Sonntag, 18. Dezember 2022

Wie die Massentierhaltung in Deutschland entstanden ist

Ich lerne jetzt "Natur- und Umweltpädagogik". Als Fernstudium. Denn ich würde gerne mit dem, was Nick und mein Leben zum Teil ausgemacht hat, weitermachen. Statt Nick etwas zu dem Thema beizubringen, aber dann damit, anderen Kindern etwas beizubringen. Da gibt es Studienhefte, die arbeitet man durch und am Schluss hat man eine "Einsendeaufgabe", vergleichbar mit einer Klassenarbeit. Verschiedene Fragen, die beantwortet werden müssen. Im ersten Studienheft ging es recht kurz um Massentierhaltung und in der Einsendeaufgabe sollte man dann a) erklären, warum es zur Massentierhaltung gekommen ist und b) die Probleme bei der Massentierhaltung aus Tierschutzsicht beleuchten. Da meine Antworten etwas ausführlicher geworden sind und ich viel, viel Spaß dabei hatte, sie zu schreiben, hier nur die Blogversion davon:

Um die Punkte a) und b) zu klären, bedarf es zunächst einmal einer genaueren Definition des Begriffes „Massentierhaltung“. Der Begriff wurde 1975 „amtlich“ als er in eine Massentierhaltungsseuchenverordnung eingearbeitet wurde (Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Massentierhaltung) und wird heute als Synonym für Intensivtierhaltung verwendet. Es bedeutet, dass viele Tiere auf verhältnismäßig begrenztem Raum gehalten werden.

Für Verbraucher beginnt Massentierhaltung bei 500 Rindern, 5000 Tieren Geflügel und 1000 Schweinen. (Quelle: wir-sind-tierarzt.de)





Die Zahl der Menschen, die ein Landwirt ernährt, haben sich in den letzten Jahrzehnten stark verändert. Ernährte ein Landwirt, also ein Betrieb, 1970 noch 27 Menschen, hat sich diese Zahl durch das Sterben der kleineren Höfe drastisch verändert.

In einer Tabelle habe ich mit Daten des Bundesministeriums für Landwirtschaft und Ernährung sowie dem statistischen Bundesamt/destasis die Entwicklung von Bevölkerung, Zahl der pro Landwirt ernährten Menschen und soweit zu finden, die Zahl der tierhaltenden Betriebe geordnet:


Jahr

Bevölkerung in Deutschland

Ernährte pro Betrieb

Anzahl Nutztierbetriebe



1970


77.709 Mio


27




1980

78.275 Mio

47



1990

79.365 Mio

69



2000

82.188 Mio

127

391 500**


2010

81.752 Mio

124

216 100


2020

83.160 Mio

139 / 150*

168 000



*die Zahl der ernährten Personen, wenn man Importfuttermittel mit einrechnet

** Zahl der Geflügelbetriebe wurde von genesis-destasis nicht erfasst

Allein die Entwicklung in den letzten zwei Jahrzehnten zeigt ein massives Höfesterben an. Die freiwerdenden Flächen werden dabei von anderen landwirtschaftlichen Betrieben übernommen (sofern sie nicht zu Baugebieten oder Naturschutzflächen ohne größeren landwirtschaftlichen Nutzen werden). Flächenübernahmen bedeuten für landwirtschaftliche Betriebe, dass sie sich vergrößern und ihren Tierbestand aufstocken. Denn auch wenn ein Betrieb mit Nutztierhaltung aufgibt und die Zahl der Nutztiere seit Jahrzehnten zurückgeht, bleibt immer noch ein hoher Fleischbedarf zu günstigen Erzeugerpreisen.

Damit wird die Versorgung der Bevölkerung gesichert, die durch Zunahme an Personenzahl, Veränderung der Wohn- und Lebensformen, dem mangelnden Platz (Zeit, Interesse) sich nicht selbst versorgen könnte. Dabei ist auch zu beachten, dass Tiere auch die Dinge fressen, die für Menschen eher „nicht so lecker“ sind und/oder die der menschliche Körper nicht verwerten kann. So bekommen Tiere auch Erntereste, Trester, Gras und so weiter – das würden viele Menschen nicht essen. Wenn Nutztiere solche für Menschen ungenießbaren und unverwertbaren Pflanzen / Pflanzenbestandteile fressen, nennt man das oft „veredeln“. Denn dadurch, dass Tiere den Kram fressen, verwerten und Fleisch ansetzen, haben wir Menschen letztlich etwas, dass unser eigener Körper verwerten kann – nämlich Fleisch, Eier und Milchprodukte – oder auch Fisch aus den vielen Fischzuchten hier in Deutschland.

Etwa 1970 war die Region in der ich lebe (Landkreis Cloppenburg/ Emsland/Ostfriesland; Nordwest-Niedersachsen) das „Armenhaus Deutschlands“. Es gab kleine Bauernhöfe und weite Flächen mit Wald und Moor, die nicht unbedingt zur Viehhaltung taugten. Insbesondere durch das relativ nahe Ruhrgebiet mit seinen ganzen Zechen und der Montanindustrie änderte sich die Region hier binnen weniger Jahrzehnte, denn die „Kumpel aus dem Pott“ leisteten Schwerstarbeit und brauchten entsprechend Nahrung, die alleine im Ruhrgebiet nicht anzubauen war.

Hier gab es diese Flächen und so wurde dafür gesorgt, dass aus dem ehemaligen Armenhaus der Republik dann eine ertragreiche Kulturlandschaft wurde. Höfe wurden nach und nach zu Großbetrieben, die mehr und mehr sicherstellen konnten, dass der „Sonntagsbraten“ bei dem „Vattern das größte Stück“ bekam die tägliche Wurstschnitte, die tägliche Bratwurst, das jederzeit in ausreichender Menge verfügbare Schnitzel wurde. Aus der Grundernährung durch Kohl, Kartoffeln und Rüben sowie Karnickeln aus dem eigenen Stall, für die Kinder Gras und Löwenzahn sammelten (siehe auch „Tante Linas Kriegskochbuch“) wurde das Motto „Fleisch ist mein Gemüse“, das nach dem Motto „der Kunde ist König“ immer und überall im Überfluss zu haben sein muss.

Dazu kam, dass man sich von der Vollverwertung eines Tieres immer mehr auf die „guten Stücke“ verlagerte. Dadurch wurde in zunehmendem Maße nur noch wenig Fleisch eines einzelnen Tieres verwendet, was ebenfalls einen Anstieg der Masttiere zur Folge hatte. Schließlich wollte ja jeder „das gute Fleisch“ und kaum noch einer so etwas wie Pansen, Kutteln, Nieren, Ochsenschwanz, Saumagen, Euter, Hirn, Zunge und so weiter. Bis zum Auftreten der Schweinepest wurden erhebliche Mengen von den Sachen, die deutsche Verbraucher nicht verwenden nach China exportiert. Mit Auftreten der Schweinepest gab es einen Exportstopp, China baut seitdem Massenställe in Hochhausmanier, um selbst Schweine zu produzieren. (Quelle: https://www.topagrar.com/schwein/news/neue-26-stoeckige-schweinehochhaeuser-in-china-13190792.html

der Film dazu: https://www.youtube.com/watch?v=vTEyYDayp5w) Ein anderer Abnehmer für hier unerwünschte Schlachtteile ist z. B. Indonesien.

So entstand die Massentierhaltung in Deutschland – was sich dabei für die Tiere überwiegend sehr positiv verändert hat, wird im zweiten Teil erklärt


Der kommt etwas später, wird sicherlich noch mal aufgeteilt, weil er wirklich sehr lang geworden ist - aber verraten kann ich schon, dass ich für meine Einsendeaufgabe 100 von 100 Punkten und damit die Note 1 bekommen habe. Das finde ich total klasse, weil ich erst unsicher war, ob ich mit dem Studium überhaupt klar komme. Ich werde nicht immer 100 Punkte bekommen, auch wenn ich mir viel Mühe gebe, aber für den Anfang ist das schon sehr motivierend! 

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Vielen Dank für den Kommentar. Er wird nicht sofort zu sehen sein, weil ich erst noch schauen möchte, ob es tatsächlich ein Kommentar ist oder ob es Werbung aus Nigeria und Co ist.