Donnerstag, 16. Mai 2013

Mit Hund im Zug nach Rheinsberg...

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Passend zu einem Artikel in der MAZ, wo der Bahnhof in Lindow und die Zugfahrt von Neuruppin nach Lindow vorgestellt wurde, hatte ich das Vergnügen, eben diese Strecke mit dem Zug zu fahren. Dieses Jahr ist es, wie bereits letztes Jahr, einen umleitungsbedingte Ausnahme, dass ein Zug von Neuruppin nach Rheinsberg fährt. Weil mein Hund in einem Bus durchgehend einen Maulkorb tragen müsste, dies bei der Bahn etwas lockerer gesehen wird und der Artikel mich neugierig gemacht hat, starteten wir also in Neuruppin auf Gleis 2 ins Erlebnis. Den Maulkorb habe ich übrigens dabei, sollte sich dann doch irgendwer darauf berufen, das Hunde Maulkorb tragen müssen. Da es ein weicher Nylonmaulkorb ist, passt er zusammengerollt in eine kleine Tasche vom Rucksack.
Ticket gibt es im Zug an einem (sehr langsamen!) Ticket-Automaten, der Zugbegleiter war so freundlich, jedem, der irgendwie ein Problem mit diesem Automaten hatte, mit Rat und Tat zu helfen. Mir hat er durch den Tipp geholfen, wenn ich eine Tageskarte für 8 Euro nehmen würde, wäre da der Hund schon mit drin, würde ich ein Einzelticket für 4 Euro nehmen, bräuchte der Hund ein Kinderticket für 3 Euro. Weil einige Fahrräder eingeladen werden, verschwinden Farino und ich im Spielabteil mit den bunten Fensteraufklebern, wo er es sich zwischen den beiden Bänken gemütlich macht.
Erst einmal ging es über den Seedamm – und links herum durch Gildenhall. Die Strecke verläuft hier einige Zeit zwischen der Gildenhaller Allee und einem Wald. Sehr schön. Die Eisenbahnverbindung von Herzberg nach Neuruppin ist 1902 entstanden und hatte bis 2006 auch Haltepunkte in Gildenhall und Alt-Ruppin. Danach wurde sie stillgelegt.
In Alt-Ruppin macht sie einen großen Bogen. Aus der Ferne sieht man in Wulkow schon einen großen, grauen Betonklotz – die JVA Neuruppin-Wulkow, die seit 2001 auf dem Gelände der ehemaligen GUS-Streitkräfte besteht. Die JVA bietet 300 Haftplätze für Straftaten bis zu 2 Jahren.
Kurz darauf erreicht der Zug seinen ersten Halt: Herzberg. Wer denkt, dass der Name sich vom „Herz“ ableitet, liegt falsch. Erstmals erwähnt wurde Herzberg nämlich 1365, zu der Zeit sprachen die Menschen niederdeutsch und damals hieß der Ort „herteberch“ – herte ist das alte Wort für Hirsch. Der Bahnhof ist klein und schlicht, eingerichtet 1896 auf der Strecke Lindow-Löwenberg.

Das Herz eines jeden Eisenbahnfans geht allerdings auf, wenn er mitbekommt, das es hier derzeit einen Bahnhofsvorsteher mit Kelle (und zum Teil rotem Käppi) gibt und die Weichen von Hand umgestellt werden müssen. Deshalb dauert der Aufenthalt hier ein paar Minuten – zudem muss der Lokführer den Führerstand wechseln. Wer von Neuruppin nach Herzberg in Fahrtrichtung gesessen hat, sitzt von Herzberg nach Rheinsberg entgegen der Fahrtrichtung. Ist die Weiche umgestellt, geht es rechts herum Richtung Rheinsberg.
Es stimmt, die Strecke ist ein Genuss. Es schaukelt und tutet sehr oft, denn vor jedem kleinen Weg gibt der Zugführer ein Signal, das der Zug sich nähert. Es tutet oft, denn es gibt viele, viele kleine Wege über die Schienen. Es geht durch Wald, an Feldern vorbei – und an alten Obstwiesen, die ich so das letzte Mal vor über 30 Jahren gesehen habe – auf der Modelleisenbahnplatte von meinem Bruder. Ich bin begeistert. Die Reisegeschwindigkeit beträgt bis auf wenige Ausnahmen 50 km/h. Hätte ich zweibeinige Begleitung, würde ich wahrscheinlich die halbe Zeit: „Guck mal, wie süüüß!“ oder „Boah, ist DAS schön!“ quietschen.
Dann erreichen wir Lindow – die Stadt der drei Seen, der Bahnhof leider wie viele Bahnhöfe heruntergekommen, ungepflegt und verwittert. Schade. Zudem liegt der Bahnhof hier deutlich ausserhalb der Stadt. Weiter geht es am Gudelacksee vorbei, gut zu sehen, weil die Schienen auf einem Damm verlaufen.
Der Zug fährt durch ein riesiges Waldgebiet. Es wechseln lichte Bereiche mit wenigen Jahre alten Schonungen und dicht bewachsenem Unterholz und es schaukelt zum Teil wie auf einem Boot. Ein Geräusch zu meinen Füßen, das nichts Gutes erahnen lässt schreckt mich auf – mein Hund war dann doch nicht soooo seetüchtig. Na ja, es hat sich später herausgestellt, er hatte sowieso Probleme mit dem Magen, das Geschaukel war denn etwas zu viel. Merke: es ist grundsätzlich gut, Muffbeutel und mindestens eine Packung Taschentücher dabei zu haben um für solche Vorfälle gewappnet zu sein.
In Rheinsberg passieren wir den dortigen Holzhof. Auf dem Holzhof werden pro Jahr bis zu 25 ooo Kubikmeter Holz verarbeitet. Stämme von bis zu 16 m Länge und einem maximalen Durchmesser von 40 cm können hier verarbeitet werden. Sie werden entrindet und auf Krümmung, Verwachsungen, Drehungen etc. kontrolliert. Verarbeitet wird hier vornehmlich Kiefer. 


Wenig später steht der Zug an Gleis 1 in Rheinsberg. Schon im Zug fallen mir die alten Waggons hier am Bahnhof auf, insbesondere der sehr beeindruckende Atomtransportwagen. Es sind Ausstellungsstücke der „Arbeitsgemeinschaft Bahnhof Rheinsberg“ (www.bahnhof-rheinsberg.de), der Atomtransportwagen kommt vom ehemaligen Kernkraftwerk Rheinsberg, das 1995 stillgelegt und seit dem abgebaut wird. Die AG Bahnhof Rheinsberg feiert übrigens am 31.8 und 1.9.2013 ihr jährliches Bahnhofsfest – ich bin sicher, es ist eine Zugfahrt dahin wert.

Die Strecke Neuruppin – Rheinsberg wird 10 Mal am Tag von einem Zug bedient – fünf Züge hin, fünf Züge zurück. Der Fahrplan lässt einem (wenn man nicht gerade den letzten Zug nimmt) genügend Zeit, das Städtchen selbst in Ruhe zu entdecken, bevor es dann ein paar Stunden später wieder zurück geht.
Und weil ich so nett bin ;-) hier die Abfahrtszeiten:
ab Neuruppin Rheinsberger Tor: 9:31, 11:32, 15:32, 17:32 und der letzte fährt 19:32 Uhr. Bitte beachten, dass der Zug auf Gleis 2 steht und man dafür über die Schranken muss, nicht auf den letzten Drücker kommen.
Ab Rheinsberg: 10:31, 12:31, 16:31, 18:31 und der letzte Zug fährt 20:31 Uhr. Insbesondere an Sonn- und Feiertagen rechtzeitig am Bahnhof sein um möglichst vor der Fahrradinvasion in den Zug zu gelangen. Dieser Zug fährt NUR vom 15. Mai bis zum 31. Oktober.





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Vielen Dank für den Kommentar. Er wird nicht sofort zu sehen sein, weil ich erst noch schauen möchte, ob es tatsächlich ein Kommentar ist oder ob es Werbung aus Nigeria und Co ist.