Freitag, 10. April 2015

Ein Wort zu Joey & Hunden, die er nicht so mag

Aber vorab noch die Bemerkung, das derjenige, der uns letztens so blöde angemacht hat, uns gestern mit dem Rad überholt hat und ja, genitale Schimpfwörter hat er auch lautstark drauf. Nur doof, das es auch alle anderen mitbekommen haben.

Danke fürs Beitrag teilen, ich glaube, ich weiß jetzt, wo er wohnt.

der erste "vollgesicherte" Ausflug nach Berlin

Tztztzt...

Da ich heute mit den Hunden morgens unterwegs war und uns Leute mit einem Bullterrierer und einem Dackelmix entgegengekommen sind, die sofort eine Kehrtwende gemacht haben, vielleicht mal wieder ein paar Worte zu Joey, insbesondere für diejenigen, die denken, das alle Hunde ja eigentlich gleich sind.

Joey ist ein Hund, der schon als kleiner Hund in Griechenland entsorgt worden ist. Wenn ein Hund eher verwildert aufwächst und eben NICHT lernt, wie es ist, die menschliche Gemeinschaft als eine Art Schutzraum zu erleben, wenn er NICHT in Welpenspielgruppen etc. lernt, mit anderen Hunden möglichst konfliktfrei zu interagieren, sondern sich eigentlich nur auf seinen Überlebensinstinkt verlassen muss, ist das vom Verhalten her ein Unterschied zu einem Hund, der von Welpenbeinen an in menschlicher Gesellschaft und mit spielerischem Kontakt zu anderen Hunden aufwächst. Bis Joey draußen tatsächlich mal mit einem anderen Hund GESPIELT hat ist mindestens ein Jahr vergangen. 

So mit einem anderen Hund außer Farino spielen? Draußen?  Undenkbar für Joey!


In vielen Berichten liest man immer wieder davon, das jemand schreibt: "Tierschutzhunde sind ja so unglaublich DANKBAR!". Vielleicht die aus hiesigen Tierheimen, die oft weit sozialisierter aufgewachsen sind als Streuner. Ja, und sicherlich gibt es auch dankbare Streuner - aber auf Twitter habe ich die "Hundesuchmeldungen" abonniert. Ein sehr großer Teil der Suchmeldungen dort und mancher Kommentar von Leuten, die es einfach nur noch zum Kotzen finden, das ständig die Auslandshunde zum Teil schon auf dem Flughafen abhauen, weil die Leute denken: "Der ist bestimmt total DANKBAR, das er jetzt bei mir leben darf!" sprechen aber eine ganz andere Sprache. Ganz ehrlich? Eigentlich tut es mir gut, zu lesen, das ich nicht die Einzige bin, die einen Problemhund aus dem Tierschutzhundeimport hat.

Wobei ich bislang aber eigentlich auch noch nie mitbekommen habe, das jemand so ein Verhaltenskaliber wie Joey hat. Wenn Leute uns jetzt sehen und denken: "Boah, das geht so gar nicht!"  - vielleicht hätten sie den mal vor zwei Jahren erleben sollen, als ich mich zum Teil halb auf den am Boden liegenden Hund knien musste, um ihn irgendwie zur Räson zu bringen. Als kaum eine Gassirunde ohne Tränen von mir und Blessuren durch Joey möglich war, weil er einfach jedes Mal, wenn wir draußen waren, komplett durchgeknallt ist. 



In Griechenland hat er ohne Leine, ohne Halsband gelebt. Sicherlich ist das Leben eines Straßenhundes nicht einfach - aber er hat es von Anfang an so gelernt. Kein Hund kann von Anfang an völlig selbstverständlich die menschliche Sprache verstehen - schon gar nicht ein Hund, der sich eigentlich von klein auf durchschlagen musste und aus einer Gegend kommt, wo ein Hundeleben oft keinen Wert hat. Hunde leben dort oft angekettet, oft ohne Schutz vor Wind und Wetter und der einzige Bewegungsradius, den sie haben, ist die Länge der Kette. Das ist nicht viel. Ob sie sich vermehren oder nicht ist den Leuten oft ziemlich egal, es ist dort LEGAL, Giftköder auszulegen, an denen jedes Jahr viele Hunde und andere Tiere elendig verrecken.

Vielleicht etwas krass übersetzt - aber würde jemand von euch diese Freiheiten, die er hier letztlich hat, hinzugegehen fast immer wohin er möchte und wann er möchte gegen ein Leben im Gefängnis tauschen? Womöglich noch in einem anderen Land? Ich glaube nicht. Aber eigentlich ist es genau das für Joey gewesen (und manchmal vielleicht immer noch): Er trägt jetzt Halsband, muss draussen an die Leine, kann nicht mehr einfach dahin gehen, wo er will, kann nicht flüchten, wenn er flüchten möchte und muss Regeln einhalten, die ihm oft noch völlig unverständlich sind und die ihm in einer Sprache vermittelt werden, die er oft nicht versteht.

Wir haben keinen eingezäunten Garten, keinen eingezäunten Hundeplatz und unser Trainingsgelände ist nun einmal die Stadt und das nahe Umland mit allem, was uns dort begegnet. Zudem bezweifle ich, das ein Hundetrainer letztlich so viel anders mit einem "ist mir doch scheißegal was du machst!"-Hund arbeiten würde als ich. Dafür sprechen die Tipps von solchen Leuten "weiche aus, nimm ein Quietschi, nimm Leckerchen, nimm Klicker, nimm ein Stachelhalsband, du musst die Stacheln ja nicht anschleifen!" ein Herr Rütter würde dann wahrscheinlich noch mit einem Sprayhalsband kommen und der Nächste - weil es vielleicht auf einem Hundeplatz ist, wo nicht jeder guckt - mit einem Elektrotack-Gerät. Alles schon dagewesen, alles schon erlebt.

Wir haben schon verdammt viel geschafft. AUCH wenn einiges nur auf eine Art und Weise geht, die ich mir früher nie hätte vorstellen können, mit Gerte. Weil einem jeder erzählt, wie unglaublich schlimm so etwas doch ist. Aber wiederum hat ja bislang jeder, dem ich gesagt habe: "Zeig mir doch, wie es besser geht, du bekommst den Hund!" nicht mal gewagt, die Leine in die Hand zu nehmen und zu gucken, wieviel Kraft eigentlich hinter Joey steckt. Es ist viel bequemer, die ganzen Geschichten von den renomierten und TV-wirksamen Hundeausbildern zu gucken und danach zu klugscheißen. 

Und ich bin mir SICHER... auch ein Herr Rütter hätte ein nicht unerhebliches Problem mit Joey gehabt und seine "Ich mache in wenigen Wochen jeden Hund zu einem braven, folgsamen Hund" wären bei Joey definitiv nicht aufgegangen. Ich habe gestern einen TV-Bericht über den Pferdeflüsterer Monty Roberts gesehen - hey, der bringt es auch nicht fertig, ein Pferd innerhalb einer 10-Minuten-Show hinzubekommen. Er macht in der Show (und mit jede Menge psychischem Druck auf das Pferd!) den Anfang. Es ist auch bei sogenannten Tierflüsterern nicht alles Gold, was glänzt - aber sie verstehen es prima, sich gewinnbringend zu vermarkten.

Joey reagiert mittlerweile zwar weit problemloser - nach fast zwei Jahren (!) täglichen Trainings. Aber es ist immer auch von seiner Tagesform abhängig. So kann er an einem Tag kleine Hunde und sogar Französische Bulldoggen relativ gut begegnen und guckt nur - am nächsten Tag ist er wie ausgewechselt und die Furie auf vier Pfoten, die sich geifernd, reißend und kläffend in den Kettenwürger schmeißt und ohne jegliche Rücksicht alles niedermäht und verletzt, was in seinem Umfeld ist.  Heute hat er mir dadurch z. B. einen Finger aufgerissen. Eine Kleinigkeit im Vergleich zu den geschrotteten Knochen.


Der vorletzte Ausflug nach Berlin. Abrüstung pur bei Joey.

Wobei ich mir wirklich sicher bin, das es letztlich wirklich kaum ein Problem geben würde, wenn sich jemand die Zeit und das Selbstvertrauen nehmen würde, Joey anzubieten, seine kleine Bulldogge tatsächlich mal kennen zu lernen. Denn genau so funktioniert es mit allen anderen Hunden letztlich auch - und eigentlich ist ja genau das auch das Paradoxe an der Situation - die Leute mit den kleinen Bulldoggen sehen Joey ausflippen und mich, wie ich zusehen, ihn unter Kontrolle zu bekommen und ihm das abzugewöhnen. Sie denken wahrscheinlich, ich habe nicht mehr alle Tassen im Schrank, was das soll und das ich bestimmt zu doof bin, den Hund zu erziehen.





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Vielen Dank für den Kommentar. Er wird nicht sofort zu sehen sein, weil ich erst noch schauen möchte, ob es tatsächlich ein Kommentar ist oder ob es Werbung aus Nigeria und Co ist.