Dienstag, 20. Mai 2014

Kommunalpolitik für Anfänger... die Einwohnerfragestunde

Gestern war Stadtverordnetenversammlung im Rathaus. Die letzte vor der Wahl und es gab eine lange, lange Tagesordnung. Ziemlich am Anfang so einer Stadtverordnetenversammlung gibt es immer eine Einwohnerfragestunde. Was das ist und wie das geht, möchte ich hier einfach mal erklären, weil ich denke, das viele Menschen gar nicht wissen, das es so etwas gibt und lieber meckern, motzen und lamentieren, wie doof alles ist und ihnen würde ja doch niemand zuhören und überhaupt, wären sie für alles zuständig, würden sie alles grundsätzlich und völlig selbstverständlich vieeeel besser machen... (getreu dem Motto: wen interessieren auch schon Verfassungen, Gesetze, Vorgaben, Verfahrensweisen - und vor allem Demokratie????) 


Also, in einer Einwohnerfragestunde kann jeder, der ordentlicher Bürger von Neuruppin ist, Fragen stellen. Ordentliche Bürger sind die, die hier wohnen und sich beim Einwohnermeldeamt angemeldet haben. Dafür hat man dann eben auch das Recht, vor allen Stadtverordneten und Dezernenten in so einer Sitzung - oder in einer passenden Ausschusssitzung Fragen zu stellen, die dann eben alle mitbekommen.

Einwohnerfragestunden bieten also allen Bürgern die Möglichkeit, aktiv mitzumachen anstatt immer nur zu motzen, das sich ja sowieso niemand für seine Belange interessieren würde und überhaupt, ob man etwas sagt oder in China fällt ein Sack Reis um, wäre ja völlig egal.

Warum schreibe ich das? Weil gestern in der Einwohnerfragestunde genau das von jemandem, der seinem Frust Luft machen wollte, bemängelt wurde. Aber stimmt das immer so? Sicherlich läuft nicht immer alles so, wie man es sich als Bürger vorstellt. Auf der anderen Seite tut sich aber durchaus etwas. Denn von vielen Dingen erfährt man erst durch so eine Einwohnerfragestunde.

Es wird also vom Versammlungsleiter gefragt, ob es Bürger oder Bürgerinnen gibt, die etwas sagen möchten. Dann wird darauf hingewiesen, das man VORHER sagen muss, ob man nicht möchte, dass das, was man sagt, aufgezeichnet wird. Wenn man das nämlich NICHT möchte, wird das Tonband abgestellt, das die komplette Sitzung protokolliert und anhand dessen später das Sitzungsprotokoll geschrieben wird. 

Die Redezeit beträgt maximal 10 Minuten - allerdings ist es immer etwas unschön, wenn erst seitenweise Text vorgelesen wird, bevor letztlich eine Frage gestellt wird. (Das habe ich aber auch schon mal fertig gebracht). Bei heiss diskutierten Themen gibt es mitunter mehrere Leute, die sich zu einem Thema äussern. Da sollte man vielleicht überlegen, ob man tatsächlich den Stadtverordneten dann eine Voraberklärung serviert, die sie von anderen schon dreimal gehört haben, bevor man seine Frage stellt. 

Die Frage selbst ist auch nicht immer klar zu erkennen. Wer einem fünf Minuten von seinem Ärger über eine Baustelle erzählt und wie sauer er ist und wer sich noch alles aufregt tut zwar kund, das er sich über die Baustelle aufregt - aber das ist eben nicht unbedingt eine Frage. 

Manche Fragen sind ein bisschen kompliziert und nicht sofort zu beantworten, weil sie etwas speziell sind. Wer also z. B. genaue Daten oder Summen wissen möchte, sollte seine Frage vorab beim Rathaus einreichen - und das nicht erst eine Stunde vorher, sondern wenn es geht, in der Woche vorher (und beachten, das freitags mittags das Wochenende im öffentlichen Dienst anfängt). Das geht schriftlich, per Mail oder man wendet sich ans Bürgerbüro. Es ist immer ratsam, dazu zu schreiben, das man die Frage bei der Einwohnerfragestunde stellt und dort gerne beantwortet haben möchte, damit sie dem entsprechenden Dezernat zugeordnet werden kann und die Antwort rechtzeitig parat liegt.

Wenn man dann an der Reihe ist, stellt man sich ans Mikrofon, begrüsst freundlich die Anwesenden, nennt seinen Namen und sagt, ob man Bürger der Stadt Neuruppin ist. Danach erklärt man sein Anliegen und auch wenn man sich wirklich ärgert ist es immer nett, wenn man dabei freundlich bleibt und die Form wahrt. Denn wenn sich Bürger während der Fragestunde ärgern, dann fast immer nur, weil ihnen eine Vorgehensweise der Stadtverwaltung nicht in den Kram passt. Die Frage stellen sie aber auch vor den Stadtverordneten - und die sind eben nicht Verwaltung, sondern Bürgervertretung (und übrigens auch genau so wenig hellseherisch veranlagt wie die Stadtverwaltung selbst).

Viele Dinge können tatsächlich durch Einwohnerfragestunden geklärt werden, was ich persönlich wirklich toll finde, weil - Neuruppin, das sind wir alle. Nicht nur die Verwaltung, nicht nur der Bauhof, nicht nur die Abgeordneten. Und wer sich die Mühe macht und zur Stadtverordnetenversammlung kommt um dort Fragen zu stellen, der hat grundsätzlich schon einmal mehr Respekt als die chronischen Meckerfritzen, die sich dort nie blicken lassen und auch nichts anderes tun als am liebsten zu meckern! 

Manchmal hat man nach einer Antwort noch eine neue Frage zu dem Thema - und dann kann man eine Nachfrage stellen, die sich aus der Antwort ergeben hat. 

Was NICHT geht, aber wo manche Leute denken, das es so schon geht: Fragen schriftlich einreichen, sich selbst nicht blicken lassen und verlangen, das die Fragen vorgelesen und auf der Sitzung beantwortet werden, weil man denkt, das müsste alle anderen schließlich auch interessieren. Nein, tut es nicht. Wer SEINE Frage/n in einer Einwohnerfragestunde beantwortet haben möchte, der muss dort erscheinen und sich die Antwort dort abholen. Denn entweder ist sie ihm wichtig - oder eben nicht. 

Hat man keine Zeit, sich eine für einen wichtige Frage beantworten zu lassen, kann man sich z. B. an einen Abgeordneten wenden (oder eben direkt ans passende Dezernat). Die Abgeordneten haben nämlich auch jedes Mal nach der Einwohnerfragestunde den Tagesordnungspunkt "Mitteilungen und Anfragen" - und das ist eigentlich so ähnlich wie die Einwohnerfragestunde. 

Dort wird z. B. offiziell zum Erntefest eingeladen, es werden Mängel bekannt gegeben, Hinweise und so weiter und so fort. Gestern waren so viele Mitteilungen und Anfragen, das dieser Tagesordnungspunkt bis nach der Pause andauerte (die Pause beginnt gegen 20 Uhr und dauert 20 Minuten) und danach noch mindestens 15 weitere Tagesordnungspunkte anstanden. 

So und nun würde ich mich freuen, wenn manch eine Bürgerin und manch ein Bürger sich einfach auch mal in so einer Sitzung blicken lassen würde. Die sind fast komplett öffentlich, der nichtöffentliche Teil kommt ganz am Schluss. Wer denkt, er muss dann Hunger leiden und verpasst sein Abendbrot - nein, die belegten Brötchen dort sind eine leckere Abwechslung zum Dönerdealer ein Stück weiter. Für wenig Geld bekommt man dort adäquate Nahrung für seine Nerven (Schoki gibts auch) und gegen Magenknurren.


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Vielen Dank für den Kommentar. Er wird nicht sofort zu sehen sein, weil ich erst noch schauen möchte, ob es tatsächlich ein Kommentar ist oder ob es Werbung aus Nigeria und Co ist.