Dienstag, 23. September 2014

Ein Schiff wird... gehen... wie ich mich jetzt einfach mal unbeliebt mache...


Gestern war Stadtverordnetenversammlung. Ich habe mir die Einladung online angeschaut und dann gesehen, das es unter anderem um den Verkauf der beiden Fahrgastschiffe an die Stadtwerke Neuruppin geht.

Da es aber auch um die Puschkin-Schule ging, wurde wie üblich wieder mobil gemacht und ein Haufen Schüler, Eltern und Lehrer bevölkerten das Rathaus. Sehr eindrucksvoll. Nachdem draussen die bunten Transparente völlig durchgeregnet sind, wurden damit bunte Tropfspuren quer durchs Treppenhaus bis in den Ratssaal gelegt. Ich bin sicher, viele Eltern die dort anwesend waren, würden sich echt einen Keks freuen, wenn ihre Kinder zu Hause auf den Fußböden so herumsauen. Aber... das ist ja ein öffentliches Gebäude... da ist so etwas irgendwie voll egal.

Interessant zu sehen war auch die Wiederverwertung von Wahlplakaten als Träger von buntem Tonpapier auf den in diversen Schriften „Puschkin forever“ und so etwas stand. Das nennt sich dann wohl upcycling und ist immerhin besser, als die abgerissen unter die nächste Hecke zu feuern. Es ist nicht so, das ich den Unmut nicht verstehen könnte. Aber wenn ich dann mitbekomme, wie es vielen im Endeffekt einfach nur um Stimmungsmache geht und sie denken, das irgendwo garantiert ein Goldesel im Keller steht, der munter Taler scheißt und man die nur aufsammeln muss um alles bezahlen zu können, frage ich mich, wo die eigentlich leben. Oder das völlig selbstverständlich die Kinder, die Eltern in die Welt setzen, von den Eltern instrumentalisiert werden. „Unsere Kinder sind jeden Euro wert!“ - ja, sicher sollte in Bildung investiert werden und schön, wenn es verschiedene Bereiche gibt. Deutschland ist da im Vergleich zu anderen Ländern echt luxeriös ausgestattet, auch wenn gerne das Gegenteil behauptet wird. Aber ich habe 3 Kinder in die Welt gesetzt – und mir ist irgendwie von Anfang an klar gewesen, das es nicht sein kann, mich aus der Verantwortung zu ziehen, was deren Bildung anbelangt. Blöd nur, das ich mit meiner Auffassung wohl ziemlich alleine da stehen. Nun, vielleicht sollten einige Leute ihre Kinder mal auf eine etwas speziellere Förderschule schicken. Vielleicht, weil es Schulpflicht gibt, aber man gar keine andere Wahl hat, wenn das Kind behindert ist. DANACH können sie sich gerne beschweren, das ihre Kinder zu wenig lernen.

Es wurden 5200 Unterschriften überreicht. Schön. Meine war nicht dabei. Denn es ist einfach, irgendwo etwas zu unterschreiben oder bei Online-Petitionen in fragwürdigem Format „ich bin dafür!“ anzuklicken. Ganz einfach... aber was ist, wenn man den 5200 Leuten sagen würde: „Na ja, IHR wollt unbedingt eine zweite Oberschule erhalten, finanziell ist das aber für uns nicht mehr tragbar – wir gründen einen Förderverein. Wenn jeder von den 5200 Leuten im Monat 2 Euro blecht, das sind grob pro Werktag 10 Cent, dann ist so viel Geld pro Jahr drin, da ist sogar noch was bei über um das Angebot in der Schule weiter zu verbessern!“ - würden dann IMMER NOCH alle 5200 Leute sagen: „Ja, uns ist die Schule so wichtig, wir bezahlen im Monat die 2 Euro!“? Ich denke, genau in dem Moment würden mindestens 3000 Leute einen Rückzieher machen. SO wichtig ist denen die Schule dann nämlich doch nicht. Meine Meinung.

Mich hat vielmehr etwas interessiert, was aber dann zu einer Zeit besprochen wurde, wo ich schon nicht mehr da war. Die Fahrgastschifffahrt. Genau wie Schulen, Schulentwicklungskonzepte und bunte Schullandschaften ihre ganz eigene Historie haben, hat auch die Fahrgastschifffahrt ihre ganz eigene Geschichte, von der ich kaum etwas weiß. Was weiß ich? Früher gab es ein Schiff mit dem Namen „Herz Ass“, das irgendwo in einer Halle herumsteht und einen neuen Motor braucht. Dieses Schiff war sehr beliebt. Statt der „Herz Ass“ gibt es jetzt zwei große Schiffe, die „Kronprinz Friedrich“ und die „Gustav Kühn“, die beide ein Zusatzgeschäft sind, da sie nicht ausgelastet sind.

Was weiß ich noch? Das Neuruppin sich als eigentlich sehr kleine Stadt letztlich FÜNF Ausflugsboote leistet. Davon gehören zwei dem Seehotel, wozu die „Ruppin“ gehört – keine Ahnung. Aber FÜNF Ausflugsboote in einer so kleinen Stadt... das ist echt beachtlich. Wären alle 5 Boote auf einmal voll belegt, wären es beim Seehotel 46 Leute, die auf einen Schlag herumgeschippert werden könnten. Die Ruppin hat etwa 12 Plätze - und die beiden großen Schiffe kommen zusammen auf mindestens 200 Passagiere. Also könnten theoretisch rund 260 Leute auf einen Schlag auf den See verfrachtet werden. 

Wahrscheinlich müsste man so eine Art "Butterfahrtkonzept" zu Spottpreisen entwerfen und die Touristen an mindestens drei Tagen im drei Stunden-Takt busladungsweise ankarren, um die beiden großen Schiffe rentabel zu halten.

In der Vorlage zur Stadtverordnetenversammlung gestern stand dann, wie auch schon in der Presse zu lesen war, drin, dass die beiden großen Boote von den Stadtwerken aufgekauft werden sollen. Damit sind sie aus der Bilanz der Stadt raus – auf dem ersten Blick eine gute Idee. Auf den zweiten Blick aber....

Was ist die Aufgabe der Stadtwerke? Sie versorgen uns mit Gas/Fernwärme, Strom und Wasser und entsorgen das Abwasser. Dafür sind sie gegründet worden, das ist ihre Aufgabe und genau damit verdienen sie ihr Geld. Wahrscheinlich fast jeder, der in Neuruppin wohnt ist Kunde der Stadtwerke, weil er Strom, Wasser und Wärme braucht.

Die Stadtwerke bewirken viel positives hier in der Stadt und unterstützen auch viele Veranstaltungen. OK, aber... sie kümmern sich auch um so etwas wie den GOLDFISCHTEICH im Stadtwald. Stand letztens in der Zeitung, die Stadt kann den nicht mehr bewirtschaften, die Stadtwerke springen ein. Nun also die Schiffe. Neuruppin hat eine hohe Arbeitslosigkeit. Gerade auch in den Wohnkomplexen wohnen sehr, sehr, sehr, SEHR viele Menschen, die im Monat gerade mal eben so über die Runden kommen. Liest man in Zeitungen, gerade auch jetzt mit dem Konflikt in Russland, liest man auch: „Der Gaspreis steigt!“ - und ebenso liest man immer wieder von Menschen, denen der Strom abgestellt wird, weil sie die Energiepreise nicht mehr bezahlen können. So wurde mal einer Familie mit 3 kleinen Kindern die Energieversorgung abgestellt – und im Endeffekt kamen dabei 5 Leichen heraus, weil die aus lauter Not dann in der Wohnung einen Kohleofen oder so angeworfen haben. Gasvergiftung.

Und dann wundert es mich, das die Stadtwerke so viel Geld übrig haben, um die Schiffe zu kaufen und die Folgekosten zu tragen. Das dieses Geld nicht etwa dazu genutzt wird, für die Kunden, die oft eben ohnehin nicht viel haben, einen Puffer zu schaffen und die Preise stabil zu halten – sondern das letztlich dann wohl ausgerechnet diejenigen, die nicht viel haben und sich oft nicht einmal eine Fahrt mit einem der Schiffe leisten könnten ohne im Gegenzug dafür lange von Wasser und Brot leben zu müssen, das genau DIEJENIGEN jetzt irgendwo dafür herangezogen werden, diese Schiffe zu finanzieren. DAS finde ICH absolut unsozial und auch völlig unverständlich. Und da man hier kaum eine Chance hat, irgendwie an den Stadtwerken vorbei zu kommen, weil man halt Wasser und Wärme braucht, finde ich es auch ein Ausnutzen der Kunden. Ein „Hey, ihr seid von uns abhängig, also können wir tun und lassen, was wir wollen!“.

Ich lasse mich gerne eines Besseren belehren. Eines: „Nein, nein, das ist überhaupt nicht so...“. Aber ich sehe kein „Das ist überhaupt nicht so!“. Denn welcher reguläre private Investor möchte in ein Geschäft investieren, wo von vornherein klar ist, dass er jedes Jahr enorme Verluste in Kauf nehmen muss? Investoren investieren Geld, um Geld zu machen. Nicht, weil sie von vornherein Geld zum Fenster rauswerfen wollen. So viel zu: „Die Schiffe an die Stadtwerke zu verkaufen ist der erste Schritt um die Fahrgastschifffahrt zu privatisieren!“. Dann sollte man so ehrlich sein und sagen: „Langfristig wird mindestens eines der beiden Schiffe verkauft werden müssen und für die Fahrgastschifffahrt in Neuruppin nicht mehr da sein!“. Warum also nicht gleicht so?









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Vielen Dank für den Kommentar. Er wird nicht sofort zu sehen sein, weil ich erst noch schauen möchte, ob es tatsächlich ein Kommentar ist oder ob es Werbung aus Nigeria und Co ist.