Freitag, 23. Juli 2021

Was aus Küche, Kochen, Essen und dem Verfahren in der Pampa geworden ist:

 Wir sind ja mitunter Meister darin, die scheinbar unmöglichsten Dinge miteinander zu verbinden. 

Das haben wir mit den obrigen Dingen auch geschafft und das Ergebnis seht ihr auf 

Land-Laden-Lecker – Von Hofläden, Regioboxen, Milchtankstellen und so weiter.

Wechselt da doch einfach mal rüber und guckt euch etwas um!


Sonntag, 4. Juli 2021

Vom Verfahren in der Pampa, Dachzelten und klugen Sprüchen


Mittlerweile waren wir also das 3. Mal in der Zeitung. Den Artikel haben wir total verpasst, weil keiner genau wusste, wann der erscheint. Aber wir haben ein PDF davon bekommen. Das war sehr lustig, Nick den vorzulesen.




Unter anderem, weil in dem Artikel steht, dass ich mich öfters heillos auf Wirtschaftswegen verfahre. Nicht nur auf Wirtschaftswegen – aber eigentlich ging es um „Warum nehmt ihr keinen Anhänger fürs Dachzelt oder einen kleinen Wohnwagen?“ und da habe ich gesagt, dass ich ab und an durchaus mal auf einem Wirtschaftsweg in 3 Zügen wenden muss und das mit Anhänger nicht geht. Zack, gleich wieder aus dem Nähkästchen geplaudert von wegen „Lass uns da mal in die Pilze fahren, der Weg ist voll gut!“ (die erste Tour mit Ranzi und Jürgen in OPR) – und wir sind mitten im Wald gelandet und irgendwann konnte ich einem der Schlaglöcher nicht mehr ausweichen und das war dann leider Ranzis „Schnüss“, die halbseitig abgerissen war. Auf die andere Hälfte habe ich irgendwann Zähne gemalt. So sah Ranzi (VW-Golf Kombi) aus wie ein verkloppter Boxer. Jürgen war jemand, der schon lange nicht mehr Autofahren konnte und durfte und der meinte dann später nur „also vor 20 Jahren war der Weg noch super!“ JAAAAAAA, glaube ich.





Oder als wir einem Straßenschild in Netzeband gefolgt sind und die Teerstraße zur gepflasterten Straße wurde, dann zur rudimentär mit Findlingen gepflasterten, Feldweg, Waldweg... aber es war eine offizielle Straße! Kurz vor einer Kurve kam uns dann ein Tatra-LKW im Wald entgegen. Ich habe mich damals weggeschmissen vor Lachen ob der Situationskomik und wusste zumindest, dass die Autobahnbrücke dann breit genug ist und Ranzi aushält. Aber das „also da lang müsste es eine Abkürzung sein!“ war dann mal eben 18 km Umweg. Aber die Gegend war total schön! Umwege nicht als Ärgernis zu sehen, sondern als Chance, tolle Gegenden zu sehen, in die man sonst nicht gekommen wäre ist eine gute Option! Dabei haben wir schon oft richtig tolle Sachen erlebt. (Zum Bild: beim gelben Kreuz waren wir, zum roten Kringel daneben wollten wir, beim roten Kringel oben sind wir gelandet...)





Nun ja. Dienstag waren wir ja in den Niederlanden. Das war bis zum gewünschen Ort auch kein Problem. Wir sind vom Niederrhein aus Richtung Amsterdam gefahren und eigentlich war das gruseligste eine Brücke mit Stahlseilen über einen Fluss. Das macht mir normalerweise nix aus, das kenne ich von Duisburg her von den Rheinbrücken. Aber in den Niederlanden waren die Pfeiler und die Seile weiß, es ging leicht hoch - und außer den weißen Pfeilern und Seilen vor einem fast grauschwarzem Himmel habe ich nicht viel gesehen. DAS war schon etwas gruselig von der Optik her, aber auch voll faszinierend. In Baarn hat Google Maps gestreikt und die Zufahrt zu dem Gewerbegebiet war eine ganz kleine unscheinbare Pflasterstraße ohne große Hinweisschilder. Das hat uns eine Ehrenrunde durch den Ort beschert.


Aber wir haben dann Europas größten Anbieter für Dachzelte doch noch gefunden! Warum wir dafür in die Niederlande gefahren sind? Den Händler habe ich eher durch Zufall gefunden – und es hätte nur eine Alternative gegeben, wo jemand auch verschiedene Dachzelte aufgebaut hätte, die man sich auguckt. Die meisten haben ihre eigene Marke und vielleicht noch ein anderes. Oder sie haben zwar Dachzelte im Angebot, aber irre lange Lieferzeiten. Von Friesoythe aus bis nach Baarn sind es 250 km. Von Friesoythe aus nach Schleswig zum anderen Händler mit Showroom wären es 350 km. Jeweils eine Tour. Da wir dann vom Niederrhein aus dort hingefahren sind (Oma wohnt dort), haben wir erst einmal 100 km gespart. Na ja, Thema „Verfahren“ und der Google Maps-Streik haben das auf 70 km reduziert.

Aber es sind dort wirklich VIELE Dachzelte aufgebaut – nur leider war das, was ich eigentlich haben wollte, nicht auf Lager und die zwei Alternativen auch nicht. Die dritte Alternative war auf Lager – aber die passenden Dachträger nicht. Die sollte ich dann in Deutschland besorgen – und wenn ich in 2 Tagen eines gelernt habe, dann dass ich an Vieles vorab gedacht habe, aber nicht daran, dass mein Berlingo von 2002 ist und damit die erste Generation und dass ich bei der dritten Alternative, die dann auf Lager ist, dann beim nachforsten von „wie bekomme ich das jetzt auf die gekauften breiten Träger?“ nicht auf das Gewicht von genau diesem speziellen Dachzelt geachtet habe. Denn das ist genau 10 Kilo über der zugelassenen Dachlast.

Also bedeutet es, das vorgesehene Dachzelt wieder zu tauschen gegen eines, das leichter ist und bei gleicher Größe bzw. sogar mehr Grundfläche ein kleineres Packmaß hat, weil es geklappt wird. Nun ja, jetzt warte ich die Antwort vom Händler ab, der „kein Problem, wenn was ist, schreibe mir einfach eine Mail, die kann ich immer lesen!“ sich dann noch nicht wieder gerührt hat. Es ist einfach nur alles irgendwie anstrengend gewesen bis jetzt, auf jeden Fall holen wir das Zelt dann selbst ab, weil es vor Ort fachgerecht montiert und erklärt wird. Außerdem kommen wir am Veluwemeer vorbei, das hat Nick auf der Rückfahrt verpennt. Aber er hat dort drei Jahre lang von der Wuppertaler Schule aus Surfen gelernt und erzählt immer noch ab und an davon.


Klar gibt es viele Leute, die erst mal sagen, dass ein Dachzelt ja völlig ungeeignet wäre. Aber was wäre denn bitte eine vernünftige Alternative FÜR UNS und UNSERE Art und Weise zu Leben? Der Berlingo ist einer Ladeflächenlänge von nicht einmal 1,60 Meter zu kurz um ein Bett reinzubauen. Zumal ja noch Hund, Rolli /Sacco und alle anderen Sachen mitmüssen. Selbst für 2 Tage kommt da was zusammen. Bodenzelt? (Klick mich, ich bin ein Link zum Zeltabenteuer)  Haben wir. Aber das ist wiederum zu niedrig und braucht extra Platz. Einfach mal eben irgendwo für 3 Stunden aufbauen ist nicht. Das Dachzelt ist für Nick eine ziemliche Motivation. Genau darum geht es nämlich auch.

Es ist ja nett, wenn immer wieder Sprüche geteilt werden „Träume nicht dein Leben, lebe deinen Traum“ oder Menschen erzählen, was sie noch alles gerne gemacht hätten, als es noch ging. Was sie letztlich bereut haben, nicht getan, nicht einmal ausprobiert zu haben. Was bringt es, solche Sprüche ggf. zu teilen, als Wandbild rumhängen zu haben oder Bücher / Artikel darüber zu lesen, was alte Menschen / Sterbende Rückblickend über ihr Leben denken und was sie bedauern, wenn man für sich selbst daraus nichts lernt, sondern so etwas einfach als Phrasen-Deko benutzt? Nix. Klar, es wird anstrengend, es ist ein Abenteuer und wir wissen beide nicht, ob es letztlich überhaupt funktioniert. Aber es wäre immer viel, viel blöder, es gar nicht erst auszuprobieren!







Dienstag, 22. Juni 2021

Küche, Kochen, Essen!

 Das Tolle an unserer neuen Wohnung ist ja, dass wir eine große Küche haben. Das ist wirklich richtig super, denn wenn direkt neben dem Kochfeld zwei Spülbecken sind und daneben eine Wand, dann ist es ziemlich doof. Auch auf der anderen Seite vom Kochfeld hat faktisch nichts hingepasst und vor dem Herd war nach der Breite „Ofenklappe auf“ ein Buffetschrank... aber auch nicht wirklich viel Platz um vernünftig in der Küche zu arbeiten. Deshalb waren in Neuruppin oft Döner-Dealer und Asia-Imbiß eine Alternative.

Das ist hier total anders. Zum Einen: wir leben auf einem Dorf. Da ist die nächste Pizzeria mit Lieferdienst etwas weiter weg als der Asia-Imbiß, dem wir von oben durch die Küchenfenster gucken konnten. Gut, wir müssten nun einen Kilometer laufen. Oder anrufen, Firat liefert auch. Aber in all der Zeit hier haben wir * grübel * tatsächlich nur einmal Pizza bestellt, einmal hat Frau Tochter was von Mäcces mitgebracht und einmal haben wir einen Döner-Dealer in einem Nachbarort ausprobiert. Im Prinzip sind wir daran erinnert worden, dass es nicht nur gute Döner-Dealer gibt. Ich glaube, es war das erste Mal überhaupt seit wir so etwas essen, dass davon über die Hälfte entsorgt wurde.

Durch Zufall habe ich auf „Sallys Blog“ dann einen Beitrag von Murat gesehen, wo er den „Iskender Kebab“ vorstellt. Das fand ich so dermaßen gut, dass ich zu Nick gesagt habe: „Machen wir nach!“. Haben wir auch. Beim Iskender Kebab hat Murat nämlich Rouladenfleisch bestrichen, überlappend nebeneinander geschichtet und dann aufgerollt und angefroren, damit er das besser in Streifen schneiden kann. Dazu gab es bei uns nur eine Sorte Sauce und zwar die Tomatensauce und Fladenbrot, dass in der Pfanne angeröstet wird, wo die Sauce drin war. Es war einfach nur super lecker! Auf Vorrat liegt jetzt eine Rolle vorbereitet im Gefrierschrank... na ja, ich glaube, nachher nicht mehr.


Okay, den Viet Thai vermisse ich etwas, aber das wird mittlerweile eigentlich durch das Kochen in unserer Tajine ausgeglichen. Auch wenn wir die Tajine im Prinzip auf dem Ceranfeld benutzen könnten, sie wird unser „Feuertopf“ bleiben. Aber was ist eine Tajine und wieso kochen wir damit? Grundsätzlich ist es so, dass Nick viele Kochvideos guckt und immer davon erzählt. Manchmal ist das echt anstrengend, aber es hat den Vorteil, dass ich ihn bei Bedarf auch darauf festnageln kann. Und dass er nicht gleich „bäh“ sagt, sondern zumindest probiert. Manchmal auch selbst ausprobiert. Kartoffelchips herstellen zum Beispiel. Oder Brennesselchips. Das war seine Idee nach einem Video darüber. Wir haben einen ganzen Haufen Gemüsebrühe selbst gemacht, Fleisch gedörrt, gekäst und einmal auch Bratwurst gemacht. Aber da war der Aufwand für uns zwei einfach zu hoch.

Es ist einfach total spannend, so ganz verschiedene Sachen zu entdecken. Auch so etwas ist ein Abenteuer! Wusstet ihr eigentlich, wie viele verschiedene Salzsorten es gibt? Wir haben letztens ein Päckchen bekommen mit ganz vielen verschiedenen Sorten. Das ist toll! Am liebsten verwenden wir rosafarbenes (Pakistan) und schwarzes (Hawai) Salz. Auf Facebook wurde mir dann die Chamsbox als „kulinarische Weltreise“ angezeigt und das hörte sich so spannend an, dass ich sie bestellt habe.

Die „Marokko-Box“ war dann für uns die Erste und sehr spannend – und lecker. Nick hatte die Aufgabe, herauszufinden, wie man dort kocht. Traditionell wird eine Tajine verwendet und da wir hier einen Garten haben, haben wir uns eine richtige unglasierte Lehmtajine mit Stövchen gegönnt. Wie die aussieht, seht ihr auf den Fotos. Es ist wichtig, dass sie unglasiert ist, weil die Glasur einer Tajine abplatzen und mit giftigen Schwermetallen versehen sein kann. Überdies verschafft sich eine Tajine ihre „Patina“ und eine Art Glasur im Laufe ihrer Nutzung selbst. Mir war auch wichtig, dass wir tatsächlich eine original marokkanische Lehmtajine bekommen. Die gibt es nämlich auch in Gußeisen. Aber wenn ich in Gußeisen garen will, dann nehme ich halt unsere Pfanne oder den Dutch-Oven. Wir haben eine viereckige Kastenform davon.


Der Unterschied zu einem unglasierten Römertopf aus Ton ist nicht nur die Form, sondern vor allem die Zusammensetzung der Ton-Lehm-Masse und die Brenntemperatur. Denn so ein Römertopf ist aus sehr ähnlichem Ton wie Blumentöpfe – und der ist hart und unelastisch. Die Erdmischung der Tajine ist Ton-Lehm-Schamotte. Deshalb glitzert die auch etwas – und genau diese Mischung und eine niedrige Brenntemperatur sorgt dafür, dass sie einfach auch mit den Temperaturunterschieden gut klar kommt, wo hart gebrannte Tontöpfe springen würden. So ein Lehmtopf ist nichts für Generation „aber es muss alles desinfiziert oder in die Spülmaschine gestopft werden, sonst werden wir an den Keimen alle sterben!!!!“. Sehr wohl aber für Menschen, die etwas mehr „Ursprünglichkeit“ mögen.

Man kann darin eine ganze Menge machen, sogar Brot backen. Und es kann einem darin auch durchaus etwas anbrennen oder verkochen. Ersteres lässt sich problemlos mit Stahlwolle und Topfkratzer beheben und notfalls kocht man die Tajine dann noch mit Zitronenwasser etwas aus, damit das nächste Gericht nicht angebrannt riecht. Mittlerweile haben wir darin auch schon Bratwurst gemacht. Mit marokkanischer Gewürzmischung – das habe ich in eine Rezension zur Chamsbox geschrieben und Ghita von Chamsbox hat dann geschrieben, das wäre ja schon „Fusion-Food“. Das wird fast wie „Fjuschäen-Fuud“ ausgesprochen. Gut, man kommt ohne Anglizismen nicht mehr aus, aber ich nenne solche Sachen jetzt „Fussel-Food“. Bevor mir noch ein Holzfäller-Shirt und ein Hipster-Bart wächst und der Berlingo ein Schiebefenster a la Food-Truck bekommt.



Die ersten Versuche, in der Tajine Feuer zu machen haben etwas länger gedauert und ob der Qualmentwicklung hatten WIR zumindest keine Mücken. Aber die Nachbarn glaube ich dann auch nicht. Aber zum Glück machen Junior und ich uns ja erst einmal nur für uns selbst zum Clown. Aber das dann auch ziemlich gründlich. Der sorgfältig gehegte Schatz an Feuerstartern aus Birkenpapier (also den abgerupften Streifen von der Rinde) hat sich zumindest enorm dezimiert. Ich bin dann doch irgendwann eingeknickt und habe mit Nick zusammen einen Anzündekamin ausgesucht. Aber wie wir so sind, es muss schon etwas ausgefallener sein, also das Teil ist zum zusammenfalten und hat einen kleinen Grillrost. Auf dem kann auch die Tajine stehen, dann aber eben in unserer Feuerstelle mit den Steinen umzu.




Nick erzählt mir öfters von Videos in denen Menschen Außenküchen haben, Gasgrills mit Temperaturregler und so weiter. Also für viel Geld eigentlich noch mal draußen haben, was sie drinnen eh schon haben. Wenn wir die Werbebeilagen von den Wochenendsblättern durchgucken, sind wir immer etwas fassungslos, was der Krempel alles kostet – und wie riesig das alles ist! Wir haben unsere eigene Version von „Outdoor-Küche“. Und eigentlich ist das Tollste daran, dass wir bis auf die Feuerstelle alles auch ins Auto laden können um „Outdoor-Küche“ nicht nur im eigenen Garten zu haben.


Adressen:

Iskender-Kebab: iskender-kebab-ramadan-rezept-murats-5-minuten | Sallys-Blog

Kulinarische Weltreise: Chamsbox.com 

Tajine: tajine.de


Sonntag, 13. Juni 2021

Es gibt diese Tage

da ist das Leben echt schön. Trotz allem, was eigentlich nicht so schön ist. Was alles schön ist:

Der Berlingo war in der hiesigen Werkstatt. Eigentlich war „nur“ der Bolzen einer Schiebetür abgebrochen, aber als wir den Termin gemacht haben, sind uns noch ein paar Sachen mehr eingefallen. Na ja und dann war der Termin und es wurde erst einmal rund 2 Stunden geschaut, was an dem Auto alles kaputt ist, dann kam ein Anruf was alles gemacht werden muss und wie viel das etwa kostet. Das ist jetzt alles erledigt, sogar mehr als gedacht und wir sind nicht komplett dabei verarmt. 

Es war sogar noch günstiger als gedacht! Das ist SEHR erfreulich! Wer hier auf dem Blog gelandet ist, weil er sich über diese "Langsame Trulla in dem blauen Auto" geärgert hat und ob der knallgelben Kennzeichenhalter mit Blogadresse, wo der hintere dann auch endlich montiert wurde, dann gucken wollte, wer diese Nervtröte ist: Hallo! Schön, dass du da bist und lass dir sagen, ich habe noch einen richtig tollen Aufkleber mit einem Faultier fürs Auto, dass gar keine Zeit hat, um sich zu beeilen. 

Noch etwas war in der Werkstatt: Das Sacco-Cart hat hinten jetzt neue Mäntel und Schläuche. Wir sind in Garrel an einem Fahrradladen vorbeigekommen, der noch nach 18 Uhr auf hatte und haben es dann einfach da gelassen, damit es neue Mäntel bekommt. Ich glaube, die hatten dann viel Spaß damit. Es läuft jetzt richtig gut. Ich war in einer Sacco-Cart-Gruppe auf Facebook, habe dort dann unter dem zweiten Bild eines kleinen Hundes, der so ein Teil alleine mit Menschin drauf ziehen soll, dann meine Meinung dazu kund getan. Die war nicht der dort vorherrschende Mainstream sondern ging gen "Sauerei" und "Tierquälerei". Deshalb bin ich eigentlich schwer gespannt, welche Kräfte da tatsächlich wirken und überlege immer noch, wie ich das am Besten messen kann. Denn dann hätte ich Fakten statt "ja, also, kein Problem, natürlich schafft der Hund das alleine!" und dem Gefühl, das viele Leute in der Schule entweder Physik geschwänzt haben, es gar nicht erst hatten oder geistig abgeschaltet haben. 

In der Zwischenzeit waren wir ein paar Runden „Rollischubsen“ hier im Ort. Und schaukeln. Schaukeln ist wichtig für die „Raum-Lage-Koordination“ im Kopf. Und natürlich zum Tumor ärgern. Deshalb gehen wir zwischendurch schaukeln. Weil es auf dem Schulspielplatz noch einige andere Sachen und so hübsche "Retro-Spielgeräte" gibt, üben wir dort auch noch andere Sachen. 



Das Wetter ist endlich nicht mehr so verregnet und wir konnten tatsächlich ein bisschen im Garten machen. Mittlerweile steht sogar unser Pavillon. Den haben wir schon seit rund zwei Jahren, eigentlich für die Filzviecherei auf Märkten gekauft, aber hier steht er das erste Mal. Und ohne Spitzdach, das ist etwas zusammengesackt, weil ich denke, das kommt etwas zu hoch und nervt vielleicht die über uns wohnen. Vorher hatten wir unsere Sonnenschutzplane als Tarp aufgespannt, aber das war irgendwie dann zu niedrig und zu blöd – aber wenn die Sonne richtig knallt, ist die jetzt wieder über dem Auto – und das bringt durchaus einen deutlichen Temperatur-unterschied!

Das Hochbeet steht auch, bzw. mittlerweile stehen mehrere Holzrahmen mit Gemüsepflanzen und Kräutern drin. Unsere vom Sturm geschrottente „Paketkiste“ steht in einem Rahmen mit Okra und Freilandgurke, ein anderer Rahmen ist mit Wühlmausgitter am Boden versehen und dann mit Stroh und Erde aufgefüllt. Im dritten Rahmen habe ich die Idee von „ihr wollte kein Unkraut im Beet und neu anlegen? Verwendet Pappe!“ Marie von Wurzelwerk umgesetzt und dort erst einmal Kartons mit Erde reingestellt, in die ich Erbsen gepflanzt habe. Natürlich sind auch unsere „Paul Potatoes“ bepflanzt, wenn auch nur einer tatsächlich mit Kartoffeln.

Im Gegensatz zu vielen Nachbarn haben wir keinen „Golfrasen“ (der auch enorme Wassermengen verbraucht, damit er schön grün aussieht) sondern einen sandigen Trockenrasen. Der ist beim drüberlaufen ein bisschen pieksig, hat ein paar Lücken – aber im Endeffekt haben wir eine enorme Vielfalt an Pflanzen hier, was absolut toll ist und sich auch bei den Hummeln und den Vögeln herumgesprochen hat. Ich habe es noch nicht genau durchgezählt, aber wir haben mindestens 20 verschiedene und viele davon sind auch essbar/haben heilende Wirkung! Wir essen aber hier nur die Vogelmiere aus dem Paul Potatoe, die bei den Erdbeeren wächst. Die Vögel haben quasi eine eigene Ecke bekommen mit alten Ästen. Mittlerweile steht dort auch ein großer flacher Untersetzer mit Wasser. Nur Steine für den Untersetzer, damit im Notfall die Tiere auch wieder herauskommen, müssen wir noch ein paar mehr sammeln. Damit das Wasser nicht „vermoddert“ gibt es einen Solarspringbrunnen. Wenn wir in der Küche sitzen, kann ich sehen, wie viele Vögel diese Ecke anfliegen (auf der anderen Zaunseite stehen die Mülltonnen als Fliegenfutterspender), das ist ziemlich cool!

Überrascht und sehr gerührt haben mich die Dachzeltnomaden. Wer von denen hier liest: Winke, winke und vielen, vielen Dank für eure Reaktionen. Das ist einfach unglaublich! Aber dazu dann auch in einem anderen Beitrag noch etwas mehr.













Donnerstag, 27. Mai 2021

Die ersten Wochen mit dem Sacco-Cart

 sind um. Es hat sich auch ein bisschen was getan!


Mittlerweile wissen wir, wie wir das Sacco-Cart am besten und schnellsten in den Berlingo bekommen. Es liegt auf der Seite und dann diagonal. Zu zweit bekommen wir es recht problemlos in den Wagen und müssen dann nur kurz die Positionen wechseln, damit ich das Vorderteil im Auto kippen kann um dann "den Arsch zu drehen" und es schräg zu stellen. Danach kommt Joey ins Auto, der im Moment durchs Cart durchklettern muss, weil ein Türgriff kaputt ist. Der wird nächste Woche repariert. Aber Joey hat ganz schnell verstanden, was er soll und klettert problemlos durch das Cart. 

Getan hat sich etwas bei einem der Bügel. Die ersten zwei Touren haben wir den ja komplett gehabt, was dann doch ziemlich unangenehm wurde, weil er ja auf Hunde ausgerichtet und gebogen war. Da die Zugbügel aber zusammengesetzt sind, hat mein Bruder uns einen davon dann auseinander genommen und den gleich noch ein bisschen gerichtet. Danach hatte ich halt einen kürzeren Bügel, der dann auch "hüftfreundlicher" auseinander war und mit Karabinern und Tüddelbändern an meiner Hüfttasche befestigt wurde. Aber irgendwie so ganz das dolle war es nicht.



Dann hat Sylvia sich gemeldet, die Eigentümerin vom Cart und hat mir geschrieben, dass ich einen Bügel auch gerne umbauen könnte, wie ich das bräuchte. Das wäre kein Problem, wenn ich den auseinanderflexen würde. Hach! Nun, geflext habe ich den nicht, aber die Dekupiersäge hat ihren Dienst getan und vom Bügel den Bogen entfernt. Damit hatte ich dann faktisch zwei L-Formen. Noch etwas Gewebeklebeband um die Kanten abzudecken und alles erst mal mit Kabelbindern provisorisch befestigt, war es gleich viel besser! 

Die erste Tour mit der Variante haben wir in Bischofsbrück gemacht. Da hatte ich das noch an der Hüfttasche und den Rucksack hinten am Sacco. Allerdings ist mir die Tasche dann immer heruntergerutscht  und wenn nicht das, hat die Schnalle sehr unangenehm in den Bauch gedrückt. Also auch doof. Aber generell haben wir da den ersten Feldweg mit Gras gemeistert. Das ging gut, bis der nicht mehr von Treckern befahren wurde, dann wurde er so unwegsam, dass ich kapituliert habe. 

Also zurück. Das Tolle ist auch, dass wir relativ leise unterwegs sind und so viel sehen. In Bischofsbrück also auch Feldhasen. Zum Glück hat Joey die NICHT gesehen. Beim Auto haben wir dann eine kurze Pause gemacht, Trinken rausgeholt und dann sind wir noch etwas die Straße Richtung Vrees hoch. Aber da hat es mich irgendwann einfach nur noch genervt mit der Tasche, dass ich auf den Rucksack gewechselt habe. Das war dann viel besser! Der hat ja ein richtiges Tragesystem und mit ein bisschen "herumgebastel" während des Ziehens habe ich dann aus den erst steil verlaufenden Rohren die so hinbekommen, dass sie nicht so steil verlaufen, dass die vorderen Griffe nerven, sondern dass es wirklich angenehm und einfach zu ziehen ist. 



Wobei einfach immer auch relativ ist, denn ich ziehe ja ungefähr 100 Kilogramm Gewicht und selbst "leichtlaufend" ist das doch eine ganz schöne Masse, die je nach Rollwiderstand des Untergrundes verdammt anstrengend werden kann! Wie anstrengend, haben wir dann Himmelfahrt gemerkt, als ich "boah, da MUSS ein Weg sein, das sieht richtig toll aus!" einer Treckerspur über einer Weide mit hohem Gras gefolgt bin. Einer Hochmoorweide. Schön nass. Aber auch der Moorlehrpfad nach drei Tagen Regen hatte es in sich und mich irgendwann zum kapitulieren gebracht. Aber wir sind immerhin deutlich weiter gekommen als wie mit dem Rolli. 


Gleich nach dem Grasland haben dann die Kabelbinder an einer Seite die Nase voll gehabt. Kann ich verstehen, aber GS-Agri ist dein Freund und hat auch Einzelschrauben da, um dem ganzen wieder eine feste Verbindung zu geben. Dabei hat mir Fabi geholfen, mein Schwiegersohn (boah, das klingt so uralt...). Als ich dann das Sacco bei der nächsten Tour wieder zusammengebaut habe, dachte ich erst: "Mist, die Griffe sind jetzt verkehrt herum dran!". Aber dann hat sich herausgestellt, dass sie so, wie sie jetzt sind, genau richtig sind! 

Die längste Tour bislang war rund 4 Kilometer. Es war eine "oh, guck, es hat aufgehört zu regnen, lass und noch eben eine Runde fahren!"-Tour. Wir sind losgezuckelt hinten zur Marka hin. Blauer Himmel, alles schick.  Nach etwas über einem Kilometer hat es leicht genieselt. Nach 2 Kilometern geschüttet. Wir mitten drin. Aber mit Regencapes! Die hatte ich nämlich dabei. Erst Nick eingepackt, dann mich und unter dem Regencape dann Rucksack auf und Schallen einklinken. 

An der Schule in Markhausen war dann endlich ein Bushäuschen wo wir uns unterstellen konnten. Nick hatte sich die Kapuze vom Cape komplett über das Gesicht gezogen und schon seit über einem Kilometer nix mehr mitbekommen. Außerdem steckte er in seinem Fußsack, der ist auch regendicht. Wir sind dann im Regen weitergezuckelt um festzustellen, dass es 200 Meter vor unserem Haus aufgehört hat zu regnen, blauer Himmel, weiße Schäfchenwolken, lieblich blinzelte die Sonne. Aber hey, 4 Kilometer geschafft!

Eine andere Tour war in Lindern, wo wir das zweite Steingrab, die "Steinkiste" im Wald gefunden haben. Das war jetzt an Pfingsten. Ich freue mich immer, wenn wir zu ruhigeren Zeiten die Chance haben, irgendwo bei Ställen auf einer befestigten Fläche zu parken und da auch keinem Trecker ins Gehege kommen. Das ist für mich viel einfacher und für Junior auch. Wir hatten dann 2,6 Kilometer, einschließlich Trampelpfad quer durch den Wald. 

Das Sacco ist ja eigentlich eine Kutsche für Hunde oder Shetty - und gerade was Hunde anbelangt, habe ich dann mittlerweile Respekt vor deren Zugleistung, sofern nicht klar ersichtlich ist, dass irgendein Vollpfosten seinen Hund vor so einem Teil verheizt, weil er ihn komplett überfordert. Es ist kein Problem, mit kleineren und leichteren Hunden Zughundesport zu machen. Bikejöring oder Canicross gehen sogar mit ganz kleinen Hunden und da kann Mensch dem Hund auch super helfen. Aber Menschen, die denken, so ein Bordercolli wäre ein bärenstarker Hund kann es kräftemäßig problemlos mit einem Entlebucher, Berner Sennen oder Neufi aufnehmen oder gar mit einem Shetty - einfach nein.

Das Schöne an einer allgemeinen Zughundesportgruppe ist, dass dort auch immer Leute sind, die Wettkämpfe mitmachen. Ohne Musherprüfung kann man in kaum einem Wettkampf starten, das ist einfach eine Grundvoraussetzung, dass man nachweist, dass einem der Hund und der Sport nicht völlig egal sind, sondern man sich mit den Grundlagen des Hundes, des Tierschutzes und des Sportes befasst hat. Entsprechend sind in "meiner" Gruppe Neulinge oft auch wirklich gut beraten. Nicht immer ganz nett formuliert, aber da gibt es auch durchaus mal "klare Kante" bei Dingen, die so gar nicht gehen. Das schätze ich sehr. Seit dem ich einen sichtlich erschöpften kleinen Hund vor dem Sacco in einer anderen Gruppe gesehen habe, es als "tolle Leistung" angesehen wurde und als "selbstverständlich schafft der das" noch viel mehr. Auf meinen Einwand mit meiner EIGENEN Zugerfahrung wurde mir dann geantwortet, ich müsste einfach nur schneller laufen, weil wenn man langsam läuft, dann würde man es ja immer neu anziehen. Ah ja! Gut zu wissen mit welchen Argumenten solche Leute das Verheizen ihres Hundes vor sich und anderen rechtfertigen und dafür noch Applaus bekommen. 

In "meiner" Gruppe hätte ich zu dem Bild und dem Posting mindestens 5 Meldungen mit "lösch das bitte, das ist kein Vorbild!" bekommen und es wären sehr, sehr klare Worte gefallen. Wobei ich das Bild nicht gelöscht hätte, sondern sehr klar kommuniziert hätte, dass ich es wichtig finde, wenn auch schlechte Beispiele gezeigt werden. Das habe ich schon öfters so gehandhabt, denn man lernt an schlechten Beispielen eine ganze Menge, wenn diese gut erklärt werden!

Weil es aber immer wieder Fragen dazu gibt, wie ich das Sacco ziehe, jetzt noch eben ein paar gewünschte Antworten dazu:

"Für wieviel Kilo ist der Wagen ausgelegt?" Laut Hersteller ist der Wagen für bis zu 150 kg auf unebenem Gelände ausgelegt. Da der Wagen aber selbst etwa 30 - 35 kg wiegt, wäre die Gesamtlast dann rund 180 kg. Das kann ich einem Shetty zumuten, für normale Hunde fände ich es aber durchaus eine enorme Zumutung. 

"Habt ihr eine angepasste Sitzschale?" Nein, haben wir nicht. Das Sacco-Cart hat so eine Art einfachen Gartenstuhlsitz, da haben wir eine normale Stuhlauflage drauf und wenn das Wetter kühler ist, auch den Rollischlupfsack. Das ist dann allerdings etwas "tricky". 

"Wo habt ihr das Sacco her?" Wir haben es als Leihgabe bekommen, was absolut klasse ist. Mit ein bisschen Glück findet man auch immer mal welche auf Ebay oder über entsprechende Gruppen auf Facebook. Mehr Infos findet ihr beim Hersteller unter saccowagen.ch

"Ihr könnt doch einen Motor dran bauen!" - Da es keine durchgehende Achse hat, ist das gar nicht so einfach. Aber selbst wenn es einfacher wäre, würde ich das nicht wollen. Denn ein Motor würde zwar Schubkraft liefern, wäre aber auch wieder zusätzliches Gewicht und vor allem zusätzliche Anschaffungskosten, und empfindlich. Ich denke, es ist gut, so wie es ist. Wir sind meistens sehr leise unterwegs, was zu tollen Naturerlebnissen führt und alles Andere ist auch Trainingssache. Es bringt mich an Grenzen und darüber hinweg - und wenn wir so eine Tour hinter und haben und es anstrengend war, dann bin ich auch wirklich stolz, das geschafft zu haben. 

Egal wie alle ich bin. Aber das, das habe ICH geschafft. Das ist ein Stück UNSERER Normalität, UNSERES Lebens, etwas, das UNS wichtig ist und für UNS Teilhabe bedeutet. Denn es ist das Eine, wenn jeder sagt: "Uh, natürlich sollen Behinderte am normalen Leben teilhaben dürfen!" - und es ist das Andere, dann auch den Mehraufwand mit zu wuppen. Sobald es unbequem oder anstrengend wird, sind nämlich dann alle weg. 

Die Zeiten, an denen irgendwer Nick außerhalb einer Klinik  im Rolli mehr als 5 Meter geschoben hat, die kann ich auch nach einem Jahr noch an einer Hand abzählen. Das könnte ich es ohne Corona übrigens auch. 


Dienstag, 4. Mai 2021

Von Sprache & Handeln

In einem Wohnheim für Behinderte sind vier Bewohner ermordet worden. Viele Menschen mit Behinderung regen sich in den sozialen Medien darüber auf, wie darüber berichtet und gesprochen wird. Auch viele Angehörige von Behinderten oder Menschen, die mit Behinderten arbeiten melden sich kritisch zu Wort. Es werden vor allem drei Dinge angeprangert:

  1. Es wird zu wenig darüber berichtet

  2. Wenn darüber berichtet wird, geht es vor allem um die Täterin. Nicht um die Ermordeten.

  3. Wenn es um die Ermordeten geht, dann wird die Tat verharmlost und es wird auf eine

    Sprache oder auf Ansichten zurückgegriffen, die auch in der NS-Zeit benutzt wurde und

    die damals die Ermordung von Behinderten als „gute für die Gesellschaft“ darstellte.

Sicherlich dauert es im Normalfall einige Jahrzehnte, bis sich in den Köpfen der meisten Menschen Dinge ändern. Bis sich Denkmuster und damit oft verbundene Redewendungen ändern. Wenn so etwas viele Menschen betrifft, geht das eigentlich relativ schnell. So sagt kaum noch jemand „Fräulein“ als Anrede. Der Begriff „Fräulein“ wurde 1971 per Erlass abgeschafft. Zwar wurde ich noch in der Schule und Ausbildung in den 80ern so angesprochen – aber mittlerweile wird er nicht mehr benutzt.

Auch solche Sachen wie „der/die braucht nur mal eine Tracht Prügel“, was früher wirklich oft zu hören war, gibt es nur noch selten zu hören. Wenn man es hört, weiß man gleich, an was für einen Menschen man geraten ist. Seit 2000 haben Kinder das Anrecht auf eine gewaltfreie Erziehung. Das „Züchtigungsrecht des Ehemannes“ wurde schon 1928 abgeschafft, die Vergewaltigung in der Ehe war bis 1992 straffrei. Danach wurde sie nur verfolgt, wenn die Frau ihren Mann dafür angezeigt hat. So etwas nennt man „Antragsdelikt“. Erst ab 2004 ist es ein „Offizialsdelikt“ und wird selbstständig vom Amts wegen verfolgt und geahndet.

Alles das hat sich mittlerweile in unserem Denken geändert. Damit hat sich auch der Sprachgebrauch geändert. Weil so ziemlich jeder mittlerweile weiß, das Gewalt keine Lösung ist und derjenige, der schlägt oder vergewaltigt, vor Gericht landen kann. Wenn sich das Denken und der Sprachgebrauch ändern, dann ändert sich auch das Handeln. Denken und Sprachgebrauch können sich aber erst dann in einem wirklich großen Umfang ändern, wenn immer und immer wieder über etwas gesprochen wird und viele Menschen es vorleben.

Natürlich wird auch viel über Behinderte gesprochen. Es gab auch in den letzten Jahrzehnten schon viele Verbesserungen. Aber es gibt mindestens ebenso viele Dinge, die behinderte Menschen und ihre Zugehörigen betreffen, die sich noch nicht geändert haben. Im März 2009 hat Deutschland die UN-Behindertenrechtskonvention unterschrieben und sich damit verpflichtet, sie umzusetzen. Das ist 12 Jahre her. Nach wie vor wird ein großer Teil der Umsetzung einfach verschlurt und die Mahnungen der UN werden ignoriert. Hauptsache, man kann sagen: „Wir haben die aber unterschrieben!“. Eine UN-Konvention unterschrieben zu haben, macht viel Eindruck – was sie beinhaltet, interessiert allerdings nur die wenigsten Menschen. Das ist letztlich eine geschickte Taktik um Menschen zu täuschen.

Wäre es eine UN-Autofahrerkonvention – sie wäre binnen weniger Jahre umgesetzt worden und Millionen von Fußballexperten, die gerade zu Virologen und Impfexperten umgesattelt haben wären dann tatsächlich sehr fit im Thema „UN-Autofahrerkonvention“ und würden der Politik den Hintern heiß machen, damit bloß ihre Rechte gewahrt werden. Dafür würde auch die Automobilindustrie sorgen. Zumindest in den Bereichen, wo sie sich nicht selbst das Wasser abgräbt.

Aber was hat das jetzt mit den ermordeten Menschen aus dem Behindertenwohnheim zu tun? Sehr viel! Denn nach wie vor haben behinderte Menschen keine Lobby.

Also werden sie übergangen. Es wurde weit mehr über die Täterin berichtet als über die Opfer. Dabei wurde immer wieder herausgestellt, dass Menschen, die sich um Behinderte kümmern „viel leisten“. Solche Menschen sind „Helden“, „Heroen“, „Barmherzig“, „Berufen“ und es fallen Wörter wie „Mitleid“ und „Überforderung“ oder „Aufopferung“. Aber auch so Dinge wie „Erlösung“, „schweres Leid“, „traurig“ oder „im Himmel seid ihr frei“ kommen vor. Schlimm auch „meine Kinder“ wenn Pflegekräfte von erwachsenen Behinderten sprechen, um die sie sich in Wohneinrichtungen kümmern oder dass es auch hieß „in einem Krankenhaus wurden vier Behinderte ermordet“.

Wenn ich mir Berichte von Tierschützern durchlese, die Streunerhunde oder so aufsammeln und Tierheime haben, dann bekomme ich eigentlich die gleichen Begriffe in ähnlicher Konstellation genannt.

Viel Schlimmer: 1940 wurde die Aktion T4 beschlossen. Das hat nun nichts mit dem VW-Bus zu tun, sondern mit der gezielten Ermordung tausender Behinderter im 3. Reich. Weil man befand, sie wären „unwertes Leben“ und würden der Gesellschaft nur unnötig zur Last fallen und unnötig Geld kosten. Es wurde die Einstellung zementiert, dass Behinderte „traurig“ wären, ein „schweres Leid“ hätten, „unglücklich wären“ weil sie doch behindert sind und es einfach nur eine Qual für diese Menschen wäre, am Leben zu bleiben. Natürlich ging es auch um sehr viel Geld. Denn es wurde genau ausgerechnet, was so ein behinderter Mensch in seinem Leben monetär leisten kann da gegenüber gestellt, was er dem Staat kostet und wie viele Familien mit gesunden Kindern man von dem Geld unterstützen könnte. 



1940 ist nun über 80 Jahre her. Aber dennoch hat sich in den Köpfen vieler GESUNDER Menschen seit Jahrzehnten nach wie vor einiges von der Denkweise und der Argumentation aus dem 3. Reich eingenistet und wird völlig selbstverständlich benutzt – und an den Wörtern und Redewendungen, die nach wie vor einfach ohne viel nachzudenken benutzt werden, sieht man letztlich auch sehr gut, welche Stellenwert Menschen mit Behinderung in unserer Gesellschaft tatsächlich haben.

Es ist jetzt nicht nur die Ermordung dieser vier Menschen aus dem Oberlinhaus, die es zeigt. So ziemlich jeder Mensch mit Behinderung bekommt es mit. Je fitter er im Kopf und je selbstbestimmter er leben kann, desto mehr. Die Eltern von behinderten Kindern bekommen es mit und mitunter gibt es innerfamiliäre Dramen, wenn einige Leute der Familie mit Ansichten aus dem 3. Reich aufwarten. Oder vermeintliche „Freunde“.

Als Nick nach dem ersten Hirntumor im Wachstum stehen geblieben ist, erklärte mir sein damaliger Arzt „der braucht Wachstumshormone, der bleibt zu klein. Kleinwüchsige Menschen haben keine Lebensqualität!“. Für einen Menschen von etwa 1,85 Meter Körpergröße und vor allem für einen Arzt ist das schon eine ziemlich harte Aussage! Ich meine, da hat man sein Kind, dass just einen Hirntumor überlebt hat, eigentlich noch auf der Kippe steht und dann kommt da so ein Arzt an und behandelt einen als ob das Kind nur ein Versuchskarnickel wäre und keinen Wert hätte. Weil es SEINEN Ansprüchen an einen Menschen nicht genügt. Der Kerl hatte nach der Aktion bei mir den Spitznamen „Doktor Mengele“ weg und ich habe oft überlegt, ob der echte Doktor Mengele einer seiner Vorfahren war.

Ich habe damals dann in einem Forum für Kleinwüchsige Hilfe gesucht. Ein ganz wunderbarer Mensch mit niedrigerer Körperhöhe hat ungefähr eine halbe Stunde lang recherchiert um meine Telefonnummer herauszufinden und wir haben uns wirklich sehr lange unterhalten. Er hat mir dann von seinen Erfahrungen, auch als Familienvater, erzählt. Das, was Ärzte ihm und seiner ebenfalls kleinwüchsigen Frau geraten und vor den Kopf geknallt haben. Auch das hatte sehr viel mit der Einstellung gegenüber Behinderten im 3. Reich zu tun.

Ich mache den Zirkus bislang „nur“ rund 19 Jahre als Mutter mit. Andere Eltern und Behinderte schon viel, viel länger. Von fast jedem hört man irgendwann „da hat sich nicht wirklich viel geändert!“. Auch Eltern von behinderten Kindern, die noch relativ jung sind, bekommen die tatsächliche Einstellung der Gesellschaft gegenüber Behinderten mit voller Wucht zu spüren. Das macht Angst. Es sollte eigentlich jedem Angst machen. Unbehindert zu sein, ist nichts, was einem ein ganzes Leben lang automatisch zusteht. Es genügt ein Bruchteil einer Sekunde, das zu ändern! Es kann auch die Folge einer Erkrankung sein.

Gerade Covid-19 hat für viele Menschen, die es bekommen und überleben, lebenslange Einschränkungen als Folge. Auf Twitter erzählt „Emergency Doc“ immer wieder von Fällen, wo Menschen selbst nach einem milden Verlauf schwere Organschäden oder Schlaganfälle bekommen haben. Die sind dann lebenslang behindert. Das sind nicht nur Einzelfälle, das sind sehr, sehr viele Menschen! Es ist auch nicht nur Emergency Doc, der davon erzählt, es gibt noch andere Ärzte und Pflegekräfte, Physiotherapeuten etc. die immer wieder von Fällen berichten, wo Covid zwar irgendwie überstanden wurde, die Menschen als „genesen“ gelten, aber für den Rest ihres Lebens mit irreversibel kaputten Organen leben müssen. Egal ob Lunge, Leber, Niere oder Hirn. 

Allein die Tatsache, dass manche Leute sagen: "Ach, dieser Mensch hatte schon eine VORerkrankung" und damit Menschen abwerten und ihren Tod quasi völlig in Ordnung finden ist ziemlich gruselig. Diese Menschen könnten ihre Eltern oder Großeltern sein, die besten Freunde, Kinder, Arbeitskollegen oder was und wer auch immer.  "Ach, der hatte eine Vorerkrankung" bedeutet ja auch: Bluthochdruck, Herzprobleme, Diabetes, Übergewicht, transplantiert sein, Demenz, Parkinson, Epilepsie, Asthma, Migräne, Krebserkrankung, Raucherlunge, Alkoholprobleme und viele, viele Dinge mehr! Sich da selbstgefällig hinzustellen und zu erklären, dass solche Menschen ja eh weniger Wert sind ist an Gefühlslosigkeit kaum noch zu überbieten!

Wer sorglos damit umgeht, Behinderte als „schwer leidend“ zu bezeichnen, denkt, dass Behinderte „erlöst“ werden, wenn sie sterben (oder brutal ermordet werden), „keine Lebensqualität haben“, wer der Auffassung ist „Behinderte sind immer so dankbar“ und „wie Kinder“, wer denkt es ist „Aufopferung“ sich um solche Menschen zu kümmern, das man dazu „berufen sein muss“ und diesen ganzen Krempel, der sollte sich spätestens jetzt dann mal Gedanken darüber machen, ob seine Denkweise und seine Ansichten wirklich noch zeitgemäß sind.

Denn jetzt ist es ja nicht nur ein Autounfall, vom Pferd zu fliegen, beim Skifahren auf einen Stein zu krachen oder bei Baden zu ertrinken was so klassisch als „wenn mir das passiert, kann ich für den Rest des Lebens behindert sein" das als Schreckensszenario über den „Gesunden“ schwebt. Es ist ein mieses kleines unsichtbares Virus, das ganz ohne viel sportliche Action oder Unfalldrama dafür sorgen kann, dass man plötzlich zu den Menschen gehört, die man immer irgendwie abgewertet hat. Wo man vielleicht insgeheim dachte: „Sozialschmarotzer! Die leisten ja nichts! Braucht kein Mensch, so etwas!“. Die Folgekosten der Pandemie für solche Menschen werden exorbitant sein. Und ein Ende von Corona ist noch gar nicht abzusehen!

Zusammen mit den Senioren, die zunehmend mit Einschränkungen durch Herzproblemen, Demenz, Diabetes, Parkinson oder Brüchen und so weiter zu tun haben, steuern wir gerade auf eine Gesellschaft zu, die in wenigen Jahren aus sehr, sehr vielen Menschen mit körperlichen und gesundheitlichen Einschränkungen bestehen wird. Binnen weniger Jahre werden tausende Menschen dazu kommen, wo es vorher vielleicht ein paar hundert gewesen wären – in einem System, das schon seit Jahren am Limit läuft.

Spätestens DAS sollte auch dem letzten Bürger langsam Angst machen. Heute habe ich irgendwo gelesen „wir sind hier nicht in Indien, wir sind in Deutschland!“. Tja, das mag ja sein. Aber wenn viele nach-Covid-Patienten aufgrund ihrer Lungenschäden dauerhaft unterstützend Sauerstoff benötigen, dann leben wir zwar in Deutschland, haben aber irgendwann das Problem, dass bei weitem nicht genügend ausgebildetes Personal gibt, das den enormen Anstieg von Menschen mit Sauerstoffversorgung wuppen kann. Es mag ja sein, dass man da viele Sachen auch selbst lernen kann. Aber sobald eine unvorhergesehene Situation kommt, ein Ventil kaputt geht, die Flasche plötzlich leer ist, etwas verstopft oder was auch immer, werden wir auch in Deutschland Menschen haben, die elendig zu Hause oder auf der Straße ersticken. Weil niemand schnell erreichbar ist, der es beheben könnte.

Aber ich bin sicher, dass dann die tausenden Fussballexperten, die in einem Blödzeitungsstudium binnen weniger Wochen zu Virologen und Impfstoffexperten umgeschult haben sich dann erheben, auf ihren Weber-Gasgrill weisen und sagen: Flasche ist Flasche, Sauerstoff kann ja nicht viel anders sein als Flüssiggas und es selbst regeln. Weil, sie sind ja schließlich Experten! 












Montag, 3. Mai 2021

Wieder geländegängig!

Es hat mich ja mehr und mehr genervt, dass wir mit dem neuen Rolli dann letztlich doch nur sehr begrenzt etwas machen können. Über Winter und mieses Wetter war das nicht ganz so derbe schlimm, aber so ab März / April hätten wir anderswo schon echt wieder irgendwelche Touren durch die Pampa gemacht. Okay, das haben wir auch versucht, aber wir sind mit dem Rolli halt jämmerlich gescheitert.

Zweite Tour: Eleonorenwald!
Wir haben sowohl Sandweg als auch Asphaltstrecke zur Auswahl

Also habe ich wieder überlegt. In Indien gibt es Rikschas, die von Hand gezogen werden. Gute Idee! Aber a) indische Rikschas sind riesig, aus Holz, sauschwer... und hier natürlich nicht zu bekommen. Dann habe ich überlegt: „So ein Ponysulky!“ Wobei es eigentlich scheißegal gewesen wäre, welche Definition man bei „Pony“ dann zugrunde legt. Als wir damals unser Shetty hatten, wollte ich auch so ein Ding haben und habe gegoogelt. Nun ja, es ist bestimmt sehr „interessant“ wenn Eltern ihren Kindern erklären müssen, warum da nun ein fast nackter Kerl mit Pferdemaske eine Kutsche mit einer fast nackten Frau drauf durch den Grunewald zieht.


Ziel im Eleonorenwald: Die Schutzhütte
War nicht weit, aber eindrucksvoll!

Letztlich habe ich damals meinen Papa gebeten, uns eine Kutsche zu bauen. Der kann schweißen, hat als Kind mit einem Pferd vor dem Wagen auf dem Bauernhof gearbeitet. Der kann auch Kutschen bauen! Hat er auch. Würde er heute noch fit genug sein, hätte er uns einen Sulky geschweißt.  Dessen bin ich mir sicher. Ist er aber nicht mehr und der übliche Shettysulky war dann zu groß und zu schwer.

Wieder beim Auto. 
Joey läuft am Besten wie üblich vor mir. 

Ich betreue aber letztlich auch die größte Zughundesportgruppe auf Facebook. Ich dachte, es ist einen Versuch wert, auch wenn es am eigentlichen Thema ja etwas vorbei ist. Aber viele Leute sehen halt mehr als ich alleine. Das war vor knapp zwei Wochen und es gab wirklich unglaublich rührende Reaktionen – und wir haben ein Sacco-Cart als Leihgabe bekommen! Das ist dann freitag mittag aus Bayern hier angekommen und hat sogar zwei Pulkascheren dabei. Joey fand es ganz spannend – aber er ist zu klein und zu leicht fürs Cart. Ein Hund sollte mindestens 50 cm groß und so ab 30 / 35 kg schwer sein um es zu ziehen.

Gestern in Augustendorf. Zugtiergespanne verboten.
Wenn mich jemand als blöde Kuh beschimpft, sind wir aufgeflogen! 

Nicht sicher war ich, ob ich beim Berlingo eine Sitzbank ausbauen muss, damit es hinein passt. Brauche ich nicht, es passt auch so und es bleibt auch noch ausreichend Platz für Joey. Mittlerweile haben wir die 3. kleine Tour mit dem Sacco-Cart gemacht. Dabei tüfteln wir vor allem an der optimalen „Anspannung“ für mich – und auch, wenn das Sacco sich tatsächlich recht leicht ziehen lässt – es ist dann doch ungewohnt und damit erst einmal etwas anstrengend.

Da es anderswo zum Glück relativ üblich ist, dass Menschen mehr als Bollerwagen ziehen und die Wanderwagen oder Pulkas auch nicht ausschließlich mit der Hand gezogen werden, kann ich dort auch Dinge abgucken. Heute haben wir dann ob des Wetters noch den Fußsack mit aufs Cart gepackt, auch das ist kein Problem und den Wanderrucksack kann ich hinten dran hängen. Auch sehr gut! Ebenfalls haben wir heute die ersten Schlaglöcher auf Waldwegen getestet. Aus dem Rolli hätte es Nick komplett rausgehauen, so war es ein bisschen ruckeln und gut.




Freitag, 16. April 2021

Neues von der Wurmiefront!

Unsere Kompostwurmfarm, liebevoll "die Wurmies" genannt, existiert nun seit Februar. (Klick mich, ich bin ein Link). Während das auf der einen Seite nicht viel Zeit ist, ist es auf der anderen Seite schon ganz schön lange. Weil die Würmer die hellen Eimer irgendwie doch eher ziemlich doof fanden, habe ich Euro-Boxen bestellt. Wenn man sich ein bisschen bei anderen Wurmfarmbesitzern umschaut, findet man ganz verschiedene Farm-Modelle: von alten Fisch-Styroporboxen über Maurerbottiche, Holzkisten und so weiter. Euro-Boxen haben mir am Besten gefallen. Die gibt es in verschiedenen Größen und Höhen, sie lassen sich problemlos stapeln, sind lebensmittelecht und leicht zu reinigen. Mit ab-in-die-BOX habe ich dann auch einen Anbieter gefunden, dessen Preise einen nicht sofort in den Ruin treiben. 


graue Plastikboxen mit Erde, Möhrenschalen und Würmern
Die neue Wurmfarm in Euroboxen

Hier kam dann ein wirklich GROSSES Paket mit Boxen an. Allerdings sind die Boxen selbst von der Grundfläche her etwa so groß wie Zeichenblöcke, also 30 x 40 cm. Aber ich brauchte noch welche für die Küche und für die Werkstatt. Die Wurmies haben 3 von den Kisten bekommen. Eine ganz flache für ganz unten, die hat nur an den Seiten ein paar Luftlöcher und ist ansonsten Auffangbecken für alles, was durch die Bodenlöcher der mittlersten Kiste fällt. Das ist sowohl immer mal Komposterde, die durchkrümelt als auch Würmer, die denken, da unten wäre es besser. Die beiden oberen Kisten haben verschieden große Bodenlöcher und kleine Lüftungslöcher an den Seiten. Gefüllt wurden die Kiste mit dem Inhalt der Eimer. Dann kam die zweite Hanfmatte oben drauf und die Würmer durften sich einleben. Durch die Hanfmatte wird die Feuchtigkeit gehalten, was für die Würmer sehr wichtig ist.  Würmer lieben die Hanfmatten, arbeiten sich auch immer quer durch und zersetzen diese zu Humus.

Nick mit dem Digitalmikroskop
Nick mit dem Digitalmikroskop
hier beim Sprossen untersuchen

Das ist jetzt ein paar Wochen her und den Würmern gefällt es definitiv viel besser in den dunklen Kisten. Auf der oberen ist mittlerweile ein richtiger Deckel mit Luftlöchern und das Klima in den Kisten wurmfreundlich feucht, aber nicht so nass, das "Wurmtee" - also Sickerwasser - anfällt. Es gibt Wurmfarmhalter, die ihre Kisten so feucht halten, dass dieser "Wurmtee" anfällt, den sie dann verdünnt zum Düngen nehmen. Nachdem ich gesehen habe, WIE NASS die Kisten dafür sein müssen, habe ich es gelassen. 

Wer Amazon Prime hat und "nicht das Übliche"
sehen möchte "Unsere große kleine Farm"

Wobei es durchaus sehr spannend war in einer Dokumentation zu sehen, wie mit Hilfe einer wirklich RIESIGEN Wurmfarm die mit einem Radlader befüllt wurde (!) in Kalifornien über 80 ha verdorrter und steinharter Boden binnen weniger Jahre eine grüne Oase wurde. Ich war einfach nur neugierig auf den Film "Unsere große kleine Farm" bei Amazon, der berichtet, wie ein Paar sich eine Farm aufgebaut hat und es war einfach unglaublich beeindruckend, was sie tatsächlich geschafft haben - auch trotz vieler Rückschläge und Niederlagen und einer enormen Bedrohung ihrer Existenz. Manchmal habe ich gedacht: "Boah, die spinnen doch TOTAL!" und dann wurde gezeigt, wie sich innerhalb weniger Jahre das Land von einer Steppe zu einem blühenden Paradies verändert hat, harter toter Boden wieder voller Leben war. Auch mit Hilfe von Kompostwürmern. Das war schon ziemlich beeindruckend. 

Die Wurmies bei uns haben sich schon gut vermehrt und in der mittlersten Kiste ist eigentlich schon fertiger Wurmhumus. Aber der bleibt da auch noch drinnen bis er tatsächlich im Garten gebraucht wird. Denn zu den wichtigen Bestanteilen gehören viele Kleinstlebewesen, die es feucht und nicht frostig brauchen. Außerdem wohnen da auch noch viele Würmer drin. Es gibt Würmer in allen Altersstufen und von eher träge bis ganz schön agil und wehrhaft. 

Vor einigen Tagen habe ich rund 200 Würmer in die obere Kiste gepackt, wo der Bioabfall hinein kommt, damit sie sich entscheiden können, ob sie lieber oben bleiben und im Schlaraffenland leben oder lieber unten die Erde durchpflügen wollen. Viele Würmer sind oben geblieben, aber es gibt immer auch welche, die in die mittlere Kiste abwandern. Nach der Aktion mit dem Würmer in die obere Kiste packen, habe ich dann einige Wurmkokons gesammelt und in eine Petrischale getan. Ich wollte mir unter dem Mikroskop angucken, wie diese winzigen Teile dann tatsächlich aussehen. So: 


Mikroskopaufnahme von Wurmkokons und Erdkrümeln mit kleinen Lebewesen
Drei Wurmkokons und viele Kleinstlebewesen
auf etwa 1,5 Millimeter (da liegt ein Maßband drunter)

Was dann so unter dem Mikroskop zu sehen war, daran lasse ich euch gerne teilhaben. Denn ich denke, es ist das Eine, zu wissen "unter unseren Füßen leben viele Kleinstlebewesen, die wichtig sind!" und dann tatsächlich zu erleben, was dort wimmelt. Wobei - so ein Digitalmikroskop ja begrenzt ist und die Bodenfauna bis zur sogenannten "Mesofauna" zeigt. Das sind Lebewesen von 0,2 - 2 Millimeter. Alles, was darunter ist, sehe ich nicht, auch wenn das sicherlich ebenfalls sehr spannend wäre und noch viel mehr ausmacht. 


Wurmkokon mit schon sichtbarem Wurm
das erkennt ihr an den feinen roten Linien

Die hellen Wurmkokons sind noch relativ frisch abgestreift. Da sieht man noch nicht viel drin. Bis sich so ein Wurm entwickelt, dauert es etwa 20 Tage. In der Zeit wird der Kokon dunkler und man kann mehr und mehr den sich entwickelnden Wurm und wie er sich in seinem Kokon bewegt betrachten.

Hier schaut ein Wurm aus dem Kokon!

Manchmal schauen die Würmer auch vorher, ob es ihnen außerhalb des Kokons überhaupt gefällt :-) . Aber einen Tag später war der Kokon dann mit Luftblasen gefüllt und der Wurm ausgezogen, die Welt um ihn herum zu entdecken! 

Leerer Kokon mit Wurm daneben 
und Kokons mit Würmern darin

Frisch geschlüpft sind die Würmer dann sehr durchsichtig. Man erkennt ihre Segmente und die Blutversorgung auf dem Rücken als rote Linie - also das, was man auch durch die Kokonhülle dann schon erkennen kann. Sie entdecken erst einmal ein bisschen ihr Umfeld und müssen wahrscheinlich auch erst einmal lernen, was tatsächlich essbar ist für sie. Was sie dann aufgeschlürft haben, sieht man insbesondere bei den Babiewürmern ganz gut. Auf dem oberen Bild hat er etwas gefressen. 

Wo ich mich zwei Tage lang noch über wirklich viel Gewimmel freuen konnte, war heute unter dem Mikroskop kaum welches zu sehen. Die Springschwänze waren fast alle weg - und die Erklärung kann eigentlich nur sein, dass sie gefressen wurden. Das gehört zum Kreislauf nun einmal dazu. Die Springschwänze, selbst Angehörige der "Bodenpolizei", die totes Material zersetzt und für andere Mikroorganismen oder eben auch für Würmer damit verdaulich macht, werden selbst gefressen und damit wieder Teil des Nahrungskreislaufes. Zum Einen für die Milben, die die Viecher wahrscheinlich gefressen haben (obwohl ich mir echt nicht sicher bin, ob das nicht doch der Wurm war, denn seit der da ist, gibt es keine mehr) und mit den Ausscheidungsprodukten dann wieder für die Pflanzen, die sich ihre Nährstoffe holen. Da gibt es auch spannende Symbiosen, wo Bäume sich regelrecht Milben halten, damit diese denen die Springschwänze vom Stamm fressen. 

Springschwanz im Millimeterraster

Aber auch in der Wurmkiste leben Würmer nicht ewig und wenn sie sterben, werden auch sie wieder ein Teil des Nahrungskreislaufes. Heute habe ich dann mal einige Proben aus der oberen Kiste geholt und mir die unter dem Mikroskop angeschaut. Dass die LED´s zum Teil so sternförmig auf den weißen Milben spiegeln, liegt dann daran, dass ich die Proben in einer geschlossenen Petrischalen habe. Also das, was ihr hier in groß und ekelig seht, würdet ihr im Normalfall komplett übersehen, weil es nur etwa 2 Zentimeter vertrockneter Schalenrest in tatsächlicher Größe sind, die im Normalfall irgendwo auf dem Boden herumliegen: 


So, das war ein kleiner Einblick in das, was sich bei den Wurmies und letztlich oft unter unseren Füßen tut. Ohne guten Boden und damit einem guten Bodenleben wären wir letztlich nichts. Denn all diese kleinen Tiere, Pilze und Bakterien im Boden sorgen dafür, dass totes organisches Material zersetzt und wieder zu Nährstoffen wird. Es ist im wahrsten Sinne des Wortes die Grundlage für unser Leben und es gibt nichts, durch was es ersetzt werden könnte! 




Samstag, 3. April 2021

Ostern im „Jupp an der Latt“-Land. Eine Art Predigt.

Wir schreiben das Jahr 2021 nach Christus. Es ist Ostern, und damit der höchste Feiertag der Christen, auch wenn die meisten Christen eigentlich immer denken, das wäre Weihnachten, weil da das Bohei viel größer ist. Nein, es ist Ostern. Der Tag der „Wiederauferstehung“ von Jesus.

Wir haben Ostern 2021, es herrscht Corona und ein Bild mit einer Grabhöhle, einem weggerollten Stein und dem Text „Lockdown hat auch vor über 2000 Jahren schon nicht hingehauen!“ hat irgendwie etwas für sich.

Wir leben nun schon fast 6 Monate im „Jupp an der Latt“-Land. Ich meine, viele Freunde und Bekannte aus Neuruppin und Umgebung können es sich wahrscheinlich nicht vorstellen, dass hier in der Gegend überall Kreuze stehen, an denen ein Mensch hängt. Jesus. Es sind hunderte solcher Dinger, egal ob an Hauptstraßen, Nebenstraßen, klein, groß, riesig, aus Stein, Holz oder Materialmix, mit Dach, ohne Dach mit Blumenbeet oder ohne. Man entkommt ihnen einfach nicht.

Was Viele eher nicht wissen ist, dass ich vor vielen Jahren lange in einer Kirchengemeinde mitgearbeitet habe. Glauben kann richtig toll sein und wir hatten in Ofenerdiek mit Christoph und Carola, Frieder dem Jugenddiakon und Herby dem Leiter vom Missionarischen Zentrum ein absolut tolles Team. Ich habe Vorkonfirmanden unterrichtet (das ist quasi Katechumenenunterricht), Gottesdienste mit gestaltet und die Mädels haben bei Kindermusicals mitgemacht. Das Highlight eines der Musicals war Rudolf, das Kamel auf dem man sogar reiten konnte und dass dann quer durch die Kirche gerollt ist. „Ich dachte, du malst eines aus Pappe und schneidest das dann aus...“ kam, nachdem Rudolf in die Kirche gebracht wurde. Zusätzlich war ich 13 Jahre bei einem Frauengesprächskreis, der ein Ableger vom Frauenfrühstück ist.

Glauben ist mir wichtig. Es ist ein maßgeblicher und wichtiger Teil meines Lebens.

Schon immer gewesen.

Aber: ich für mich bin in all den Jahren auch mit dem Glauben gewachsen. Die Art und Sichtweise hat sich in dem Maße geändert, wie ich angefangen habe, Dinge zu hinterfragen. Auch das fällt hier im „Jupp an der Latt“-Land auf: Die Kirche und ihre jahrhundertealten Ansichten werden nicht hinterfragt. Ein Buch, das mehrere hundert Jahre alt ist, hat immer noch Gültigkeit – gut, das Alte Testament lässt man lieber mal aussen vor, aber das Neue Testament und damit „alles rund um Jesus“ dass ist so wie es da steht für die Ewigkeit.

Aber gleiche Leute hinterfragen durchaus und mit völliger Überzeugung einen Wissenschaftler, der jahrelang studiert und geforscht hat und als Experte weltweit anerkannt ist, wenn es um Virus wie Sars-Covid geht. Gar kein Ding, da sind sich selbst Leute die nie mehr als eine 5 in Bio hatten und einen Abschluss der Lernhilfeschule haben, nicht zu schade zu, den in Frage zu stellen und alles besser zu wissen oder Ärzten Lügen vorzuwerfen, die 24-Stunden-Schichten an der Corona-Front schieben.

Meine Tochter ist aus der Kirche ausgetreten. „Ich kann damit nichts mehr anfangen!“. Eine gute und ehrliche Entscheidung und sinnvoll investiertes Geld. Denn damit ist sie auch so ehrlich für immer auf die beliebten Theaterstücke der U-Boot-Christen wie Kindertaufe, kirchliche Hochzeit und kirchliches Begräbnis zu verzichten „weil man das so macht, es eine Feier ist und die Fotos nachher im Album schön aussehen!“. Ich bin sicher, Jesus wäre total begeistert von so viel Ehrlichkeit, Rückgrad und Konsequenz meiner Tochter. Selbst wenn sie nicht an ihn glaubt.

Ich werde es ihr nachtun, auch wenn ich bislang eher etwas bequem war und dachte: „Na ja, Junior ist in einer christlichen WfbM und ich bezahle ja keine Kirchensteuern!“. Aber je länger ich hier im „Jupp an der Latt“-Land mit all den Folterbildern meines mit besten Freundes konfrontiert werde, desto mehr denke ich darüber nach, was mir diese Freundschaft tatsächlich bedeutet.

Wieviel Wert hat es, zu sagen „Jesus ist mein Freund, wenn es mir scheiße geht, ist er für mich da!“ - und auf der anderen Seite so konsequenzenlos völlig egal zu finden, dass die Leute ihn hundertfach als Folterstandbild in ihre Gärten stellen? Ist Glauben und Freundschaft nur eine Einbahnstraße?

Denn nichts anderes ist so ein „Jupp an der Latt“. Ein Bildnis eines fast nackten Menschen, der schwer gefoltert wurde. Den man verletzt und verspottet hat. Der so lange mit schweren Wunden an einem Kreuz hing, bis er starb oder mindestens das Bewusstsein verloren hat. Er ist mein Freund. Einer meiner besten Freunde. Was wäre ich für eine Freundin, wenn mich das nicht mehr und mehr stören würde?

Artikel 1 des Grundgesetzes besagt: Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt. (2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

In Gerichten wird man bei einer Vereidigung gefragt, ob man auf die Bibel schwören will. Damit ist klar, dass die Justiz auch den Glauben berücksichtigt und die Existenz von Gott und letztlich auch Jesus und Maria anerkennt. Denn sonst würde man ja auch nicht auf die Bibel schwören dürfen.

Die Würde des Menschen endet nicht mit dem Tod". Ein starker Satz! Dazu gibt es eine ganz interessante Ausarbeitung des Wissenschaftlichen Dienstes im Deutschen Bundestag*. In dieser steht unter Anderem: „Nach einer weiteren Ansicht wird der Schutz der Menschenwürde zwar durch den Tod beendet, gleichzeitig gelte das Gebot der Menschenwürde aber als grundsätzliches Prinzip der Werteordnung des Grundgesetzes auch über den Tod hinaus fort.“,

Ebenso findet man dort auch etwas zu „erniedrigenden Darstellungen“ und zwar: „mit dem verfassungsverbürgten Gebot der Unverletzlichkeit der Menschenwürde, das allen Grundrechten zugrunde liegt, unvereinbar sein, wenn der Mensch, dem Würde kraft seines Personseins zukommt, in diesem allgemeinen Achtungsanspruch auch nach seinem Tode herabgewürdigt oder erniedrigt werden dürfte. Dementsprechend endet die in Art. 1 Abs. 1 GG aller staatlichen Gewalt auferlegte Verpflichtung, dem Einzelnen Schutz gegen Angriffe auf seine Menschenwürde zu gewähren, nicht mit dem Tode.“**

Alles das besagt letztlich, dass jedem Menschen auch nach seinem Tod Würde zusteht. Ein Folterbild wie das von „Jupp an der Latt“ ist aber nichts, was auch nur im Entferntesten etwas mit Würde zu tun hat. Wer sich 2021 ohne Probleme herausnimmt, weltweit führende Wissenschaftler zu hinterfragen – warum hinterfragt man 2021 nach Christus nicht auch mal, ob seine entwürdigende Darstellung als Folteropfer überhaupt noch zeitgemäß und angemessen ist?

In über 85 % aller Fälle gibt es nur zwei Darstellungen von Jesus: „Hurra, ein Baby!“ und „Folteropfer“. Der Rest ist „Maria mit Kind“, „Jesus segnet“, „Maria Magdalena mit Leiche“ oder „Abendmahl“. Christen haben zum großen Teil offensichtlich ein Faible für entwürdigende Gewalt. Oder dafür, nicht nachzudenken.

Für Filme gibt es die „Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft“. Das sind auf den DVD´s die Label mit FSK 0, FSK 6, FSK 12 etc.. Filme werden von ihrem Inhalt her danach geprüft, in wieweit sie den kognitiven Fähigkeiten von Kindern und Jugendlichen entsprechen. Der Film „Die Passion Christie“ mit Mel Gibson hat FSK 16.

Der prämierter Schweizer Kinderfilm „Mein Name ist Eugen“ musste für Deutschland gekürzt werden und hat hier die FSK 6 bekommen, weil eine einminütige Albtraumszene eines Kindes „an Vorgänge in Abu Ghraib erinnern würden“.

Aber völlig problemlos taufen wir selbst kleinste Kinder unter marzialischen Folterbildern von Jupp an der Latt und feiern das sogar!

Wisst ihr, was ich an Jesus eigentlich so toll finde? Warum ich an ihn glaube? Vielleicht sollte ich euch das erklären. Jesus war zu seiner Zeit ein Mensch. Wie du und ich Menschen sind. Und genau wie heute gab es auch schon damals diejenigen, die mit dem Strom geschwommen sind – und diejenigen, die eigene Meinungen hatten. Die hinterfragt haben, Dinge IN FRAGE gestellt haben. Keine Ahnung, wie man solche Leute früher nannte, heute nennt man sie meistens „Freaks“.

Jesus war also zu seiner Zeit ein Freak. Einer, der sich Gedanken macht, der hinterfragt. Der oft unbequem ist. Aber zu seiner Sache steht und damit jede Menge Rückgrad beweist! Mehr also so manch anderer. Judas, der Verräter zum Beispiel. Der fand Jesus zwar auch ziemlich cool und hat sich ihm angeschlossen – aber als es dann um „Butter bei die Fische“ ging, hat er seinen Freund verraten um seine eigene Haut zu retten. Ich mag Jesus, weil er mit seinem Rückgrad und Freak sein für mich ein riesen Vorbild ist. Er hat sein Ding durchgezogen, selbst wenn er dafür letztlich zu Tode gefoltert wurde. Aber selbst diese Konsequenz hat er in Kauf genommen.

Ich mag ihn, weil er das damalige System hinterfragt hat. Eine meiner liebsten Geschichten ist die mit der alten Frau in der Kirche. Sie ist arm und wirft nur eine winzig kleine Münze in den Opferstock. Dafür wird sie von einem wohlhabenden Kerl verspottet. Jesus hat dem dann erklärt, dass die Frau alles gegeben hätte, was sie hatte – der Typ aber, der hätte selbst nur einen kleinen Teil dessen gegeben, was er hat um noch genügend für sich selbst zu behalten.

Jesus hat die Leute aufgefordert, Dinge zu hinterfragen und aus anderen Blickwinkeln zu sehen. Ebenso hat er den Leuten vermitteln wollen, dass sie das, was sie haben, auch teilen sollten, wenn es notwendig ist. Davon erzählt die Geschichte der Speisung der 5000, oder auch „Die wundersame Brotvermehrung“.

Das sind die Dinge, warum ich Jesus als Freund sehe und an ihn glaube. Warum er für mich ein Vorbild ist. Geschichten, die so viel mehr zeigen, was er eigentlich von den Menschen wollte.

Was die Kirche in den ganzen Jahrhunderten aus Gott, ihm und Maria gemacht hat, ist eine ganz andere Sache! Das muss man letztlich auch immer im Kontext „WEM NÜTZT ES UND WARUM?“ und den Herrschafts- / Machtstrukturen durch die Jahrhunderte hindurch sehen. Die Bibel war etwas, das war geschrieben. Lesen und Schreiben konnten früher aber nur sehr wenige Leute und so mussten alle anderen einfach glauben, was ihnen erzählt wurde. Zumal es ja auch nur relativ wenige „Fernverbindungen“ wie internationale Handelswege gab und auch diese nur von relativ wenigen Menschen genutzt wurde. Deshalb war es sehr einfach von Kirche und Staaten, die Bibel und den Glauben als Machtmittel einzusetzen und in vielen Geschichten oder eben auch Handlungen immer wieder auch sehr grausam zu sein. Denn Menschen, die in Angst leben, lassen sich viel leichter beeinflussen. Etwas, das auch heute noch gilt. Bildung vorenthalten, Angst, Erpressung und Einschüchterung sind auch heute noch sehr beliebte Mittel um Macht auszuüben. Egal ob in einer Freundschaft, in einer Familie, in einer Firma, innerhalb des Staates oder der Kirche.

Ist Jesus für unsere Sünden gestorben? Welchen Sinn hat es, so etwas zu sagen und dann das Bild eines „Jupp an der Latt“ zu verbreiten? Und wenn Jesus umgebracht wurde, weil er den Machthabern zu unbequem war, seine eigene Meinung hatte, Menschen aufgewiegelt hat und man ihm deshalb am liebsten das Maul stopfen wollte? Ist das nicht viel wahrscheinlicher? Schaut euch doch nur mal in der Welt um, was die Mächtigeren mit Menschen machen, die ihnen nicht in den Kram passen! Völlig egal, ob sie Greta, Assange, Ghandi, Mandela oder Latifa heißen!

Viele Menschen warten darauf, dass „Jesus wieder erscheint!“. Darüber gibt es auch richtig tolle Geschichten, wie viele wohlhabende und wichtige Leute in einer Kirche warten weil gesagt wurde „dann und dann kommt Jesus zurück auf die Erde und erscheint hier in der Kirche!“ und sie warten und warten – und er kommt nicht. Dafür hören sie von draußen wo das einfache Volk steht, irgendwann Jubel. Oder ähnliches Szenario und es kommt so ein etwas heruntergekommener Typ angeschlurft und die Leute sind völlig fassungslos, dass das Jesus sein soll.

Das eigentliche Ding an der Sache „Kommt Jesus noch mal wieder?“ ist doch vor allem: Stellt euch vor, ihr seid eine Familie. Mutter, Vater, Kind. Kind stirbt – und die Leute finden es einfach nur geil, überall entwürdigende Standbilder von eurem toten Kind hinzustellen. Dann sind die auch noch so drauf, dass die euch anflöten: „GUCKT MAL, wir haben überall Bilder von eurem fast nacktem toten Kihiiiind wie es jämmerlich blutend am Kreuz hängt! Ist das nicht absolut toll, wie wir euch zeigen, wie sehr wir euch lieben? Whow, oder?“.

Würdet Ihr nicht auch entsetzt sein, an dem Verstand dieser Menschen zweifeln und irgendwann nur denken: „Was für (hier beliebige Beschimpfung einfügen) Menschen es doch gibt! Komm, bleiben wir lieber bei dem dicken lächelnden Buddha und spielen mit dem noch eine Runde Schach, lass die Menschheit ruhig den Bach runtergehen, verdient haben sie es!“?

Oder stellt euch mal vor, hier landen Aliens! Das wäre ja besser als bei „Mars Attacks“! Die würden ja sofort wissen „Ohhhh, super, die stehen hier auf Folter!!!“ und „brrrrzzzzzllll“ wären wir allesamt gegrillt. Zumindest diejenigen, die das eindeutige „Ich finde Foltern gut“-Statement im Garten haben.

Frohe Ostern – oder was auch immer...



* Die postmortale Schutzwirkung der Menschenwürdegarantie Aktenzeichen: WD 3 - 3000 - 384/18 Abschluss der Arbeit: 05.11.2018 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung

**13 BVerfGE 30, 173 (194).



Montag, 8. März 2021

Mit Herrn von Ribbeck auf dem Boden der Tatsachen

Eigentlich wollte Nick ja mehr über Landwirtschaft lernen, als er auf dem Bauernhof der WfbM gearbeitet hat. Sein Wunsch war es, irgendwann vielleicht auf einen regulären Betrieb wechseln zu können. Deshalb war klar, dass ich auch mit Nick Dinge lernen werde, die mit Landwirtschaft zu tun haben. Einiges muss ich dafür erst einmal selbst lernen. Wir haben also überlegt, was Nick an Grundlagen brauchen würde, um irgendwann eine Chance auf einem normalen Betrieb zu haben. Landwirtschaft ist ohne Boden nichts. Also Bodenkunde.


Schloss Ribbeck mit Uffwuff, dem Filzhund davor.
Uffwuff vor Schloss Ribbeck


Bei Besuchen in Naturparkhäusern und Museen gibt es oft große Tafeln vom Bodenhorizont der Gegend, die gut erklärt werden. Die alleine sind schnell langweilig, auch wenn sie aussehen wie moderne Kunst. Aber im Zusammenhang mit anderen Dingen helfen sie zu verstehen, warum unser Boden, unsere Erde, so wichtig ist. Um euch aufzuzeigen, wie schnell man etwas völlig falsch sehen kann, erkläre ich euch jetzt mal (m)eine Version von „von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland, ein Birnbaum auf seinem Grabe stand“:


Viele von euch kennen die Geschichte von Herrn von Ribbeck, der den Kindern immer eine Birne gegeben hat. Wenn ihr das Gedicht irgendwo mit Bildern seht, dann seht ihr einen netten alten Herren in sauberen Kleidern, dralle Kinder und alles ist schön wie im Bilderbuch. Ich habe mich etwas mit der Kolonialisierung des Moores dort befasst und wie früher dort die Landwirtschaft war.


Und es war nicht diese Bilderbuchidylle, die man überall vorgesetzt bekommt. Ich mag Fontane nicht. Ich finde, in vielen Dingen wird er maßlos überschätzt, auch wenn er viel über das Leben in der Mark geschrieben hat – manches ist endloses, langweiliges Geschwafel vom einem Kerl, den man heute schlichtweg einen egoistischen und verantwortungslosen Blödmann nennen würde.


Zu den zwei Sachen, die er dann tatsächlich gut hinbekommen hat, gehört, dass er das Ribbeck-Gedicht bekannter gemacht hat. Als ich mich also mit der Kolonialisierung beschäftigt habe und wie damals die Landwirtschaft war, habe ich geschaut, wann der von Ribbeck gelebt hat. Und das eigentliche Drama – denn das war es – hinter der Geschichte von Herrn von Ribbeck und den Birnen gesehen. Das bewegt mich immer noch tief. Denn Herr von Ribbeck hat dafür gesorgt, das diese Kinder, die bettelarm waren und mit Sicherheit in elenden Verhältnissen gewohnt haben und eben NICHT Bilderbuchmäßig drauf waren, ein Stück Essen zum Überleben hatten. Wahrscheinlich oft das Einzige, was sie an dem Tag überhaupt zu Essen hatten.


Es war die „kleine Eiszeit“. Viele Pflanzen haben diese Eiszeit nicht überlebt – Ernten sind über Jahre ausgefallen und das, was geerntet werden konnte – und auf Moor ist nicht viel gewachsen – dass hatte z. B. bei Getreide ein ganz anderes Kornverhältnis als heute. Heute hat eine Ähre zum Beispiel 12 oder 18 Körner. Also aus einem Korn, das man säht, bekommt man über 10 neue Körner. Das ist gut. Das Getreide zu von Ribbecks Zeiten hatte aber ein ganz anderes Verhältnis. Das hatte oft nur 3 oder 4 Körner und die Flächen waren auch viel, viel kleiner. Man sagt, von Ribbecks Birne wäre die Melanchthon-Birne gewesen, weil diese Birnensorte mit als einzige die kleine Eiszeit überlebt hat.


Und mag sein, dass der junge von Ribbeck dann keine Birnen verteilt hat. Aber er hatte selbst nicht viel – und musste letztlich selbst sehen, wie er über die Runden kommt. In Krisenzeiten zeigen viele Menschen ihr wahres Gesicht. Sehen wir ja gerade an der Pandemie. Warum also wird ein Mensch, der selbst überleben will, als böse hingestellt, weil er das bisschen, was er selbst hat, nicht länger mit anderen teilt? Denn auch er war ja von der Hungersnot betroffen und das imposante „Schloss Ribbeck“, dass heute in Ribbeck steht, ist erst viel später gebaut worden. Vorher war es ein schlichteres, wenn auch größeres Bauernhaus. Das war damals zwar auch schon „mehr“ - aber eben „nur“ ein größerer Hof – und der Arbeitgeber für die Familien rundherum.


Das Leben auf dem Moor war früher sehr speziell, weil natürliche Moorgebiete sehr unwirtliche Gegenden sind. Das, was dort freiwillig wächst, reicht oft hinten und vorne nicht aus um Menschen zu ernähren. Deshalb musste man das Moor erst einmal urbar machen. Also Flächen roden, entwässern – und einen Boden schaffen, auf dem überhaupt erst Ackerbau betrieben werden kann. Die Siedler haben ihre Schafe tagsüber im Moor weiden lassen. Nachts wurden diese Schafe in die frisch eingestreuten Schafställe gesteckt. Wohl gemerkt: Die Ställe wurden frisch gestreut, aber eben so lange nicht ausgemistet, bis die Schafe kaum noch hinein konnten.


Dann hatte man in den Ställen letztlich ein Gemisch aus Schafsdung, Torf und was nicht alles zum Einstreuen genommen wurde – und DAS wurde dann als Erde ausgebracht, die so nährstoffreich war, dass man etwas anpflanzen konnte. Leben im Moor war früher unglaublich hart. Es gab ja noch nicht einmal wirklich gutes Wasser – denn Moorwasser ist einfach ein saures, braunes muffiges Wasser. Ich kenne noch Bauernhäuser, an denen es „Gänsewein“-Tanks gab. Große umgebaute Wasserboiler mit Filterschichten aus Kies, Sand und Kohle um das Wasser genießbar zu machen.


Meine Mutter hatte sich das Buch „Meine Kinder essen Torf“ gewünscht. Das hat sie 1962 oder so mal gelesen. Ich habe es in einem Antiquariat gefunden, gekauft, gelesen – und war einfach tief berührt. Denn auch das ist eine Beschreibung, wie früher gelebt wurde. Aber eben in Friesland. Bettelarm in den großen Torfabbaugebieten.