Samstag, 27. Februar 2021

"Hallo Wurmies!" die neuen Mitbewohner



Wenn man einen Garten hat, überlegt man ja auch, woher man Dünger und Co bekommt. Was liegt da näher, als den Biomüll, den man sonst in die Tonne kippt, zu verwenden? Also haben wir uns mit kompostieren und den verschiedenen Möglichkeiten dazu beschäftigt. Der herkömmliche Komposter hat zwei Kammern und braucht mindestens ein Jahr. So lange möchte ich eher nicht warten, zudem ist unser Garten zu klein und reguläre Komposter ziehen auch gerne mal Schadnager an. Das möchte letztlich auch niemand. Weder wir noch die Nachbarn. 

Thermokomposter wären auch eine Option, die sind nicht so ganz groß - aber auch die brauchen Platz und Zeit. Viel Zeit. Also auch nichts. Aber es hat sich ja viel, viel getan und deshalb gibt es so Dinge wie Wurmboxen, Wurmfarmen und Bokashi. Unter einer Wurmbox könntet ihr euch wahrscheinlich noch etwas vorstellen, bei Wurmfarm oder gar Wurmcafe und Bokashi hört es wahrscheinlich auf. 

Eine Wurmfarm ist eigentlich so etwas ähnliches wie ein vertikaler Komposter mit mehreren Ebenen, die von unglaublich vielen Kompostwürmern bewohnt und bearbeitet werden. Diese Komposterform ist auch nicht unbedingt groß und es gibt sie auch in super-stylisch als Hockerform für die Küche. Dann sitzt man da quasi auf dem Komposter und unter dem Hintern arbeiten EINTAUSEND Würmer. Bokashi ist eigentlich das silieren von Biomüll. Also das, was man sonst in der Landwirtschaft mit Gras oder Mais macht, wird bei Bokashi in speziellen luftdicht verschließbaren Eimern mit dem Biomüll aus der Küche gemacht. Es wird dort hineingepresst, mit Milchsäurekulturen die ganz schwurbelmäßig "EMR" heißen und Holzkohle versehen und darf dann ein paar Wochen lang vor sich hin fermentieren, bevor es in ein Beet eingearbeitet wird. Problem: das fermentierte Zeugs ist immer noch sehr, sehr stückig. Es ist ja nicht zersetzt, sondern einfach nur fermentiert. Bei Wurmfarmen und Bokashi wird die anfallenden Flüssigkeit aufgefangen. Das ist letztlich etwas, das wie ein Düngerkonzentrat ist - und entsprechend wird es verdünnt und als Dünger verwendet. 



Nach einigen Überlegen und Informieren habe ich ein Starter-Set für eine Wurmfarm und einen Stapel lebensmitteltauglicher Eimer mit Deckel bestellt. Mir war ein fertiges Plastesystem einfach zu teuer, schon ein Starter-Set mit Würmern, Wurmerde, Mineralfutter, Hanfmatten etc. ist nicht gerade billig - und irgendwo hört der Spaß auch auf. Von den Eimern habe ich drei mit verschieden großen Löchern versehen, weil eine Wurmfarm immer auch Luft braucht. Davon sind die größten Löcher im Boden, damit die Würmer die Etagen wechseln können und die kleinsten Löcher oben an den Seitenwänden. Nachdem der Frost vorbei war und das Starter-Set gekommen ist, war der Beutel mit den Würmern erst einmal auf der Waage. Über ein Kilogramm Würmer und Erde. 


Ein Kompostwurm kann am Tag die Menge seines Körpergewichtes fressen! Dann gab es noch fertige Wurmerde - faktisch das "Schnuffeltuch zum Einleben des Wurmes" und einen Ziegel Kokoserde, der in Wasser aufgeweicht werden muss. Zusammen mit eingeweichten und zerpflückten Eierpappen war es eine ganze Menge Erde! So viel hatte ich nicht unbedigt erwartet und wir haben auch nur 3/4 erst einmal auf zwei Eimer verteilt und dann die Würmer draufgekippt. Ich habe auch nicht daran gedacht, dass denen die Eimer zu hell sein könnten - und deshalb haben sie die ersten Tage auch mit den Eimern in dem Karton gestanden, in dem die Eimer geliefert wurden. In der Anleitung steht, man soll über der Wurmfarm 4 Tage lang eine Lampe brennen lassen, damit die Würmer sich in die Erde verkriechen und einleben und nicht abhauen. Das haben wir auch gemacht, wir haben LED Klemmlampen. 

Als die Würmer in der Erde waren, habe ich noch eine der Hanfmatten rund geschnitten und oben auf die Erde gepackt. Die schützt vor Austrocknen und Würmer mögen die auch als Futter. Also - immer wenn die Lampe aus war, sind die Würmer nach oben gekommen. Binnen weniger Tage war die Matte komplett perforiert. Nachgebessert haben wir die Abstände von dem untersten Eimer, der die anfallende Feuchtigkeit auffangen soll und vom mittlersten Eimer, der keinen Abstandshalter für den obersten Eimer hatte. Das fanden die Würmer nicht so wirklich super, weil die Erde doch ziemlich zusammengepresst worden ist. Da sind jetzt Abstandshalter drin, die Erde wurde noch mal aufgelockert, die Würmer haben ein bisschen frische Luft bekommen - und sind jetzt auch agiler. Ein bisschen Salat haben sie auch schon bekommen und als es warm war, habe ich das ganze Teil für ein paar Stunden an die frische Luft gestellt. 



Mittlerweile haben sie sich gut eingelebt, die Lampe ist nicht mehr an und sie bleiben in den Eimern und wechseln zwischen den Etagen. Eimer Nummer vier steht schon faktisch "in den Startlöchern". Es heißt, nach den ersten vier Tagen kann man den Deckel auch zu machen - aber ich habe da noch gar keinen Deckel drauf. Denn es ist eigentlich noch sehr spannend, zu gucken wie sich das System entwickelt und ob die Wurmies agil sind oder ob ihnen vielleicht etwas fehlt. Insgesamt wird es ein paar Monate dauern, bis sich alles eingespielt hat - und die Würmer dann hoffentlich ausreichend Bioabfall etc. zu hochwertiger Wurmerde verarbeiten. 

Wenn es wärmer wird, kommt die Wurmfarm nach draußen. Aber im Moment ist es noch zu kalt. Wir haben speziell eine Wurmfarm mit Kompostwürmern - aber für Angler gibt es die auch mit Tauwürmern. Also das, was früher massig aus der Erde gekrochen kam, wenn wir mit der Mistgabel reingepiekst und gewackelt haben, damit  Angelopa Köderwürmer bekommt. 


Montag, 15. Februar 2021

Vom Guten Heinrich, Goldforellen, bunten Beten und hohen Beeten.

"Guter Heinrich" Bild: Thomé, Flora von Deutschland, 1885

 

Während draußen – 7 Grad sind, beschäftigen wir uns drinnen mit unserem Garten.

Wir haben Hochbeete geplant und gestern sind die Rahmen dafür gekommen. Die beiden größeren Beete werden 80 x 120 cm groß. Damit das Holz länger hält, werden die Rahmen mit Bootslack gestrichen. Von innen kommt Noppenfolie dagegen, damit das Holz nicht direkt mit der Erde in Berührung kommt. Weil ein Hochbeet kuschelig warm werden kann, kommt auf den Boden Wühlmausgitter. Das ist schließlich für unsere Ernährung gedacht und kein Wellness-Hotel für Wühlmäuse! Gegen Schnecken kommt ein breites Kupferband um die Kisten.

Die Hochbeete werden etwa 60 cm hoch, jeder Rahmen ist knapp 20 cm hoch und unten kommt noch eine Reihe Steine hin, damit das Holz nicht direkt auf dem Boden liegt. Man sollte in der Schule bei Mathe auch deshalb aufpassen, weil es zwar irgendwie nach wenig klingt, wenn man sagt „das Hochbeet wird 120 cm lang und 80 cm breit und etwa 60 cm hoch!“. Bis man ausrechnet, wieviel Füllmaterial dafür tatsächlich gebraucht wird!

Famila hatte Folienfrühbeete. Sehr einfach und sehr günstig und genau in der Rahmengröße. Davon haben wir dann auch zwei Stück, weil wir so die Aussaat früher machen und bis in den Winter hinein ernten können.

Wer mit Hochbeeten selbst anbauen möchte, wird feststellen, dass es sich von der finanziellen Seite her oft nur bedingt lohnt. Also dann, wenn es nicht unbedingt nach verwilderter Müllhalde aussehen soll. Jeder Supermarkt bietet deutlich günstiger fast alles an, was wir anbauen wollen, wenn die Baukosten mit einberechnet werden. Aber es lohnt sich von der „Erlebnisseite“ her. Von dem „das haben WIR gemacht!“ und von dem „DAS können wir!“.

Andere machen für das Geld, das wir in die Hochbeete investieren, eine Woche all-inclusive-Urlaub irgendwo an einem Strand in einem Betonklotz mit 3000 anderen Leuten. Wobei das ja ohnenhin dieses Jahr für viele Menschen wegfällt, da wir eine Naturkatastrophe mit Namen Corona haben und jeden Tag deutschlandweit im Prinzip ein Dorf stirbt oder ein bis zwei Flugzeuge abstürzen. Aber letztlich sorgt gerade Corona auch für einen enormen Auftrieb beim eigenen Anbau von Obst und Gemüse. Denn nicht nur, dass man beschäftigt ist, sondern man muss auch ein bisschen weniger einkaufen gehen und sich der Ansteckungsgefahr aussetzen, wenn alles angewachsen ist. Wer einen Garten hat, besitzt damit sein eigenes Refugium in dem er ausreichend Abstand zu anderen Menschen wahren kann.

Wir haben die Hochbeete. Im Garten. Den wir für uns alleine haben. Die Sonne scheint auch hier – und wir haben natürlich noch etwas: Wenn alles klappt, haben wir einige ganz alte Gemüsesorten, die man eben nicht im Supermarkt bekommt. Weil die sich für konventiolle Landwirtschaft nicht lohnen, aber sicherlich eine Entdeckung wert sind.

Wir haben dann das, was vielleicht Großeltern und Urgroßeltern noch kannten und schätzten: Guter Heinrich, Melde, Kerbelkraut und marmorierte Kartoffeln, Zuckererbsen direkt vom Strauch, Tomaten, die Wind und Wetter erlebt haben und lila Möhren direkt aus dem Beet, die nicht schon nach wenigen Tagen verschimmelter Matsch sind. Sogar Fische können wir anbauen: Goldforelle! Die schwimmt aber nicht, sondern ist eine alte Salatsorte die eine tolle Färbung hat. 

Darauf freue ich mich!