Donnerstag, 22. Dezember 2022

Massentierhaltung und Tierschutz / Teil 1

Im letzten Blogbeitrag habe ich ja gepostet, wie ich die Aufgabe, zu erklären, wie sich in Deutschland die Massentierhaltung entwickelt hat, beantwortet habe. Ab hier poste ich einen größeren Teil meiner Antwort zur Aufgabe:  "Erörtern Sie die Probleme bei der Massentierhaltung unter Tierschutzgesichtspunkten!". Das habe ich sehr gerne getan ;-) . Da meine Antwort epische Ausmaße hatte, habe ich sie für den Blog etwas verkürzt und teile sie in mehrere Beiträge auf.

Grundsätzlich muss erst einmal klar gestellt werden, wer bestimmt, was eigentlich Tierschutz ist! Deutschland hat ziemlich strenge Tierschutzgesetze, die durch Verordnungen, Leitlinien etc. in den verschiedensten Bereichen ergänzt werden. Diese beziehen sich auf die tatsächlichen Bedürfnisse einer Tierart und wurden von ausgebildeten und studierten Fachleuten erstellt.

Um „Probleme bei der Massentierhaltung“ aus Tierschutzsicht zu erörtern sind daher als Grundlagen

a) das Tierschutzgesetz (TierSchG), das gibt es seit 1972,

die letzte Änderung war 2021

www.gesetze-im-internet.de/tierschg/TierSchG.pdf


b) die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung (TierSchNutztV),

diese gibt es seit 2001, letzte Änderung war 2021

www:gesetze-im-internet.de/tierschnutztv/BJNR275800001.html

c) die Tierschutztransportverordnung (TierSchTrV), die es seit 2006 gibt,

    letzte Änderung 2015.

    www.gesetze-im-internet.de/tierschtrv_2009/BJNR037500009.html

d) Tiergesundheitsgesetz (TierGesG) von 2013, letzte Änderung 2021

www.gesetze-im-internet.de/tiergesg/BJNR132400013.html

e) die Tierschutzleitlinien des Niedersächsischen Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz LAVES

(die gibt es für jede Nutztierrasse) folgend „LAVES-Leitlinie“ www.laves.niedersachsen.de/startseite/tiere/tierschutz/tierhaltung/rinder/tierschutzleitlinie-fuer-die-mastrinderhaltung-162378.html

zugrunde zu legen.

Ich habe alle im Lernheft aufgeführten Argumente warum die Massentierhaltung schlecht ist, also auf Grundlage der Tierschutzgesetze und gültigen Leitlinien überprüft.

Ebenso wird ein bisschen mehr „Drumherum“ erklärt, damit es nachvollziehbarer ist.

Als Erstes wurde kritisiert, dass zu viele Tiere auf zu kleiner Fläche für die Tiere eine Belastung sein kann.

Natürlich kann es immer mal vorkommen, dass einzelne Tiere ein Problem in ihrer Gruppe haben und mehr Individualabstand oder Beschäftigung benötigen – oder eben separiert werden müssen, wenn gar nichts anderes hilft. Allerdings hat sich in der Stallhaltung und Nutztierforschung mittlerweile eine ganze Menge geändert, was auch in die Tierschutzgesetze eingeflossen ist. So ist eine Käfighaltung, wie sie früher üblich war, schon seit 2012 EU-weit verboten. Nutztiere sollen in einer für sie angenehmen Atmosphäre ohne Dauerstress leben (§ 3.2, § 4.8 TierSchNutztV).

Da die oben genannte Tierschutzleitlinie die Gesetzestexte sehr gut interpretiert, zitiere ich die Vorgaben daraus: „Belastungssituationen und Stressfaktoren, die zu einer Erkrankung führen, müssen vom Tierhalter erkannt und umgehend beseitigt werden...“ (LAVES-Leitlinie, Seite 9)

Es ist also entgegen der Darstellung im Heft kein spezifisches Problem der Massentierhaltung.

Dann wurde behauptet, dass viel Überwachung der Tiere durch Tierärzte  ein großer Aufwand wäre. Es würden schon im Vorfeld Medikamente gegeben, die später aufgrund von Resistenzen wirkungslos wären. Ebenso wurde erklärt, dass gestresste Tiere sich selbst oder ihre Artgenossen zu verletzen, wie Federn ausreißen oder Schwänze abbeißen.

Satz 1: „Viel Überwachung durch Tierärzte ist ein großerAufwand“. Ich weiß ja nicht, woher die Autorin ihre Informationen bezieht, aber zum Einen ist laut TierSchNutztV die gesundheitliche Überwachung der Tiere wie folgt geregelt (die LAVES-Leitlinie hat den § 4.2 ff auf Seite 13 gut erklärt) Zitat: „Das Befinden der Tiere muss bei Stallhaltung mindestens zweimal täglich durch direkte Inaugenscheinnahme, die Funktionsfähigkeit der technischen Einrichtung mindestens einmal täglich überprüft werden. Soweit notwendig ist eine Behandlung kranker Tiere einzuleiten und eine Absonderung in geeignete Haltungseinrichtungen mit trockener und weicher Einstreu oder Unterlage vorzunehmen. Sind die Sofortmaßnahmen wirkungslos ist umgehend ein Tierarzt hinzuzuziehen.“

Die „Initiative Tierwohl“ fordert in ihrem Kriterienkatalog sogar eine intensivere tierärztliche Betreuung der Tiere eines teilnehmenden Betriebes! Quelle: https://initiative-tierwohl.de/tierhalter/rindermaester/

Das gilt grundsätzlich für jede Betriebsform, ob kleiner Stall oder Intensivhaltung Es ist also völlig unerheblich, wie viele Tiere ein Landwirt hat, auch bei einem kleineren Betrieb müssen die Tiere angemessen kontrolliert und bei Bedarf tierärztlich versorgt werden. Das ist praktizierter Tierschutz und kein „Problem der Massentierhaltung“. 

Satz 2 Es würden schon im Vorfeld Medikamente gegeben, die später aufgrund von Resistenzen wirkungslos wären.

Hier die tatsächlichen Fakten (erneut aus der LAVES-Leitlinie, Seite 9) Zitat: „Jeder, der ein Tier hält, betreut oder zu betreuen hat, ist verpflichtet, es angemessen zu pflegen (§ 2.1 TierSchG). Dazu zählen neben der Heilbehandlung im Krankheitsfall auch die Gesundheitsvorsorge einschließlich der Bekämpfung von Endo- (Innen-) und Ektoparasiten (Außenparasiten) sowie Hautpilzen und erforderlichenfalls die Impfung der Tiere.“

Das Tiergesundheitsgesetz schreibt dazu unter § 3: „Wer Vieh oder Fisch hält, hat zur Vorbeugung von Tierseuchen und zu deren Bekämpfung 1. Dafür zu sorgen, dass weder Tierseuchen in seinen Bestand eingeschleppt noch aus seinem Bestand verschleppt werden...“.

Das heißt, dass den Tieren nur die tatsächlich erforderlichen Medikamente gegeben werden, denn – LAVES-Leitlinie, Seite 10, Zitat: „Zur Pflege der Tiere gehört neben der Heilbehandlung im Krankheitsfall auch die Gesundheitsvorsorge...“ .

Ebenso weise ich gerne auf die Tatsache hin, dass, Zitat: „Routinemäßiger bzw. systematischer Einsatz von Medikamenten, die schlechte Hygienebedingungen oder Managementfehler kompensieren oder auch Anzeichen von Schmerzen und Leiden verschleiern soll, ist unzulässig. Grundsätzlich sind vorsorgliche Impfungen einer späteren Behandlung vorzuziehen.“ (LAVES-Leitlinie, Seite 13).

Antibiotikaresistente Erreger kommen selbstverständlich vor. Aber laut RKI „Grundwissen Antibiotikaresistenz“ sorgt jeder Einsatz von Antibiotika dafür, dass sich Resistenzen bilden. Also auch Kliniken selbst oder Ärzte, die bei Virenerkrankungen wirkungslose Antibiotika verschreiben.

Laut Ärzteblatt verlassen 80 % der Patienten, die wegen einer Erkältung zum Arzt gehen, mit einem Rezept für Antibiotika die Praxis, obwohl ihre Erkrankung auf einen Virusinfekt beruht. (https://www.aerzteblatt.de/archiv/18083/Therapieentscheidung-wider-besseres-Wissen-Warum-Aerzte-gegen-Viren-mit-Antibiotika-vorgehen).

Polemisch erklärt: „Horst-Hugo und Luise-Chantalle lästern zwar gerne über ihre „Antibiotika-Schnitzel“ und das „Antibiotika-Hühnchen“, holen sich aber jedes Jahr bei einer Erkältung brav die Rezepte für Antibiotika vom Arzt“. Ähnlich bei Krebspatienten, die bekommen vorbeugend Antibiotika in letztlich unglaublicher Menge. Mein Sohn hat zwei Krebserkrankungen mitgemacht und in deren Verlauf geschätzt mindestens einen Liter Antibiotika wie „Cotrim“ genommen. Noch eine Woche vor seinem Tod hat er über mehrere Tage eine Antibiose bekommen, um Entzündungswerte und Lebensqualität zu bessern.

Selbstverständlich wird aber Landwirten die Schuld in die Schuhe geschoben, die das nicht vorsorglich geben dürfen und die jede Medikamentengabe im Bestandsbuch zu dokumentieren haben, so dass bei jedem einzelnen Tier, das eindeutig durch die Nummer seiner Ohrmarke zu identifizieren ist, genau geschaut werden kann, welche Medikamente es bekommen hat und ob ggf. Sperrfristen einzuhalten sind, in denen die Milch nicht verwendet werden oder in der es nicht geschlachtet werden darf. (TierSChNutztV § 4 (2) )

Entsprechend ist Gesundheitsmanagement und bei Bedarf tierärztlicher Einsatz kein Problem – egal bei welcher Form der Tierhaltung, sondern ebenfalls praktizierter Tierschutz und die Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben im Tierschutz.

Würde zum Beispiel die Behandlung gegen Parasiten ausbleiben, könnte ein Befall bei Schweinen einen so massiven Juckreiz und so hohes Stresslevel erzeugen, dass sie sich die Schwänze wundscheuern und anfangen, sich zu beißen. Also genau das machen, was gleich nach „es werden vorsorglich Medikamente gegeben“ angeprangert wurde.  Schnabelpicken kommt in den heutigen großen Hühnerställen deutlich weniger vor, weil das Stresspotential durch die Käfighaltung kaum noch vorhanden ist.  


Soweit erst einmal Teil 1, wem es jetzt in den Fingern juckt, mit "JA ABER..." zu kommentieren: warte einfach mal die nächsten Teile ab, da wird noch ein bisschen mehr erklärt.


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Vielen Dank für den Kommentar. Er wird nicht sofort zu sehen sein, weil ich erst noch schauen möchte, ob es tatsächlich ein Kommentar ist oder ob es Werbung aus Nigeria und Co ist.