sähe das auch schon etwas anders aus. Dann wäre so eine Wurst vom Discounter plötzlich verdammt teuer. 

Wir haben mit dem Test also vor allem ganz konkrete Fakten gesammelt: Wie teuer sind die verschiedenen Würste und wie schwer sind die. Das sind ganz konkrete Dinge und nicht nur so ein "alles viel zu teuer"-Gerede. Genau diese ganz konkreten Dinge zu vergleichen ist im Leben immer wieder wichtig. Denn nur so kann man sich wirklich eine Meinung bilden. 

Wenn man dann noch die Daten alle auf ein Papier schreibt, kann man sogar noch Rechnen üben. Dreisatz zum Beispiel. Mit Dreisatz ausrechnen, was jeweils 100 Gramm Wurst kosten wäre die genauere und richtigere Methode. Da ich nach der Tour über den Markt dafür aber im Kopf keine Kapazitäten mehr frei hatte, habe ich die Proletenversion für Fluggepäck genommen: 132 Gramm Bratwurst kosten 4 Euro, 110 Gramm 3 Euro. Also kostet das "Übergewicht" von 22 Gramm Wurst 1 Euro.

Ich könnte glatt bei Ryan-Air am Gepäckschalter anfangen! 






Dienstag, 24. Oktober 2017

Unterwegs: Kremmen und Kranichtourismus in Linum


Ein Auto ist toll. Man kann sich hineinsetzen und so weit weg fahren, wie man ohne Auto sonst nie gekommen ist. Entsprechend sind wir im Moment viel unterwegs, weil wir einfach auch Nachholbedarf an Gegend erkunden haben.

Wir waren zum Beispiel in Kremmen – okay, da hält auch ein Zug und da waren wir schon mal mit dem Zug. Aber deshalb wusste ich, dort gibt es ein tolle Cafe. Die „Alte Lebkuchenfabrik“. Also sind wir einen Sonntag nach Kremmen gefahren und mussten dann wenigstens nicht ganz so weit vom Bahnhof aus laufen und konnten auch ein paar andere Eindrücke von Kremmen gewinnen. 



Aber interessant war auch die Strecke dort hin, weil wir zwei Hunde dabei hatten und die ja auch mal ein bisschen laufen sollten. Also hieß es „da nach der Kurve ist eine große Wiese, da können die laufen!“. Gut, die Wiese war groß und lag zwischen Wald und Maisfeld, die Hunde haben sich die Beine vertreten und dann ging es los mit „oh, ein Butterpilz!“. Das „kurz die Beine vertreten“ hat dann etwas länger gedauert, weil wir so viele Pilze gefunden haben. Joey hat mitbekommen „Ah, es geht in ein Cafe! Eben noch schick machen!“ - und zack, lag er in einer Pfütze. Und sah seiner Ansicht nach ganz schick aus.


Mit den Pilzen und ein paar trockenen Ästen im Wagen (ich weiß ja nie, wann ich mal den Hobo anwerfe und dafür trockene Äste brauche) sind wir dann nach Kremmen gefahren und weil Joey sich so schick gemacht hat, haben wir einen Tisch im Innenhof in Beschlag genommen. 


Die „Alte Lebkuchenfabrik“ ist ein Erlebnis. Also sehr liebevoll zusammengesammelter Trödel draußen, toll restauriertes Gebäude und innen ist so eine Mischung aus Cafe und Einrichtungsladen mit Stil. Dazu kommt, dass die Inhaberinnen tolle Kuchen anbieten und es die wohl besten heiße Schokolade der Region dort gibt. Also nichts mit „Brösel in die Tasse, heißes Wasser drauf und umgerührt die Plörre“, sondern da gibt es eher so flüssigen Schokopudding in großen Tassen. Und die haben einen Henkel. Nicht diese Suppenschüsselchen, an denen man sich die Finger verbrüht, die man anderswo vorgesetzt bekommt.




Nach einem beeindruckenden Cafe-Erlebnis und mit einem Kalender zugunsten des Naturschutzes im Luch und Hundebüchern zugunsten des Tierschutzvereins in Kremmen sind wir dann Richtung Linum gefahren. An einem Wochenende. Zur Kranichzeit.

Nie wieder.

Ich meine, (Ironiemodus an) es ist ja total bedauerlich, dass man ausschließlich in Linum die Kraniche sieht. Echt total schade!(Ironiemodus aus). Also überlasse ich den Anblick der Kraniche im Luch am Wochenende dann mit riesengroßem Bedauern den ganzen Besitzern der Blechlawinen, die sich im Luch und eben vor allen in Linum verteilt. Da ist quasi das „Kranich-Drive-In“ der Region. Ankommen, 1oo Meter laufen (wenn überhaupt), Fernglas raus, Stativ aufgebaut, Kamera montiert, Tele drangeklickt. Was sich da an Kranichtouristen konzentriert, richtet wenigstens anderswo keinen Schaden mehr an.







Donnerstag, 5. Oktober 2017

Schwer begeistert...

In den letzten Tagen waren wir viel unterwegs. Mit dem Auto. Das hat sich einfach angeboten - und wenn man fast vier Jahre lang überwiegend nur in Neuruppin als Stadt verbracht hat, dann ist es natürlich auch toll, die Gegend endlich mal entdecken zu können!



So waren wir in Kunsterspring. Noch nicht im Tierpark, aber Nick, Joey und ich sind zur Kochquelle gewandert um zu gucken, was das eigentlich ist. Gefunden haben wir eine absolut tolle Landschaft - und da etwas mehr Wasser war, war das Sprudeln der Quelle nicht so ganz offensichtlich zu sehen. Aber... toll war es dennoch! Joey hat einen weiten Teil der Strecke Freilauf gehabt und den auch sehr genossen - nur auf dem Rückweg hat es dann mal sehr nach Wild gerochen und ich habe ihn dann lieber angeleint. Zum Abendessen gab es dann frisch geräucherten Saibling aus Kunsterspring - auch sehr lecker!


Liebeswiese Kunsterspring. Die Spinnen haben die Wiese ganz lieb...

Dann wollten wir eigentlich zu einem Baggersee, der sich "Karibik" nennt, sind aber irgendwie ganz woanders gelandet - nämlich in Bantikow am Untersee. Da wir bis dahin so einige Dörfer durchquert haben, war es sehr interessant und zum Teil auch sehr lustig. Wir sind z. B. bei dem Versuch, wieder in Richtung Rägelin zu kommen, in Triplatz gelandet. Tja, das ist ein kleines, nettes Dorf irgendwo in der Pampa und in Triplatz gab es dann einen Wegweiser ins nächste Dorf, irgendwas mit B... - keine Ahnung. Ich habe so gedacht: "Gut, folge dem Wegweiser!" und wir sind dem gefolgt. Bis am Friedhof vorbei. Da gabelte sich der Weg und wir hatten die Auswahl zwischen Waldweg links und Waldweg rechts. Okay, rechts war irgendwann eine Schranke zu sehen - aber der Weg wurde halt vom Untergrund her eher abenteuerlich und unsere alte Möhre ist etwas tiefer gezogen. (Mittlerweile nur noch partiell... die nuschelt quasi...).


Zum oberen roten Kreis WOLLTEN wir, beim unteren sind wir gelandet
Ich habe Nick angesehen und gesagt: "Wir wenden glaube ich lieber... der Weg wird mir zu abenteuerlich für das Auto!" gucke in den Rückspiegel... und da kommt eine Oma auf einem motorisierten AOK-Shopper angebraust. Das war irgendwie totaler Slapstick und wir haben uns erst einmal gar nicht mehr eingekriegt vor Lachen. 


am Untersee
Entdeckt haben wir dann Bantikow und den Untersee, wo wir ein Stück entlang gelaufen sind. Auf der Rückfahrt haben wir dann noch in Wusterhausen den Laden "Komma 10" entdeckt, eigentlich dachte ich, da gäbe es Lebensmittel - war aber nicht. Aber wir haben jetzt ein paar neue Geschirrteile, die mich von der Überlegung "Mist, wo bekomme ich jetzt dieses getöpferte Geschirr mit der speziellen Glasur her?" dann entlastet haben, weil sie einfach so schön Retro sind und ein Wohlgefühl vermitteln. 

Ach ja, und dann gab es ja noch den Versuch, das "tolle Feriengebiet" endlich mal zu entdecken, dass man auf dem Papierstadtplan von Neuruppin so oben bei Wulkow entdecken kann. Direkt am See gelegen sehen die kleinen Häuschen ja ganz toll aus - nur habe ich mich immer gewundert, dass hier nie einer der Feriengäste irgendwie auszumachen war. Kein Wunder, denn gefunden haben wir das Schild hier: 


Wenn das "Feriengebiet" sich als Munitionslager entpuppt...
Dann waren wir zwischendurch auch wieder "auswärts essen". Das bedeutet bei uns, dass wir den Rucksack mit Hobo, Wasser, Geschirr und Co packen und uns eine nette Stelle suchen, wo wir den Hobo (das ist ein Landstreicherkocher) anmachen und uns Essen braten können, suchen. Das ist ganz nett und wir lernen eine ganze Menge dabei.

Der große Hobo... 
Mittlerweile waren wir dann auch an diesem "Karibik"-See - ist halt ein Baggersee. Der Apfelcrumble war frisch aus dem Ofen, Kaffee und Kakao eingepackt und alles für ein Picknick mit frisch aufgebrühten Getränken und frischem Kuchen mitgenommen. Es war sehr nett! Gefunden haben wir dann noch Parasolpilze, die ich später zu Veggischnitzeln verarbeitet habe. Auf der Rückfahrt hatten wir dann wieder einen ganz abenteuerlichen Weg und irgenwann konnte ich einfach einer Pfütze nicht mehr ausweichen und... seit dem "nuschelt" mein Auto. Tja... aber es fährt. 


Man KANN diese Rentierflechte für Modellbau nehmen. Oder Hustentee draus machen. 
Am Folgetag habe ich dann die Notaufnahme hier kennen gelernt - nicht wegen der Pilze, sondern weil jemand mir extrem blöd gekommen ist. Es gibt Dinge, die kann ich schlichtweg irgendwann nicht mehr abpuffern und das war dann halt der Fall. Das war ziemlich blöd und seit dem kämpfe ich zwischendurch mit mehr oder minder starker Übelkeit, weil einfach so viel dann noch in der Klinik blöd gelaufen ist und der Stress zwei Tage später dann weiter ging. Es ist gut, das Joey mich jetzt zur Arbeit begleitet, denn ich habe gemerkt, dass es mir besser geht, wenn er dabei ist. 


Freaks gibt es überall, auch unter den Bäumen "RELAX, come do it...!"
Am Wochenende ging es etwas und wir waren in Kyritz, da war ich noch nie vorher - aber das Wetter war irgendwie auch nicht so der Bringer. Den Rückweg haben wir dann über die Dörfer gemacht und als wir die Hunde dann noch mal haben laufen lassen, haben wir Kartoffeln auf einem Weg entdeckt, die irgendwie vom Wagen gefallen sein müssen. "Boah, REIBEKUCHEN!" - na ja, ich habe mir die Ackerfläche angeguckt und fand die ziemlich groß und die Kartoffeln letztlich auch und hatte schon so meine Bedenken von wegen Industriekartoffeln. Aber... wir haben dann ein paar mitgenommen und ich habe am nächsten Tag mal drei davon gekocht. Also abgesehen von diversen braunen Stellen waren sie sehr hell. Damit sie nicht so einsam im Topf sind, habe ich auch gleich ein paar Möhren mit dazu getan. Und dann wurde es interessant, weil das Kochwasser gen Pudding wurde und die Kartoffeln ganz riffelig. Es waren Industriekartoffeln für die Stärkefabrik in Kyritz. Man KANN solche Kartoffeln auch essen. Aber selbst nach einer Tafel Schokolade und einem Schnaps bleibt der ekelige Nachgeschmack noch lange erhalten. Immerhin haben Nick und ich wieder etwas gelernt, nämlich dass die Stärkefabrik in Kyritz jedes Jahr 200 000 Tonnen Kartoffeln zu Stärke verarbeitet. Diese Menge an Kartoffeln ergibt 50 000 Tonnen Stärke. Die verbliebenen Kartoffelfasern werden auch noch weiter verwendet und das ganze Wasser wird als Düngemittel auf den Feldern verteilt. Interessant auch, dass die Stärkefabrik in Kyritz, die von einem Herrn Conrad gegründet wurde, jetzt einer Emsländer Firma gehört. Das Emsland  - benannt nach dem Fluss Ems - ist ja in der Nähe von dort, wo wir eigentlich herkommen. Und dort gibt es auch riesige Ackerflächen voller Kartoffeln - und zwar werden dort unter anderem Kartoffeln für die Pfanni-Produkte angebaut. 


Auf dem Weg nach oben, der güldenen Gloria unter den Rock gucken...
Hakenberg haben wir dann auch mittlerweile entdeckt und Nick, Joey und ich waren oben auf dem Aussichtsturm vom Denkmal an die Schlacht. Aber nicht sehr lange, weil ich ja nicht so sonderlich höhenfest bin. Aber immerhin habe ich mich hoch getraut und bin einmal umzu gelaufen. Nun weiß ich auch, wo ich den Schlachthof in Hakenberg finde - morbider Weise auf dem Gelände, wo nach der Schlacht bei Fehrbellin 3000 tote Soldaten zurück gelassen wurden. Wahrscheinlich war das Taktik oder so, den auf dem SCHLACHTfeld zu errichten.

Die Eiszeitroute
Eine ganz superlange Tour haben wir dann am Dienstag gemacht - und zwar sind wir über Rheinsberg in die Ruppiner Schweiz gefahren, und natürlich mal wieder nicht dort gelandet, wo wir EIGENTLICH hin wollten - nämlich zum Wumm-See - sondern wieder woanders. Zum Beispiel an einer Schleuse, bei der es auch ein Hinweisschild zum Eiszeitlichen Geopark gibt. Das ist ja wieder voll etwas für mich - und wer sich ein bisschen mehr auskennt weiß, dass wir da schon in Mc Pom waren. 

Wir sind dann noch weiter rumgefahren und ich finde die Landschaft einfach absolut hammergeil, ich bin voll begeistert, wie schön es in der weiteren Umgebung ist. Wir waren dann unter anderem in Schwarz und Zempow, wo ich einfach mal anhalten musste, weil es da so einen tollen Ausblick gab. Tja, und interessante Ackerpflanzen. Dort wird Hanf angebaut, der unter anderem zu Hanföl verarbeitet wird. Die Hanfanbauflächen gehören zum Biohof in Zempow, der eine ganze Menge anbietet, von Kuhflüsterseminaren bis zum Freiwilligendienst im Pferdebereich. Whow. 

Pause haben wir dann noch in Flecken Zechlin gemacht, das kannte ich nur vom Hörensagen her und das ist eigentlich total niedlich und steht manchem Dörfchen im Bergischen Land in nichts nach und zum Abendessen gab es dann wieder frisch geräucherten Saibling aus Kunsterspring. 




Dienstag, 19. September 2017

Brumm, Brumm ein Auto

Endlich! Nach weit über vier Jahren sind wir endlich wieder mobiler! Nachdem wir dann überlegt haben, was wir alles gerne machen möchten und was letztlich auch alles transportiert werden soll, war klar, dass es kein Kleinwagen sein sollte. Schon ein normaler Golf wäre irgendwie auf Dauer etwas blöd geworden. Pascal von der „Kleinen Schrauberscheune“ in Rastede hat sich dann gemeldet, er hätte da noch einen alten Kombi auf dem Hof stehen. Da Pascal den dann auch so fertig machen wollte, dass er über den TÜV kommt, haben wir uns den angeschaut und zugesagt.



Mit Papieren und Kennzeichen im Rucksack sind Nick, Joey und ich dann freitags mittags in den Zug gestiegen, Auto abholen. Diesmal ist Joey als Assistenzhund mitgefahren - und es gab tatsächlich kein Problem, sondern sehr nette Gespräche. Ich war angenehm überrascht. Über 6 Stunden später und ein bisschen erledigt waren wir dann in Oldenburg. Nun ja, wo hier Leute wahrscheinlich vor Neid etwas bleicher werden: Oldenburg hat eine Untergrund-Skaterbahn. Also nicht nur eine Skaterbahn in einem alten Parkhaus, sondern auch eine im Untergrund in einem alten Verbindungstunnel! Das ist absolut cool! Und: Auch Oldenburg hat irgendwie eine Partnerschaft mit Polen und so ist vor dem Bahnhof dort eine Freiluftausstellung mit Fotos aus Polen auf großen Tafeln. Das sieht einfach so dermaßen cool aus! Also die Fotos machen echt Lust, unser Nachbarland zu entdecken! Tolle Sache, leider hat es total geregnet, sonst hätte ich Fotos davon.

Wir sind dann in eine Art „Nebentunnel“ gestiegen um zu einem unterirdischen Parkhaus zu kommen, wo Marie ihr Auto immer abstellt, wenn sie arbeiten muss. Das Parkhaus kenne ich seit meiner Kindheit – es ist unter einer Hauptverkehrsstraße und einem Einkaufscenter, der sich früher Hertie nannte und das dann zu einem „City-Center“ umgebaut wurde. Wenig später gab es dort immer mehr Leerstand und nun ist es faktisch seit mindestens 20 Jahren zur Hälfte tot, weil die grandiose Idee halt dann doch nicht so grandios war. Könnte manchem hier bekannt vorkommen, irgendwie gibt es so etwas ja auch gegenüber hinter dem Euro-Land und dem Brauhaus.


Anfang des Jahres gab es dann den nächsten Schock – der Verkehr war ja nun vor 40 Jahren viel weniger als heute, die LKW´s waren auch viel leichter – und so haben sich statische Probleme entwickelt und das Parkhaus drohte unter der Straße einzustürzen. Also wurde eine der Hauptverkehrsadern über ein paar hundert Metern auf Tempo 30 gesetzt und das Parkhaus erst einmal gesperrt. Mittlerweile sind Stahlträger eingezogen worden, es ist nicht mehr alles gesperrt, nur noch ein Teil. Dafür ist mein Mann am fluchen, weil Oldenburg eine Ringautobahn hat mit einer Verbindungstrasse quer durch die Stadt. Über Hauptverkehrsadern. Mit Brücken. Tja... auch diese Brücken sind alt und müssen erneuert werden. Deshalb ist eine der „Hauptschlagadern“ in die Stadt jetzt ein ziemliches Stück gesperrt und das gibt halt jeden Tag Stau ohne Ende und wo ein Weg zur Arbeit oder zurück früher 20 Minuten gebraucht hat, sind es jetzt mal eine Stunde. Mindestens. In anderen Städten gibt es halt auch Verkehrsprobleme. Nur die Neuruppiner tun zum Teil immer irgendwie so, als ob es anderswo alles viel besser wäre.



Samstag haben wir dann den Kombi abgeholt und weil ich so lange nicht gefahren bin, haben wir dann erst einmal ein bisschen „fahren geübt“. Weil es sich angeboten hat und es schon total lange mein Wunsch war, haben wir dann eine Familie besucht, die wir seit mindestens 13 Jahren nicht mehr gesehen haben. Kennengelernt haben wir uns in der Uni-Klinik in Göttingen, als Nick dort wegen dem Hirntumor operiert worden ist. Das war ganz schlimm für mich, weil ich dort ja keinen kannte – und dann kam die Mutter von dem anderen Kind an und sagte: „Wir kommen auch von der Oldenburger Klinik!“. So haben wir uns angefreundet – und die Kinder auch. Und meine anderen Kinder haben halt gelernt, sie sind nicht alleine mit der Tatsache, dass sie ein Geschwisterkind haben, dessen Zukunft ziemlich unklar ist, weil es plötzlich ganz schwer krank geworden ist. Nick und Lena haben sich auch angefreundet – sie waren sogar gleich alt. Nur, dass Lena es nicht geschafft hat, den Mist zu überleben.

Wir haben uns also auf den Weg nach Bösel gemacht um die Familie dort zu besuchen und auch alles gefunden – und es hat sich kaum etwas verändert dort. Als wir gefragt worden sind, wo wir denn jetzt wohnen und ich gesagt habe „Neuruppin“, gab es ein überraschtes Gesicht: „Da bin ich jede Woche... ich bringe da Futter nach Kartzfehn!“. Da habe ich dann überrascht geschaut. Du denkst, du lebst irgendwie ganz weit weg und dann ist man sich doch seit Jahren wieder viel näher, als man dachte! Es hat uns einfach gut getan, dort zu sein.

Es war auch echt das ERSTE MAL in den ganzen Jahren die wir Joey haben, dass jemand ihn anschaute und sagte: „Das ist doch ein Bretone – oder?!“. Okay, gelernt: die Schnauze ist ein bisschen zu lang. Aber dort in der Nähe gibt es einen Bretonen-Züchter und diese Hunde werden dort eben genau dafür eingesetzt, wofür diese Rasse gezüchtet wurde: Zur Jagd auf Niederwild. Joey ist zwar ein Jagdhund und er schnüffelt auch viel – weil er ein Stöberhund ist, der auf Geruchspuren arbeitet – aber er ist nicht schussfest.

Einen Tag später sind wir dann Mittags wieder in Richtung Brandenburg gefahren. Wir sind gegen 13 Uhr losgefahren, haben noch eben Milch an der Milchtankstelle geholt – und um 20:30 Uhr waren wir endlich hier. Weil ich schon früher immer gerne Pause am Schaalsee gemacht habe, sind wir dort dann auch für eine etwas längere Pause hingefahren. Denn da kann der Hund besser laufen, es gibt einen Bohlensteg über das Moor, der total schön ist und das Pfahlhaus – ein Infohaus zum Biosphärenreservat. Da ist auch das Foto vom Insektenhotel entstanden. 



Das Auto ist nicht unbedingt für Langstrecken. Wenn man so gen 120 km/h kommt, fängt es an zu maulen, das ist ihm zu anstrengend auf Dauer, altes Auto, wenig PS. Wenn ich mich dran gewöhnt habe, ist es auch voll okay und man kann noch eine ganze Menge Landschaft sehen. Hier auf den Kurzstrecken ist es voll in Ordnung. Nach und nach wird es noch so „aufgepimpt“, dass es eine nettere „Ranzkarre“ ist. Eigentlich soll es noch etwas bunter werden – aber da muss ich mir einfach noch überlegen, wie ich das mit dem vorhandenen Problemlack hinbekomme ohne dass es ein Desaster wird.

Es ist auf jeden Fall toll, jetzt mobiler zu sein und mehr Chancen zu haben. Wir entdecken nun nach und nach viele Stellen, die wir sonst nur von den Karten her kannten und es motiviert einfach auch mehr, etwas zu unternehmen. Joey findet Auto fahren total klasse. Eigentlich wollte ich eine Hundebox - aber das haben wir jetzt erst einmal mit dem Hundefahrradanhänger gelöst. Räder ab, Decke rein, Anschnallgurt für den Hund reingezogen und gut. Er hat sich schnell dran gewöhnt und kann noch hinten raus gucken. Das macht er auch gerne für eine Zeit lang, bevor er sich einrollt und döst. 

Ich bin mal gefragt worden, ob wir uns das überhaupt leisten können, so den Unterhalt. Versicherung und Steuern schlagen im Monat mit etwa 40 Euro zu Buche, weil ich Teilkasko wollte - sonst wäre das weniger. Wieviel Sprit wir verfahren liegt ja letztlich auch an uns. Das Möhrchen ist 21 Jahre alt und komplett durchgesehen. 

Übrigens sind wir nicht die Einzigen mit einem neuen Auto in der Familie - mein Mann in "Ganzweitweg" hat sich jetzt einen ewig langen Traum erfüllt. Während ihr auf ein Foto von meinem Auto also noch warten dürft bekommt ihr als Ausgleich eines von dem anderen Auto, dass der Vorbesitzer sich tatsächlich als Hundeauto angeschafft hatte:



Wie meine Tochter, von der das Foto ist, schon zum Foto schrieb: "Willkommen in der Familie!" - ein amerikanischer Bestattungswagen. Den wollte er schon seit rund 20 Jahren haben - und ich war damals immer dagegen, weil er inmitten der Häuser von alten Leuten gestanden hätte. Das fand ich nicht so toll - auch wenn es wirklich unglaublich geile Fahrzeuge darunter gibt und die enorm vielseitig sind. 

Wir sind halt alle ein bisschen... so wie wir halt sind. 



Donnerstag, 31. August 2017

Über den Tellerrand geschaut: Die Milchtankstelle




Nun sind wir schon etwas länger wieder aus dem Urlaub zurück - und ich habe euch immer noch nicht von der Milchtankstelle berichtet, die wir besucht haben. Zum Team "Milchtankstelle" gehören auch die beiden neugierigen Ladys da oben auf dem Bild. 

Also, wir waren in unserer alten Heimat, in Wahnbek und dort gibt es seit einem Jahr auf einem Bauernhof eine Milchtankstelle. Das bedeutet, man kann dort von 6 - 22 Uhr problemlos Milch direkt vom Erzeuger kaufen. Ohne klingeln, ohne die Leute zu nerven und unter Einhaltung der Hygienevorschrift. Wer schon älteren Semesters ist, wird mitunter sagen: "Na ja, früher sind wir mit unseren Milchkannen zum Bauern und haben da direkt die Milch weggeholt!". Wir leben aber 2017 und in Deutschland und "direkt vom Bauern" ist heute oft gar nicht mehr machbar. Riesige Tanks als fast in sich abgeschlossene Systeme und diverse Vorschriften über "Vorzugsmilch" sorgen dafür. 



Dazu kommt, dass viele Landwirte das sowieso nicht mehr so gerne machen. Als Beispiel nehme ich mal den, wo früher unsere Ponys auf dem Hof standen. Der hat auch Milchvieh, ist Ausbildungsbetrieb und hat auch öfters mal Gruppen auf dem Hof, denen er die Landwirtschaft erklärt. Auch Schulklassen. Weil es eigentlich "dazu gehört" hat es früher dann auch immer "Milch direkt vom Hof" gegeben. 50 - 100 Meter vom Euter der Kuh bis zum Magen des Endverbrauchers.

Einmal kam danach das Gesundheitsamt. Eine Mutter hatte sich beschwert, ihrem Kind wäre es danach sehr schlecht gegangen, es hätte eine Salmonellenvergiftung gehabt und Schuld daran konnte ja nur die Kuhmilch sein. Also wurde mit einem riesen Aufwand alles getestet und überprüft - und es wurde nichts gefunden. Zumal auch andere Kinder von der Milch getrunken hatten und dann ja auch hätten krank werden müssen.  Das Ende vom Lied war, der Hof hatte viel, viel, viel Ärger - und Schuld war NICHT die Milch - sondern am gleichen Tag hatte es irgendwo Hähnchen gegessen. Und DAS war die Ursache dafür - nur kam das erst später heraus. Seit dem gibt es dort deshalb keine frische Milch mehr für Leute, die nicht zum Hofteam (oder zu persönlichen Gästen) gehören.



So, aber nun zur Milchtankstelle - die findet man in dem kleinen und schön geschmückten Häuschen. Es ist innen geteilt und im hinteren Bereich, unzugänglich für Besucher, befindet sich der Kühltank, der die Milch auf 2,5 Grad herunterkühlt. Im vorderen Bereich ist die Bedieneinheit mit Münzeinwurf und dem Zapfhahn hinter einer Klappe. Zudem gibt es Regale, auf denen dann auch mal bunte Sträuße oder selbstgemachte Marmelade angeboten werden, eine Pinwand, einen Hocker für die Kinder und viel Infomaterial. 



Beim zweiten Besuch war Nick mit, damit ich Fotos machen kann, wie die Milchtankstelle funktioniert. Praktischer Weise wurde dann gerade Silo gefahren - also Winterfutter für die Kühe hergestellt. Grassilage ist so ein bisschen wie "Sauerkraut für Kühe". Durch die Milchsäuregärung unter Luftabschluss bleibt das Gras lange haltbar. Nur wenn die Folie kaputt gemacht wird und das Grad anfangen kann zu schimmeln, dann wird es für die Kühe unbrauchbar, weil sie sich dann daran vergiften können. 

Die Milchtankstelle wird gut angenommen, denn dort bekommt man Milch so, wie sie aus der Kuh kommt - nur eben heruntergekühlt. Das nennt sich Rohmilch. Die Milch im Kühlregal beim Discounter ist Frischmilch. Die ist schon pasteurisiert, das heißt, sie wurde auf ungefähr 67 Grad erhitzt um einen Teil der Bakterien abzutöten, die in der Milch vorkommen. Dann bekommt man im Discounter noch Milch, die nicht im Kühlregal stehen muss - die ist "ultrahocherhitzt". Das bedeutet, diese Milch ist auf über 100 Grad erhitzt worden und damit faktisch totgekocht. So schmeckt sie für uns letztlich auch: totgekocht. Wenn so eine totgekochte Milch dann noch fettarm ist, ist sie faktisch "Schlabberwasser". Nicht unser Ding. Vielleicht fällt einem jetzt ein, dass auf solchen Milchverpackungen dann noch etwas steht: H-Milch. Das "H" steht für "homogenisiert" (und nicht für hocherhitzt!) - das bedeutet, die Milch mit ihrer jeweiligen Fettstufe von 1,5 oder 3,5 % wird in der Molkerei auf dem Weg in die Milchtüte durch ein ganz, ganz feines Sieb gedrückt. Dieses Sieb sorgt dafür, dass sich das Fett - also die Sahne, die im Normalfall als Flocken auf der Milchoberfläche absetzt - in ganz kleine "Kugeln" aufteilt die sich dann gleichmäßig in der Milch verteilen und sich nicht an der Oberfläche absetzen. Eben dafür, dass sich eine homogene (gleichmäßige) Flüssigkeit bildet. 

In der Milchtankstelle haben wir eine Flasche aus braunem Glas erstanden um darin die Milch abzufüllen. Die Flaschen werden nicht zurückgenommen und müssen dann halt zu Hause gründlich gesäubert werden, bevor neue Milch darin abgefüllt wird. Für den Liter Milch frisch vom Hof haben wir dann 1 Euro bezahlt. Natürlich ist das kein "Reingewinn", denn so ein Hof ja Unkosten und auch die Milchtankstelle selbst hat sicherlich einige tausend Euro gekostet - aber ich bin sicher, dass die Familie von jedem Euro, den sie für Milch aus der Milchtankstelle bekommt, mehr hat als wenn sie auch diese Milch noch an die Molkerei abgeben würde. Für einen Liter Milch, den ein Landwirt an die Molkerei verkauft, bekommt er je nachdem mit welcher Molkerei er einen Vertrag hat, ungefähr 23 - 28 Cent. Das ist total wenig, wenn man überlegt, wieviel die Bewirtschaftung eines Hofes kostet und dass er mit seiner Familie davon auch noch leben muss! 


Von daher ist es auch völlig irrelevant für den Landwirten, ob die Butter gerade teuer ist - dann das, was die Butter grad mehr als vor ein paar Monaten kostet, kassiert die Industrie. Auch die netten Facebookbilder "Teile dies, wenn du auch 1 Euro für einen Liter Milch bezahlen würdest, damit die Höfe überleben können" - ich glaube, die WENIGSTEN Leute, die das teilen, kaufen im Endeffekt tatsächlich dann die Milch, die mehr kostet. Wir bezahlen ohne zu Maulen auch gerne 1,09 Euro bzw. 1,19 Euro für regionale Frischmilch aus der Uckermark. Die kommt von Hemme-Milch, ist in netten Milchtüten und hat einen Fettgehalte von 3,8 %. Wobei - wir haben Rohmilch mit nach Neuruppin genommen und dann auch gleichzeitig Hemme-Milch gehabt: die Rohmilch war vom Geschmack her definitiv noch besser als es die Hemme-Milch im Vergleich zur regulären Frischmilch ist. Mitlerweile wurde mir dann mitgeteilt, wo ich hier Milchtankstellen finde: Bei Edeka in der Trenckmannstraße ist eine, in Gottberg gibt es eine und dann eine in Oberhavel. Cool.



Aber zurück zur Milchtankstelle, die wir besucht haben: Die hat eine eigene Facebookseite, (klick mich, ich bin ein Link). Überhaupt mag ich die Initiative "Milchland Niedersachsen" sehr, denn in dem Bereich gibt es viele tolle Sachen. So zum Beispiel auch "my kuhtube" (Klick mich, ich bin ein Link). Falls ihr hier in einem Laden die Tüten von Hemme-Milch findet - ich glaube, während der Weidesaison haben die vorne auf den Tüten ihren "Kuh-R"-Code. Also so ein Quadrat mit schwarzen und weißen "Frisseln" wie früher, wenn das Fernsehprogramm zu Ende war und nur noch Schnee im Schwarz-Weiß-Fernseher gekommen ist. Damit ihr nicht nur "Ganzweitweg" mal Kühe gucken könnt sondern auch "Vieldichterdran" hier der "Kuh-R-Code" (als Link, bitte anklicken). 

So, und nun mögen alle "die Kühe dürfen niemals raus" und "Scheiß Massentierhaltung" (was bitte ist das eigentlich genau in Zahlen definiert?)-Leute mich mal ganz beherzt... 















Montag, 24. Juli 2017

Getestet und für gut befunden: Outdoor-Hängematte



Nun sind endlich die Fotos vom neuesten Inventar meines Wanderrucksackes fertig und ich kann darüber berichten. Das freut mich sehr, denn es ist eine der besten Anschaffungen bislang. Dabei ist sie gar nicht geplant gewesen. Es ist eine Outdoor-Hängematte. 



Nun überlegt ihr vielleicht, was eine Outdoor-Hängematte von den üblichen Hängematten unterscheidet. Wenn ihr in verschiedenen Werbeanzeigen oder so Hängematten seht, sind das meistens welche aus dickerem und festerem Stoff, die in ein Gestell oder im Garten aufgehängt werden. Manchmal haben die auch noch zwei Holzleisten, damit der Stoff halt auseinander gehalten wird. Als ich ein Kind war, hatten wir so eine in Netzform mit Hölzern drin, die war sauunbequem. Die hat auf der Haut dann ein Muster hinterlassen, als ob man eine Salami in so einem Netz wäre (bei uns auch „Blümchensalami“ genannt, weil die Scheiben so aussehen).


Diese Hängematten aus dickem Stoff sind relativ schwer und wären für einen Wanderrucksack eine ziemlich schlechte Wahl. Weil sie so schwer sind und weil sie so viel Platz wegnehmen. Outdoorhängematten sind aus Fallschirmstoff. Der ist sehr dünn und dennoch recht haltbar, bei meiner ist bis 300 kg angegeben, bei anderen aus dem Material bis 200 kg Belastung. Ich würde da aber kein Pony reinpacken, denn 300 kg ist letztlich so viel wie ein größeres Pony. Nur mal so zum Vergleich. Durch das dünne Material sind sie leicht und haben ein kompaktes Packmaß. Meine wiegt rund 500 Gramm und ist in einem kleinen, sehr handlichen Beutel. Zusammen mit den Aufhängegurten und zwei Karabinern. Der Stoff ist 1.40 Meter breit und 2.75 Meter lang – und der Packsack mittig gleich dran genäht. Erst dachte ich: „Naaa jaaaa....“ aber dann hat es sich als ziemlich praktisch erwiesen.


Der erste Test war dann auf der Gerichtswiese. Ich dachte, da stehen so viele Bäume und auch relativ dicht beieinander - da passt die bestimmt! Sie passt nicht zwischen den Birken, die dort stehen. Die sind zu weit auseinander. Aber bei den beiden Eichen auf dem Hügel, da passt sie gut zwischen – und da passen auch die Gurte noch drum. Also: Die Bäume dürfen nicht zu weit auseinander stehen und nicht zu dick sein, dann klappt das nicht! Aus Sicherheitsgründen sollte die Hängematte nie höher als 60 cm über dem Boden sein. Ich glaube, das wäre ohne Leiter oder anderer Klettermöglichkeit auch schwer zu bewerkstelligen. Beachten sollte man, dass in die Gurte noch an jedem Ende ein Palstek geknotet werden muss. Minianleitung ist auf dem Infoanhänger, wenn die Matte ankommt. Die ist aber so winzig, dass Nick den Auftrag hatte, eine ordentliche in groß zu suchen und auszudrucken.



Dann hing also die Hängematte zwischen den Eichen. Schön zweifarbig grün. Laut Anleitung stellt man sich etwas diagonal, mittig und greift mit der hinteren Hand den hinteren Stoff und zieht den etwas hoch. Dann das hintere Bein etwas anheben und in die Hängematte gleiten. Soweit war alles okay, ich habe mich erst nur erschrocken, weil es noch geknackt hat – aber das waren die Gurte, die sich unter Belastung dann noch in ihre Endposition begeben. Und dann lag ich in der Hängematte, erwartete eine leichte Unbequemlichkeit – aber... NIX! Das Teil ist einfach unglaublich bequem.


Wenn man sie als Sitz nutzt, kann man zu zweit drin sitzen und ein bisschen schaukeln. Wenn man drin liegt, geht das mit dem Schaukeln weniger, aber Joey sitzt ja meistens in Griffweite und hat ein Norwegergeschirr, dann kann ich tatsächlich schaukeln und es ruckt auch nix im Geschirr oder so. Keine Sorge, hat mich selbst überrascht. 



Es ist zugegeben dann schwer, sich von dieser bequemen Hängematte zu trennen und sie wieder einzupacken. Was für mich in Zukunft auf vielen Wanderungen bedeutet: Pausen sind tatsächlich Pausen. Nicht nur 3 – 5 Ausruhminuten im Stehen, weil es keine Bank gibt, weil die Bank komplett versifft ist oder der Untergrund kaum zum sitzen oder Ameisenverseucht. Und so wurde dann eine Wanderung von Treskow aus „durch den Sumpf voller Mücken“ mit einer wirklich wunderbaren Pause (nicht im Sumpf und fast ohne Mücken) in der Hängematte belohnt. Direkt am Weg, zwei enger stehende Bäume, die Leine in Griffweite im Geäst über mir und der Rucksack in Griffweite neben mir. Joey hat es dann auch vorgezogen, sich nicht weiter als 10 Meter von mir zu entfernen. Mit der Buschbox als Kocher wäre das Landstreicherfeeling dann wohl komplett gewesen. Es war echt idyllisch. „Beine hochlegen“ hat da eine ganz neue Bedeutung bekommen – und es war absolut nicht unbequem oder so.


Gestern war ich mit Nick unterwegs, weil ich einfach noch mal Fotos von der Hängematte mit Mensch drin haben wollte. Da haben wir sie dann wieder an den Eichen aufgehängt – und Junior hat sich rein gelegt. Er so: „Damit ich nicht immer vor dem Computer rumhänge!“ - ich so: „Genau! Jetzt hängst du hier zwischen den Bäumen rum!“. Das fand er so bequem, dass ich ihn da kaum wieder rausbekommen habe. 



Wir haben dann noch zu zweit drin gesessen, das hat die Gurte noch mal zum knirschen gebracht, aber die Matte hat die ungefähr 130 Kilo gut ausgehalten. Dann habe ich zum Himmel geschaut, gesehen, wie es richtig düster wird und gesagt, wir müssten dann mal zügig los. Und dann gab es die Lektion „Hängematte zusammenpacken ohne dass sie auf dem Boden liegt“. Das ist nämlich dann total praktisch mit dem mittig angenähten Packsack. Erst die eine Seite lösen, den Karabiner IMMER in der Schlaufe an der Matte und in einer Schlaufe vom Gurt lassen, den Gurt mit in den Stoff legen, Karabiner quer und aufrollen. Bis zur Mitte und dann in den Packsack. Dann die andere Hälfte lösen, genau so aufrollen und im Packsack verstauen. Dazu möchte ich noch bemerken, dass der Packsack das auch voll unkompliziert mitmacht und ausreichend groß ist. 



Das geht bei anderen Packsäck(ch)en definitiv nicht so einfach! Mein Regencape hat einen – das kann man unterwegs einfach so aus der Hand gerollt vergessen. Dito Zelt, Luftmatratze und so weiter! Das ist dann schon sehr erfreulich, wenn ein Produkt wirklich sehr unkompliziert wieder in seine Verstaumöglichkeit passt. 

Ich fand es sehr erfreulich, dass sie auf knapp 24 Euro heruntergesetzt ist und es eine Version mit wirklich guten Karabinern gibt und nicht mit schlichten Baumarktkarabinern. Die kann ich nicht leiden, da kann man sich auch schneller dran verletzen. Wer eine wirklich tolle Hängematte für zwischendurch, Wandern, Camping sucht, ist mit dieser von Nature Fun (klick mich, ich bin ein Link) ziemlich gut bedient.




















Montag, 17. Juli 2017

Buchtipp: Kelsang





Heute habe ich einen etwas besonderen Buchtipp für euch! Ich habe letztens ein bisschen gestöbert und das Buch „Kelsang“ gefunden.

Kelsang ist ein Tibet-Mastiff, ein Do Khy. Ein Hund, der in Asien als Herdenschutzhund eingesetzt wird. Und genau das ist das wirklich Besondere an dem Buch: Es ist ein mongolisches Jugendbuch, das erst auf Englisch und nun auf Deutsch übersetzt wurde.

Es ist eine wirklich tolle Geschichte aus einem sehr fernen Land, dass das Leben eines Hundes, der in der mongolischen Steppe geboren wird und dessen Bestimmung eigentlich der Schutz seiner Herde gewesen wäre... wenn... ja wenn nicht alles ganz anders gekommen wäre.

Ein skrupelloser Kerl macht seinen Herrn so betrunken, dass er Kelsang an ihn verkauft. Das Ziel von Kelsang ist dann erst einmal Hundekämpfe und ein Leben an einer Kette, von der er über ein Jahr lang nicht mehr los kommt, weil niemand sich an ihn heran traut.

Kelsang lernt Wildhüter kennen, Stadtleben, Mönche, einen Maler, Einbrecher und später blinde Kinder, die er durch die Gegend führt – bevor er wieder ins Grasland ziehen darf und sich der Kreis für ihn schließt.

Es gibt viele Bücher, die aus dem englischen und amerikanischen übersetzt worden sind. Aber es gibt nur sehr wenige Bücher, die tatsächlich aus Ländern wie der Mongolei kommen. Deshalb ist „Kelsang“ ein absoluter Lesetipp für große und kleine Hundeliebhaber.

Das Buch wurde von Gereichimag Blackcrane geschrieben, er ist in der Inneren Mongolei aufgewachsen. Er hat mehrere Bücher geschrieben, in denen Tiere die Hauptrolle spielen und die vom Leben der Nomaden in Tibet und der Mongolei erzählen und wurde dafür mit zwei Chinesischen Kinderliteraturpreisen (Chinese National Children s Literature Awards) ausgezeichnet. Heute lebt Gerelchimeg Blackcrane in der Provinz Heilongjiang in China.

Erschienen ist das Buch beim Verlagshaus Jakoby & Stuart Gmbh

Ihr bekommt es als gebundenes Buch für 14,95 Euro (das bestellt die Fontane-Buchhandlung auch gerne für euch über Libri!), als E-Book bei Kindle und in der Online-Bibliothek Skoobe.



Mittwoch, 5. Juli 2017

Wenn – dann... oder die Sache mit der Möhre und dem Esel.


Kennt ihr das Bild mit dem Esel und der Möhre an einer Angel? Manchmal sieht man das auch mit Ponys. Ich habe mal während der Kakaozeit mit Nick ein bisschen nebenbei rumgemalt...





Der Hintergedanke ist, den beiden als stur geltenden Spezies etwas so Verlockendes vor die Nase zu halten, dass sie dafür tun, was man möchte – auch wenn sie das Lockmittel womöglich nie erreichen werden. Eigentlich ist es so ein „WENN – DANN“-Prinzip: „WENN du tust, was ich will DANN bekommst du...“.  

Wie das mit einem Hund und einer Angel funktioniert, seht ihr übrigens HIER (klick mich, ich bin ein Link)




Tiere sind da relativ problemlos zu trainieren – und sie hören mitunter auch recht flott auf, wenn sie irgendwann merken: Ich mache, aber da kommt so gar nix mehr. Nicht einmal mehr zwischendurch. Wobei es bei Tieren auch relativ einfach ist, denn bei denen reicht es aus, die Grundbedürfnisse als Belohnung zu offerieren: Futter, Streicheleinheiten/Aufmerksamkeit, Ruhe/Spaß/Freizeit. Denen sind Dinge, die für Menschen wichtig sind, relativ egal. Der Unterschied zwischen Tieren und Menschen beim Thema Belohnung ist auch, dass man Tiere sofort belohnen muss, wenn man sie für eine gute Sache loben möchte. Denn nur dann können sie das, was sie gut gemacht haben mit der Belohnung auch in Verbindung bringen und lernen „wenn ich DAS mache, dann bekomme ich dafür etwas Tolles!“. Zu sagen: „Wenn du jetzt schön sitz machst, dann bekommst du in einer Stunde / morgen / übermorgen eine Belohnung dafür!“ sorgt für keinen Lerneffekt. Im Gegenteil, vielleicht macht das Tier gerade etwas ziemlich Blödes, wenn es die Belohnung für vorhin / gestern / vorgestern bekommt und verknüpft genau das Blöde dann mit der Belohnung. „Hurraaa, wenn ich mich scheiße benehme, werde ich dafür belohnt!“. Will ja auch keiner.


Bei Joey klappt es immer besser mit den Hundebegegnungen. Weil wir viel mit positiver Verstärkung arbeiten, er gelernt hat und immer wieder erlebt: Stelle ich mich bei einer Begegnung mit einem anderen Hund nicht blöd an, ist es toll für mich! Denn ich habe selbst weniger Stress und bekomme auch noch Kekse dafür! Das ist übrigens absolut wunderbar, wie gut es meistens klappt. Und selbst, wenn es noch Stress und Situationen gibt, wo es aus verschiedenen Gründen NICHT möglich ist, mit positiver Verstärkung (so wie sie sein sollte) zu arbeiten, geht es schon deutlich besser. Etwaige Klugscheißer, die jetzt kommen, sollen sich mal mit Joey 10 Metern von den Beageln aus der Nachbarschaft hinstellen und versuchen, die Situation mitten in der Stadt im Verkehr mit nur positiver Verstärkung hinzubekommen. Also mit Zureden, Alternativverhalten, Ausweichmöglichkeit bliblablubb, ganz nach Lehrbuch. GEHT NICHT IMMER. Vergessen die Hundeplatzleute aber liebend gerne.


Nun aber zu den Menschen: Weil uns Menschen aber auch viele andere Dinge wichtig sind, kann man mit Menschen viel besser so eine Art „Möhrenangelspiel“ betreiben. Man wirft eine unsichtbare Angel aus, an deren Ende etwas baumelt, was jemand gerne hätte oder machen würde, der sich relativ leicht beeinflussen lässt.


Auf Facebook sind es viele Fake-Gewinnspiele. Ich könnte euch ad hoc drei Namen nennen, die immer, immer und immer wieder auf die simpelsten Fake-Gewinnspiele reinfallen. Das ist unglaublich - aber die Hoffnung stirbt zuletzt. So werden sie auch in fünf Jahren immer noch Fake-Gewinnspiele teilen. Selbst wenn sie zwischendurch noch dreimal pro Jahr lesen durften, dass es einfach nur „Klick mich, teil mich und ich habe deinen Namen, der mir verrät, wie leichtgläubig du bist – vielen Dank!“ war.


So eine „unsichtbare Möhre“ kann aber auch eine Zusage sein, die gegeben wird. Und wenn ihr euch etwas wünscht, wie zum Beispiel mehr gemeinsame Zeit mit jemandem und der sie euch in Aussicht stellt... na, dann vergrätzt ihr den ja nicht unbedingt sofort – oder? Oder wenn euch Hilfe angeboten wird für eine Sache, die ihr gerne erledigt hättet, das aber alleine nicht so hinbekommt. „Klar, mache ich dir, gar kein Ding...“ - und schwupps, schon ist man zu dem „Klar mache ich, gar kein Ding...“ nett und freundlich. Und nett und freundlich, wenn „viel Arbeit im Moment...“ kommt, nett und freundlich wenn „Sorry, Fußball...“ kommt, „ach Mist Havarie... geht nicht“, „oh, Werkzeug vergessen“ kommt oder was auch immer. Schlichtweg, immer wenn es dann nicht geht, weil irgendwo ein Furz quer sitzt, nimmt man es erst einmal mit einem freundlichen Lächeln hin und gibt sich selbst gerne Mühe, etwas zu machen, denn irgendwann, irgendwann bekommt man ja etwas zurück. Zumindest wird einem das suggeriert.


Weil wir Menschen sind und viel leichter und verständlicher mit anderen Menschen kommunizieren können als mit Tiere, ist es deshalb auch kein Problem, mit einer „Belohnung“ oder eben „Gegenleistung“ auf später zu vertrösten. Wir lernen irgendwann als Kind, was das Wort „später“ bedeutet und je älter wir werden, desto besser und geduldiger können die meisten von uns das Wort umsetzen – wenn „später“ nicht Wochen oder Monate oder gar Jahre später bedeutet.


Man kann auch bei Menschen mit positiver Verstärkung arbeiten. Es gibt Trainer, die sogar Aufgaben bei Kindern clickern. Das klingt zwar auf den ersten Blick etwas schräg, kann sich aber je nach Aufgabe und Kind als enorm hilfreich erweisen. So habe ich ein Video gesehen, wo in den USA einem Kind mit einer speziellen Behinderung beigebracht wird, Schnürsenkel zuzubinden und eine Schleife zu machen. Die Erfolge wurden geclickert – und nachher durfte das Kind seine Mutter dabei clickern. HIER (klick mich an, ich bin ein Link) seht ihr, wie ein kleines Kind lernt, seine Medizin zu nehmen ohne sie wieder auszuspucken. Positive Verstärkung ist aber nicht nur clickern (manchmal ist clickern auch das genaue Gegenteil geworden). Es ist letztlich das belohnen von erwünschtem Verhalten durch etwas Positives – und damit das Fördern von erwünschten Verhaltensweisen durch positive Motivation. Und da ist es völlig egal, ob es ein Hund, ein Pferd, ein Kamel, ein Delfin, ein Huhn oder eben en Mensch ist. Jeder freut sich über eine positive Bestätigung, wenn er etwas gut gemacht hat – und das nicht nur als Baby und Kleinkind („hattuuu Kakakaka gemacht???? Feiiiiiinnnn!“) oder als Schüler. Das Problem bei Menschen ist nur, dass ihre Auffassung von „das habe ich gut gemacht“ mitunter enorm unterschiedlich sind.


Wenn Joey zum Beispiel etwas richtig blöd macht, dann bekommt er natürlich dafür kein Lob, sondern eher eine klare Ansage, dass es ziemlich doof war. Das kann er einordnen – seine Blicke sprechen dann Bände und oft ist es ihm auch sichtlich unangenehm. Da hat er eine wirklich sehr ausgeprägte Mimik. Ein Mensch ist uns aber sehr ebenbürtig – und da tritt dann oft ein Problem auf. Denn was wir selbst vielleicht nicht gut finden und nicht positiv bestätigen, findet derjenige, der es getan hat, vielleicht selbst ganz obersuperklassetoll. Und ist angefressen, weil wir das in unseren Augen schlechte Verhalten definitiv nicht belohnen wollen. Warum auch? Es wurde in den letzten Jahrzehnten so viel Mist belohnt, dass in vielen Bereichen die Bildung und Qualität komplett abgekachelt sind. Wenn ich positive Bestätigung langfristig für jeden kleinen Kram gebrauche, fehlt langfristig ein Anreiz, etwas zu verbessern.


Ich habe übrigens schon als kleines Kind sehr gerne gemalt. Und ich habe irgendwann gemerkt, wenn ich ein Bild meinen Eltern zeige, dann kommt oft „Jaja, toll!“. Das ist aber selten ein wirklich ehrliches Lob gewesen, sondern eher so ein „schön, und jetzt verschwinde!“. Wenn man als Kind merkt, dass ein Lob / die positive Verstärkung eher so ein Abwimmeln ist... zumindest für mich war das traurig. Es wäre nicht schlimm gewesen, WENIGER Lob zu bekommen, wenn es dafür aufrichtiger gewesen wäre.





Sonntag, 4. Juni 2017

Gastbeitrag: Janet geht einkaufen...


Da nicht jeder Mensch Facebook hat und schon gar nicht jeder Mensch in einer Assistenzhundegruppe ist oder Janet Jenny kennt, hier ein Gastbeitrag von ihr. Janet hat PTBS und einen Assistenzhund. Vor ein paar Tagen hat sie auf Facebook geschrieben, wie bei ihr ein Einkauf abgelaufen ist. Das fand ich sehr eindrucksvoll – und manches davon kenne ich auch. Da mir ja mittlerweile schon eine ganze Menge an den Kopf geworfen wurde von „du spinnst“, „du willst dich nur wichtig machen“, „du willst nur provozieren“, „du stellst dich nur an“ und so weiter bin ich ganz froh, dass Janet so offen darüber berichtet, wie es ihr beim Einkaufen ergeht. Nicht immer, aber immer mal wieder. Genau wie mir. 







Heute war das Einkaufen wieder ein Horrortrip für mich, viele fragen mich oft, was ist da so schlimm daran? Nur wenn man öffentlich darüber spricht, können Mitmenschen Leute mit Borderline und PTBS ein bischen verstehen. Also, auch wenn ich mich zutiefst für meine Krankheit und Schwäche schäme. MEIN HEUTIGER EINKAUF:

Ich muss einkaufen fahren, schon die Gedanke daran macht mich nervös. Ich schreibe mir einen Einkaufzettel, damit es dann schnell geht. Bei der Einfahrt zu Unimarkt sehe ich, dass da mehr Autos parken als sonst am Vorrmittag. Ich überlege umzukehren, weil es viele Leute im Geschäft bedeutet. Ich muss aber einkaufen, da mein Sohn mit Freundin am Wochenende bei mir sind. Wäre ich alleine daheim, würde ich lieber nichts essen, als jetzt da rein zu gehen.

Also parke ich ein, hole Lucky raus, spüre wie sich mein Magen zusammen zieht und ich nicht ganz klar die Umgebung wahr nehme. Lucky stupst mich mit seiner Nase und schaut mich an. Ok ich hole Einkaufswagen und wir gehen rein. Gleich am Anfang beim Obst und Gemüse stehen viele Menschen. Ich fange an zu schwitzen, mein Magen zieht sich noch mehr zusammen, meine Hände zittern. Ich stelle mich in eine Ecke und streichle Lucky. Rede mit ihm, um mich zu beruhigen. Manche Leute die vorbei gehen, schauen mich missbilligend an.

Ich hole schnell Obst und Gemüse und schiebe den Einkaufswagen zu den Kühlregalen, Lucky beobachtet mich immer intensiver. Ich brauche Milch, parke den Einkaufswagen seitlich von mir um Schutz zu haben, Lucky stellt sich hinter mir, ich greife zu Milch und plötzlich schreit ein Mann voll laut hinter mir seinem Sohn hinterher. Ich erstarre, mein Herz rast, ich bekomme kaum Luft, meine Beine geben fast nach. Ich halte mich an Einkaufswagen fest, bitte nicht umkippen! Lucky springt mich an... es dreht sich alles.

Ich stehe an der Fleischtheke, Lucky spring mich an, Vekäuferin schaut mich fraglich an und sagt ewas. Scheiße, ich habe anscheinend dissoziiert. Zum Glück hat mich Lucky zurück geholt. Minutenlanger Blackout. Ich drehe mich um und schiebe schnell den Einkaufswagen irgendwo hin, wo niemand ist. Die Tränen steigen mir in die Augen, bitte nicht heulen! Ich hole etwas vom Regal herunter und zwinge mich dazu, zu lesen, was drauf steht, um mein Hirn wieder in hier und jetzt zu holen. Lucky drück sich mit seinem ganzen Körper an mich und stupst mich damit ich ihm streichle. Das streicheln beruhigt. Mein Herzschlag wird wieder normal, ich schaffe das Weinen zu unterdrücken.

Ich bin aber nicht richtig bei mir, hole noch schnell die restlichen Sachen die ich brauche. Ich zahle schnell und renne fast mit dem Einkaufswagen zum Auto. Schnell alles in den Kofferaum. Lucky nehme ich zu mir nach vorne. Ich ziehe die Türe zu sperre ganze Auto ab, dann bricht die Anspannung. Ich sitze im Auto am Parkplatz vor dem Unimarkt und heule voll Lucky ins Fell. Ich zittere, mir ist übel, ich bin völlig erschöpft. Nach dem die Spannung nachlässt, hole ich mein Sudokuheft und sitze weitere 15 min. im Auto, bis durch das Sudoku mein Bewusstsein wieder 100 % da ist. Erst dann kann ich nach Hause fahren. Für den restlichen Tag bin ich völlig erschöpft und das "nur" durch 20 Minuten einkaufen.

Und so geht es Vielen, die eine Traumastörung haben. Jegliche für Andere banale Alltagsdinge sind für uns ein ständiger Kampf. Alles passiert versteckt in unserem Inneren, weil das Schlimmste für jeden PTBS-Betroffenen ist die Vorstellung, dass jemand erahnen könnte, was in uns vorgeht. Denn dadurch fühlt man sich noch schwächer und angreibarer - das steigert die Angst vor Menschen.


In vielen Kommentaren auf Facebook waren die Leser berührt, wieviel Mut sie aufgebracht hat, ihre Gefühle öffentlich zuzugeben. Das finde ich auch. Es ist für viele Menschen nicht einfach zu sagen: "Das bin ich und es geht mir genau so...". Denn ja, damit wird man angreifbarer, insbesondere, wenn man ohnehin nicht so stabil ist. Vielen, vielen Dank also an Janet Jenny, dass sie so offen ist. Ich hoffe, dass es ein bisschen dazu beiträgt, besser zu verstehen, wie es Menschen mit PTBS geht, wie sie ihre Umwelt erleben und was sie einfach total stresst.

Sonntag, 23. April 2017

Klöten töten...



Ein sehr umstrittenes Thema, das immer wieder heiß diskutiert wird: Kastration bei Rüden. Auch jetzt gab es wieder eine heiße Diskussion dazu. Während ich also mein Popcorn gefuttert und meine Cola geschlürft habe, ab und zu dann meinen „enteierten“ Hund gestreichelt habe, dachte ich: „Schreib doch mal einen Blogartikel dazu!“.

Nein, ihr werdet hier jetzt kein Pro und Contra zur Kastration finden. Dazu hat jeder seine Meinung und das ist auch gut so. Ich würde euch einfach nur mal ein paar Gedanken „über den Tellerrand“ dazu anbieten: 



Ist es nicht verwunderlich, dass viele Menschen, die sich so vehement gegen Kastration bei Hunde einsetzen, absolut kein Problem damit haben, sich gegebenenfalls sogar während so einer Diskussion nebenbei Wurst und Fleisch von kastrierten Schweinen reinzuziehen? Im Vergleich zu denen, die gegen eine Kastration bei Hunden sind, sind die, die gegen eine Kastration von männlichen Ferkeln sind, definitiv in der Minderzahl. Warum? Weil ein Schweineleben weniger wert ist als ein Hundeleben? Weil einem Hund im Fall des Falles eine Tierarztpraxis mit OP-Tisch und Betäubung zusteht, einem Ferkel nur der Stall und das Skalpell oder die Zange und es als zu teuer und zu aufwändig angesehen wird, die kleinen Schweinchen zu betäuben? Denn das Medikament kostet Geld und muss danach ins Stallbuch eingetragen werden. Die Schweine wären nicht mehr so gut verwertbar, denn für verabreichte Medikamente gibt es Auflagen bei der Verwertung der Tiere und selbst wenn – es würde den Fleischpreis in die Höhe treiben und die Leute, die jeden Tag auf günstiges Fleisch bestehen würden protestieren. Es ist kein Problem für Menschen, die gegen die Kastration bei Hunden sind, ihren Hunden Schweineohren, gepuffte Nasen und was weiß ich noch alles von einem kastrierten Schwein zu verfüttern. Männliche Ferkel werden übrigens nur deshalb kastriert, weil Eberfleisch den meisten Menschen aufgrund der natürlichen Hormone die ein Eber dann als „ganzer Kerl“ hat, viel zu streng schmecken würde. 




Ist es nicht verwunderlich, das manche Menschen, die gegen die Kastration von Hunden sind und dem Reitsport fröhnen, es völlig in Ordnung finden, auf einem Wallach zu reiten? Das solche Menschen bei Pferden keine Endlosdiskussion führen, warum man einen Hengst „legt“, keinen Tierschutz ins Feld führen? Warum? Weil man dann nicht 10, 20, 30 oder bis zu 70 Kilo an der Leine hat, sondern von 200 – 600 Kilo am Führstrick oder unter sich? Weil es keine Pfoten sondern Hufe gibt, die viel schneller für schwere bis tödliche Verletzungen sorgen? Und selbst wenn Kastrationsgegner nicht reiten... sie verfüttern problemlos Fleisch, Fell, Sehnen und Innereien von Wallachen an ihre Hunde oder essen selbst mitunter Pferdefleisch von Wallachen. Warum? Weil diese Tiere in ihren Augen weniger Wert haben als ihr Hund?

Und wie ist es mit Katzen? Wie stolz mag jemand, der gegen Kastration bei Hunden ist, auf seinen Kater sein, der – ganz der stolze Bolz – womöglich noch Freigang bekommt? Der jede Kätzin der Umgebung deckt und für viel Nachwuchs sorgt, halt „ein ganzer Kerl“! In wieweit wird dann darüber nachgedacht, ob die Katzenwelpen gut zur Welt kommen, ob sie irgendwo einen sicheren Platz haben, die Mutterkatze ausreichend Futter – oder ob die Kleinen völlig verwurmt, abgemagert und mit schwer entzündeten Augen irgendwo liegen? Ob sie von Ratten angefressen werden, gegen eine Hauswand fliegen, ein Spaten auf sie niedersaust, der Hofhund sie frisst oder sie ertränkt werden? Haben diese Tiere kein Recht darauf, gesund und gut versorgt aufzuwachsen? Steht der Besitzer des Katers nicht in der Pflicht, dafür zu sorgen, dass Nachwuchs, denn sein Tier verursacht weil er es für tierschutzwidrig und letztlich oft einfach auch nur für eine unnötige Geldausgabe hält, sein Vieh kastrieren zu lassen, wenigstens vernünftig und gesund aufwachsen kann? Oder ist er vielleicht der Ansicht, schließlich könnte ja auch die Katze sterilisiert werden... aber sein KATER... nein, die Hormone, der arme Kerl, dann ist er ja kein ganzer Bolz mehr.





Überhaupt... ist es nicht ein Paradox, wenn Hunde- und Katzenbesitzer sich darauf berufen, ihre Tiere „aus Tierschutzgründen, das ist nämlich verboten...“ nicht kastrieren zu lassen und sich selbst damit als vermeintliche Tierschützer feiern – aber all diejenigen, die tatsächlich in Tierheimen, Tierasylen, als Tierärzte, Futterplatzbetreuer etc. wirklich TIERSCHUTZ betreiben und wissen, was passieren kann, wenn Hunde und Katzen sich einfach immer weiter vermehren können, dann gleichzeitig von solchen Leuten als „Tierquäler“ und „Mißhandler“ bezeichnet werden? Denn nichts anderes ist es letztlich, wenn man selbst aus seiner Bequemlichkeit heraus den Tierschutz anführt um sein Tier nicht kastrieren zu lassen und Tierärzten vorwirft, sie würden gesetzeswidrig handeln, weil sie dem Elend der endlosen Vermehrung ein Ende bereiten.

Und wie ist das bei Hühnern? Ich meine, da werden ja die Hähne nicht kastriert, sondern Broiler, Hühnerfrikassee, Chicken-Nuggets und Hähnchen-Wings sind aus Hühnern, weil die männlichen Tiere schon als Küken in der Industrie geschreddert werden. Nix Kastration, nix Betäubung... komplett weg damit! Auch da gibt es von den meistens Leuten, die gegen die Kastration von Hunden sind, nur ein Schulterzucken wenn überhaupt, während sie ihr Eibrot oder ihr McChicken-Menü essen und herzlich wenig Mitleid. Denn auch Geflügel hat in ihren Augen weniger Wert als ein Hund und es ist ja ganz nett, wenn PETA und Co für Sensationsnachrichten sorgen, weil sie ihre kriminelle Energie walten lassen – aber auch die würden weder Ei noch Huhn kaufen, wenn es um 200 % teurer wäre als jetzt schon um damit ein adäquates „Hähne-Schutz-Programm“ gegenzufinanzieren. 



Interessant ist übrigens auch, das Männer, die bei dem Thema „Kastration von Rüden“ regelrecht zusammenzucken und sich selbst an die Klöten greifen es völlig in Ordnung und geradezu erleichternd finden, wenn sie einer Frau begegnen, die sterilisiert ist. Wenn es dann um körperliche Nähe geht, kann die Erleichterung im Gesicht eines Mannes dann gar nicht genug zu sehen sein, das man sich mit dem Thema „wer A sagt, muss auch limente sagen“ nicht sonderlich weiter befassen muss, da geht dann nur so eine Art „boah, geil, ficken ohne Folgen!“-Signalknopf an. Klingt jetzt böse, ist aber genau so. Da interessiert bei einer Total-OP einer Frau auch überhaupt nicht, ob sie dann als Frau hormonelle Probleme hat oder was auch immer. Aber wehe, ein Rüde bekommt seine Klöten entfernt.... dann kann Mann zum Teil gar nicht ausschweifend genug von den hormonellen Auswirkungen für das arme Vieh rezitieren. Am Besten noch bei einem schönen Stück Fleisch auf dem Teller, das von einem Ochsen kommt. Dieser Kannibale... 




Wobei ja schon genügend Männer der lebende Beweis dafür sind, dass sie ihre Eier eigentlich ja schon das ganze Leben lang im Endeffekt nicht sonderlich vermissen...