Kurze Vorgeschichte: Der Lions-Club hat den Vorschlag des Verschönerungsvereins aufgegriffen, Pater Wichmann als Gründer des Klosters Neuruppin ein Denkmal zu stiften. Der Lions-Club hat sein Mitglied Hohl-Stein beauftragt sich dazu etwas auszudenken, davon hat er ein Modell gebaut das nicht völlig unumstritten ist. Soviel zur Vorgeschichte.
Der Denkmalschutz hatte vorgeschlagen, ein lebensgroßes Modell von dem Ding herzustellen und damit an verschiedenen Orten rund um die Klosterkirche zu gucken, wie das wohl aussieht. Dazu gab es dann am Dienstag einen Vor-Ort-Termin. Alles, was ich jetzt schreibe, ist meine ganz private Meinung! Es wäre schön, wenn meine private Meinung den Einen oder die Andere zum „Denkmaldarübernach“ anregt.
Es trafen sich also allerhand Leute um sich anzugucken, wo das Ding wohl am besten hinpasst und das „lebensgroße Modell“ war eine Lattenkonstruktion aus Holz. Ein bisschen mehr Bretter dran und sie hätten den Hütten der Wachsoldaten in London echt alle Ehre gemacht. Ich wusste gar nicht, das die in Schinkel-Hütten stehen. Bin beeindruckt.
Allein das es nicht einmal die Mühe wert war, beim "lebensgroßen Modell" sich an den Dachwinkel zu halten. Ja, wie soll es denn nun aussehen? Und nachher dann noch mal wieder anders? Wenn ich ein Haus bauen wollte, möchte ich eine Vorlage haben, die GENAU SO AUSSIEHT wie das spätere Haus. Ihr möchtet doch auch nicht einen Architekten beauftragen, der euch viel Geld für ein individuell geplantes Haus abknüpft - und nachher steht auf der Baustelle "Fertighaus Typ Sylt" - oder? Also wenn schon kleines Modell und "lebensgroßes Modell" himmelweit auseinanderklaffen und die Abgeordneten beschließen würden, aufgrund des Modells das Teil zu wollen - was kommt denn dann im Endeffekt tatsächlich dabei heraus? Das wäre mir völlig unklar.
Noch mal kurz ein Rückblick: Pater Wichmann von Arnstein hat 1246 das Dominikanerkloster in Neuruppin gegründet. Diese Holzhütte über dem Modell – also die Laube – soll dann quasie ein Gruß an Schinkel sein, der um 1800 gelebt hat. Beide haben also eigentlich absolut gar, aber auch gar nix miteinander zu tun. Das Einzige, was sie verbindet ist Neuruppin. Aber dann hätte man eigentlich auch aus der Laube eine Hütte machen müssen und Auszüge aus Fontanes Werken in Metall gravieren müssen, denn Fontane ist auch in Neuruppin geboren. Da aber Pater Wichmann ja hier nicht geboren ist, sondern nur gewirkt hat, würden sich bestimmt noch viele andere Leute finden, die man in dem Denkmal gleich mit verwursten könnte: Strittmaters zum Beispiel oder Kronprinz Friedrich, Wilhelm Gentz, Gustav Kühn... also wenn schon, denn schon!Immerhin, ein Regionalbezug stellt die - wahrscheinlich dem Material geschuldete - Miniaturdarstellung eine Bombenabwurfgeländes als Haut dar. Die ist nämlich eine Kraterlandschaft.
Aber es ist ja nicht nur das. Dieses Metallteil wurde von jemandem mit dem Blechmann aus dem Stück „Der Zauberer von Oz“ assoziiert. Na ja, der Blechmann im Zauberer von Oz ist eine weit durchdachtere Figur als dieser Möchtegern-Pater-Wichmann. Beim Blechmann stimmt alles. Bei dem Metallfuzzi stimmt irgendwie so gar nix. Da hält der eine Kirche auf den Händen – laut Ikonografie steht dem das gar nicht zu, der hat ja die Kirche gar nicht gestiftet. „Ach, nicht so schlimm, die kann auch weg!“ so Hohl-Stein. Ach? Einmal Flex und futsch? So einfach ist es?
Dann die Bekleidung. Einmal googeln was es mit dem Dominikanerorden auf sich hat – und hallo???? Da hat sich jemand aber wirklich „viel“ Mühe gemacht und nur kurz auf die Hauptseite des heutigen Ordens geschaut. DANN würden die Klamotten ja irgendwie passen. Aber bei historischen Abbildungen von Ordensbrüdern passen sie nicht. Nicht einmal das Hauptmerkmal des Ordens, das Dominikanerkreuz, ist auch nur ansatzweise auf dem Blechteil vorhanden. Ich habe zwar kein Abitur gemacht und nur ganz normalen Kunst- und Geschichtsunterricht auf einer Hauptschule gehabt, aber das hätte eine 5 gegeben, wenn ich beim Vorstellen eines Dominikaners DAS Ordenssymbol schlechthin mal eben – wer braucht so etwas schon - weggelassen hätte. Schweißen kann Herr Hohl-Stein. Seine Hausaufgaben machen anscheinend nicht.
Wichmann von Arnstein, Statue in der Klosterkirche | * |
Herr Hohl-Stein wird wahrscheinlich sauer auf mich sein. Aber ich kenne Viele, die das Teil hässlich finden. Traut sich nur niemand, zu sagen, weil „einem geschenkten Gaul schaut man eben nicht ins Maul!“ und mit dem Lokalmatador der Kunstschweißer möchte sich nun auch keiner anlegen. Zumal nicht, wenn der ohnehin schon eine breite Schneise seiner Schaffenskraft quer durch die Stadt gezogen hat und ich mit meinem naiven Blick bei manchen Dingen denke: „Ja, auch hässliche Babys werden von ihren Eltern geliebt!“. Mit dem Unterschied: aus einem hässlichen Entlein kann mal ein schöner Schwan werden. Bei einer materiellen Hässlichkeit geht das nicht. Ein Kunstwerk wird weder besser noch eindrucksvoller noch bedeutender, wenn man davon gleich mehrere aufstellt. Nein, die Idee nutzt ab, der "Boah!"-Effekt bleibt weg, alles schon mal irgendwie gesehen, alles schon da.
Dominikanerkreuz * |
Allein der Parzival ist in Neuruppin 3 Mal vertreten – die größte Figur unten am Bollwerk. Der hat was, ja... der sieht ein bisschen nach Origami aus und mit seinem ausgeprägten Hohlkreuz ist er auch ein guter Werbeträger für die Wirbelchirurgie der Ruppiner Kliniken (die haben doch so ein innovatives Ding für die Korrektur von Bandscheibenvorfällen entwickelt...) - aber ist das nicht schon Denkmal genug? Ich meine nicht für Wichmann. Sondern für Hohl-Stein. Zumal man ja alle Arbeiten NACH Parzival an genau diesem messen würde. Gegen Parzival am See, ist sein Wichmann vor der Kirche, na, mindestens halb vergraben. Von der Idee und von der Ausführung her kann das Wichmann-Denkmal dem Parzival bei weitem nicht das Wasser reichen! Eigentlich geht es doch darum, das nicht Pater Wichmann hier ein für ihn angemessenes Denkmal bekommt. Das braucht der nämlich gar nicht, das gibt es schon. Die Wichmann-Linde unter der er begraben sein soll.
Warum muss es ausgerechnet ein figürliches Denkmal sein für einen Menschen, der eigentlich hier seinen Glauben gelebt hat, der anderen Menschen zeigen wollte, wie gut so ein Glauben sein kann (auch wenn die Kirche und viele Glaubensbrüder immer mal wieder schlechte Zeiten hatten und gerne selbst Gott spielen wollten). Dominikaner... die gibt es bis heute. Sie leben das Evangelium so gut man es heute leben kann, sie setzen sich für die Wissenschaft ein – und figürliche Denkmäler – PASST SO ETWAS ÜBERHAUPT zu solchen Menschen? Und dann noch aus Edelstahl? Für jemanden, der um 1250 hier gewirkt hat? Munter verwurstet mit allem möglichen anderen Krempel?
Hungerhaken, Hohlkreuz - und Wasserkopf |
Das mit dem „Denkmal“ ist eine Lions-Club interne Sache. Hohl-Stein ist schließlich Mitglied in dem Club und irgendwie sieht es leider auch nach „Mensch, ich brauche mal wieder irgendwie einen Auftrag, habt ihr nicht was für mich?“ aus. Es wurde auf der Begehung ja auch gesagt: „Und dann habe ich meinen Kumpel gefragt, ob er da nicht was machen kann...“. Würde so etwas innerhalb der StadtVERWALTUNG laufen, ginge die komplette Stadtverordnetenversammlung auf die Barrikaden und würde „Mauscheleiiiiiii!“ brüllen, die Sitzungen würden ob der Debatten (ach ne, die haben sich ja selbst das Rederecht beschnitten) bis tief in die Nacht gehen, die Zeitungen wäre zugepflastert mit Artikeln in deutlicher Sprache und es hätte sich erledigt. Natürlich bleibt es privaten Investoren (die vielleicht auch Mitglieder im Lions-Club sind, der in seinen Regeln stehen hat, das Mitglieder einander helfen sollen) auf ihren eigenen Grundstücken selbst überlassen, wen sie mit irgendwelchen Kunstwerken beauftragen.
Wer sich in Neuruppin umschaut wird feststellen, das gerade Matthias Hohl-Stein eigentlich schon überrepräsentiert ist. Aber: Weil jeder weiß, das schon die halbe Stadt mit seinen Sachen zugepflastert ist und bislang nie jemand „neee, wollen wir nicht haben!“ gesagt hat, wenn es um irgendwelchen geschenkten Gedöns ging (Ausnahme ist das Krümelmonster für die Krümelkiste) war man sich relativ sicher, auch dieses Teil wird angenommen und bekommt dann seinen Platz an der Kirche und schwupps gibt es kein Motiv mehr von der Kirche, ohne das irgendwo ein Hohl-Stein-Metalldings drauf ist. Deshalb noch mal die Frage: WER will sich hier eigentlich tatsächlich ein Denkmal setzen?
Und dann noch mit einem Ding, bei dem ich als Ex-Wessi eigentlich nur rufen kann: „Erich von Däniken hat Recht gehabt! Die Erde war schon immer von Ausserirdischen bevölkert!“ Denn eigentlich sieht das Modell schon aus wie ein Alien – da passt dann sogar das Material. Es ist dann ein bunter Mix zwischen Erich von Däniken und dem Film mit Will Smith und der Ufo-Invasion, wo der nachher mit einem Ufo rumsaust und ein gigantisches Teil im Weltraum in die Luft sprengt, damit die Erde nicht atomisiert wird.
Sicher, ich habe nicht Kunst studiert. Ich sehe das Ding nicht mit wissenschaftlichen, material-bedeutsamen oder sonstwie hochtrabendem Hintergedanken. Ich sehe es genau so, wie es tausende von Leuten sehen werden, die dann gezwungenermaßen an dem aufgestellten Ding vorbeikommen: ganz naiv. Und ganz einfach, ganz naiv und ohne viel Gedöns – das Teil ist hässlich, es wird definitiv nicht schöner, wenn es auf Überlebensgröße aufgeblasen wird, sondern eher noch hässlicher. Fast jeder wird insgeheim bereuen, das er nicht den Mund aufgemacht und das gesagt hat. Es sei denn, er ist der Künstler selbst, die halten sich immer für recht unfehlbar oder derjenige, der dieses Alien von seinem Clubkumpel finanziert hat. Und wer findet, dass das, was ich hier schreibe, kein guter Stil ist, der sollte mal darüber nachdenken, ob es ein so viel besserer Stil ist, mit so einer clubinternen Geschichte und ohne die Chance für irgendeinen anderen Künstler – und Neuruppin hat davon mehrere – so ein Ding durchzuziehen!
Überlegt euch gut, ob ihr über Jahrzehnte so eine unausgegorene, mal eben zusammengewurschtelte und bunt gemischte Figur tatsächlich als Denkmal vor der Kirche stehen haben wollt! Überlegt genau, was Pater Wichmann und auch Schinkel wohl dazu sagen würden, wenn Dinge die nichts, aber auch gar nichts miteinander zu tun haben, so zusammengebaut werden. Als „DENKMAL“. ICH DENKE MAL... sie würden sich im Grab umdrehen und über den Gräbern würden Sprechblasen aufploppen: „Ihr habt nichts, gar nichts von dem begriffen, was wir eigentlich wollten!“.
Noch etwas: ich hätte Angst, das die Wichmann-Linde dann eingeht. Denn wenn Menschen nicht begreifen, das so ein Baum auch nach einen heftigen Blitzeinschlag immer noch lebt, das er ein DENKMAL für etwas ist, das irgendwie unsterblich ist, das einen Gedanken weitertragen soll – immerhin war Wichmann von Arnstein ein Mystiker – wenn Menschen also ein hässliches Blechteil statt Natur brauchen um sich an ihn zu erinnern und etwas „Vorzeigbares“ präsentieren zu können – warum sollte dann die Linde weiterleben? Denn dann braucht sie ja keiner mehr, weil der Materialismus über die Natur gesiegt hat! Gibt es einen Gott? Gibt es ihn nicht?
Es kann doch kein besseres Denkmal geben, als eine solche Linde! Denn schon zur Zeit Wichmanns waren Linden Lieferanten für Heilmittel, Färbemittel, Honig. Das Holz hat gewärmt oder es wurde daraus etwas gebaut. Kloster waren zwar überwiegend in sich abgeschlossen – aber sie haben ihrem Umfeld auch immer etwas gebracht: Bildung, Handwerk, ärztliches Wissen. Genau deshalb kann es für einen Dominikaterpater wie Wichmann kein schöneres, passenderes und ehrenvolleres Denkmal geben als diese Linde. Andere Bäume sind nach so starken Blitzeinschlägen zur Hälfte verdorrt oder komplett tot. Diese Linde nicht. Sie ist gespalten, ja. Aber dennoch zeigt sie sich in der Krone als eine Einheit, die jedes Jahr neue Blätter trägt, jedes Jahr neue Blüten, in der es summt und brummt. Tiere finden bei ihr Schutz und die herabfallenden Blätter werden zu neuer Nahrung für den Boden.
Dieses Edelstahlalien wird zwischen zwei alten Bäumen stehen. Ein schwerer Betonsockel wird sich auf ihre Wurzeln drücken, das Stahlding noch viel mehr. Unter dem Betonsockel wird nichts mehr wachsen, der Boden wird dort überwiegend tot sein. Das Stahlteil wird herumstehen, niemandem Schutz bieten, niemandem Nahrung bieten, kein Heilmittel sein und auch nix wärmen. Es ist kalter, liebloser Stahl, der zusammengebraten wurde, verdreckt, grün anläuft und für den sich irgendwann kein Geld mehr findet, um ihn zu reinigen. Siehe den Brunnen von Marianne Kühn-Berger an den Kliniken oder den Stadtpark. Wenn die Löwen wirklich 3000 Euro übrig haben, könnte man damit im Stadtpark verdammt viel anfangen. Und viele Menschen erfreuen. Nicht nur einen oder zwei.
Wer SO einem geschenkten Gaul nicht ganz genau ins Maul schaut, ist ganz schön... dumm. Ehrlich. Denn aus der Nummer kommt man nicht wieder heraus. Die bleibt. Mit allen Konsequenzen. Bekommt man einen „echten“ Gaul geschenkt und es stellt sich raus, das er eine Macke hat und nichts als Probleme macht – na ja, ist ja cholesterinarmes Fleisch und schmeckt auch gar nicht mal so schlecht...
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Vielen Dank für den Kommentar. Er wird nicht sofort zu sehen sein, weil ich erst noch schauen möchte, ob es tatsächlich ein Kommentar ist oder ob es Werbung aus Nigeria und Co ist.