Donnerstag, 29. Januar 2015

Blitz, Donner - und vielen Dank!

Sooo, es ist fast 22:30 Uhr und es war ein etwas turbulenter Tag. Erst Kind krank, dann ein sehr nachdenkliches und eigentlich auch betroffenes Kulturcafe-Treffen in ein bisschen größerer Runde als sonst... und nachmittags war ich mit den Hunden an der Klosterkirche, es hat geblitzt, das habe ich gar nicht so mitbekommen - und dann gedonnert. Und Joey hat sich so erschrocken, das er abgehauen ist. 

Der hatte wirklich einen kompletten Kurzschluss und ist einfach nur in Panik abgehauen. Ich dachte, der rennt nach Hause... aber nix. Ich habe dann Farino nach Hause gebracht und bin sofort wieder los um im Laufen Ilka anzurufen (nochmals echt fetten Dank!!!!) sie möchte bitte sofort eine Suchmeldung auf Facebook loslassen. 

Nach einer Suchrunde um die Kirche und einigen Leuten, die ich nach Joey gefragt habe kam "Den habe ich Schifferstraße Ecke Präsidentenstraße gesehen!". OK, Mirko angerufen, der soll bitte raus und suchen, mich auf den Weg gemacht. Mehrere Leute bestätigten mir, das Joey mit einer hohen Geschwindigkeit Richtung See unterwegs war. Au weia! Zwischendurch habe ich bei der Polizei angerufen, falls was ist.

Keine Spur von Joey, dafür Hagelschnee und Glätte. Zwischendurch habe ich dann wieder Station zu Hause gemacht, Handy aufladen, Beitrag überall teilen, aufwärmen, Nick ein bisschen auf den Teppich holen - und Farino war auch ganz durcheinander als ich nicht da war. 

Die dritte Suchrunde habe ich dann wieder mit Farino gemacht, dabei haben wir dann erst Ilka mit Ricky getroffen, die uns vom See entgegengekommen sind, dann kam Petra mit Enchi und kurz hinter ihr Nancy und Friedrich. Boah! Alle wollten Joey suchen... wirklich riesigen Dank! Der geht auch an Frau Schulz, die nach Feierabend mit ihrem Auto überall herumgefahren ist um Joey zu suchen - und mich zwischendurch angerufen hat, ob er schon wieder da ist. Da war ich gerade auf dem Rückweg von der Therme und habe ihr gesagt: "Die letzte Sichtung ist bei Penny gewesen, ich bringe den anderen Hund nach Hause und gehe dann dahin!" sie meinte, sie wäre mit dem Auto schneller dort. Schwupps, unterwegs war sie. 

Farino war dann auch wieder froh, zu Hause zu sein, ich bin gleich wieder los, diesmal mit unseren geilen neuen Taschenlampen. Wozu haben wir die schließlich? Die sind handlang, haben LED´s drin, eine justierbare Linse - und schaffen über 20 Meter gut auszuleuchten. Damit bin ich losmarschiert, habe auf dem Weg Petra noch getroffen, die auf dem Rückweg war und nix gefunden hat. OK, ich bin dann die Runde Fontaneplatz, Sozialgericht, Polizei gelaufen, habe dort noch mal nachgefragt um dann bei der Fontane-Schule und dem ehemaligen Einkaufszentrum dort bis zum Fontane-Döner zu laufen. Schlittern. Überfrohrene Nässe. Es ist so dermaßen sauglatt stellenweise gewesen, das ich mich mehrfach fast langgelegt habe. 

Bei Penny und Edeka habe ich dann auch noch mal alles ausgeleuchtet, beim Schlachthof, beim Arbeitsamt ist er nicht vorbeigelaufen, da stand jemand und hat mir gesagt, er steht da schon länger und "ach, deine beiden... ne, den weißen habe ich nicht gesehen...". Aldi, JFZ war nur geile Mucke, kein Joey, Stadtverwaltung... auch nix. Dann bin ich gen Heimat. 

Ich habe dann bei Theo´s Steakhouse noch einen Zettel mit meiner Nummer abgegeben und gebeten, das die Besitzer von Lucky und Baccardi mich anrufen, falls sie Joey sehen. Als ich wieder draussen war, wurde ich angesprochen: "Da liegt einer auf dem Parkstreifen!" 

Das war tatsächlich so, dort lang jemand ganz dicht am Bordstein und hatte sich hingelegt, als ob er schläft. Ich habe ihn dann angesprochen, das es doch eher unbequem wäre, dort zu schlafen. Zumindest war er ansprechbar - konnte sich nicht erklären, wie er dort hin kommt und meinte, eigentlich liegt er dort ganz gut. Nicht in der Kälte. Ich habe ihn gefragt, wo er herkommt, er hat mir erzählt, wo er eigentlich wohnt - und daraufhin habe ich ihm das  Angebot gemacht, ihn dort hin zu begleiten, denn ansosnten müsste ich ja so einen netten bunten Partybus anfordern, ob ihm das lieber wäre.  

Da ich die Nummer noch im Telefonprotokoll hatte, habe ich also bei der Polizei angerufen und erklärt was los ist. Auf die Nachfrage: "Wer sind Sie nochmal?" habe ich dann gesagt: "Die mit der Leuchtjacke, die ihren Hund sucht! Ich bleibe auch hier bis der Rettungswagen da ist!". War das geklärt. Vielen Dank an dieser Stelle an die netten Polizisten, die wirklich sehr mitfühlend waren, das Joey weg ist und versprochen haben, sich sofort zu melden, wenn irgendwas sein sollte. Toll. Der Mensch von der Feuerwehr war irgendwie nicht so gut drauf, als ich dort bescheid gegeben habe. 

Ich habe mich dann mit dem Mann noch unterhalten, weil der einfach wach bleiben sollte  und die Decke, die ich für Joey eingepackt hatte, wurde sein Kopfkissen. Und dann wurde es eigentlich sehr bewegend. Er hat mich nämlich nach meiner kleinen Tochter gefragt. Ich habe ihm dann erzählt, meine Tochter ist schon ganz schön groß... ob er eine hätte? Ja. Er hatte eine. Die ist tot. Sie ist zwei Jahre alt geworden. 

Ich weiß, das viele, viele Leute dann betreten schweigen und gar nicht wissen, was sie sagen sollen. Genau das ist aber eigentlich verkehrt. Denn das so viele Leute dann schweigen, ist für Betroffene noch ein Stück Hölle mehr. Ich habe ihn gefragt, ob seine Tochter an Krebs gestorben ist. Nein... mehr braucht ihr darüber auch nicht zu wissen. Ich habe ihm dann erklärt, das ich weiß, das es viele Eltern völlig aus der Bahn wirft, wenn so etwas passiert. Ich hätte mein Kind auch zum Sterben nach Hause geholt - vor 11 Jahren. Und jetzt läuft es hier rum und Montag wird es 19.

Was er denkt, ob seine Tochter wohl gut finden würde, wenn er hier so liegt? Wenn die zum Beispiel aus dem Himmel runterguckt? Nein, meinte er, wäre sie wohl nicht. 

Und dann kam der Rettungswagen, die Sanis stiegen aus und nach einem kurzen Gespräch und einer Erstuntersuchung haben sie ihn in den Wagen verfrachtet. Wisst ihr was? Es sind eigentlich genau solche Menschen, von denen man Lektionen fürs Leben lernt. Bevor ihr also das nächste Mal über jemanden urteilt, der vielleicht zu viel trinkt - überlegt doch mal, WARUM er das vielleicht macht. Und ob es das Leben für ihn wirklich einfacher macht, ihn einfach abzustempeln - oder ihn einfach und genau das hat ja letztlich derjenige gemacht, der mich angesprochen hat - in der Kälte draussen hilflos liegen zu lassen. Ehrlich gesagt... wer nicht einmal so viel Zivilcourage hat, wenigstens die Polizei zu verständigen, dass da jemand hilflos liegt, sondern den letztlich einfach so in der Kälte verrecken lassen würde... ne. Geht gar nicht! Falls euch irgendwer also erzählt, er hätte da vor Theos "einen Penner auf der Straße liegen sehen" - geigt dem bitte die Meinung. Denn das nächste Mal könnte er dort liegen. Bei Minusgraden. Und keinen interessiert das. WOLLEN WIR SO EINE STADT SEIN?

Nun denn. Ich habe dann noch eben Abendessen besorgt und oben in der warmen Wohnung die ersten Nachrichten beantwortet, die eingetrudelt sind. Und ja, Dunkelheit, Kälte und vor allem Eisglätte sind ein Grund für mich, die Suche abzubrechen, wenn letztlich mindestens 5 Leute alles Sichtungsorte großräumig abgesucht haben. Es hilft niemandem, sich die Knochen zu brechen wenn man nicht einmal ansatzweise weiß, wo der Hund ist  UND wenn der Hund ein erfahrener Streuner gewesen ist!

Nick war sehr nachdenklich und traurig und meinte, vielleicht klingelt nachts ja noch mal das Telefon. Das klingelte dann tatsächlich etwas später - und mir wurde gesagt, Joey steht unten vor der Türe! Ganz munter, ganz happy, wieder zu Hause zu sein, er wollte bloß endlich rein... also habe ich ihn erst einmal rein gelassen. 

Vielen Dank allen Helfern, Suchern, Teilern und Mitbangern!!!! Ihr alle wart total großartig und die Anrufer haben einen der Suchaufrufe auf Facebook gesehen und hatten daher meine Nummer. 

Vielen Dank aber auch an Joey. Denn ihr müsst wissen, das der seit Silvester totale Angst hat, im Dunkeln raus zu gehen. Es ist für ihn jedes Mal ein Alptraum und ich habe ihm gerade gestern Abend noch erklärt (und ja, er hat es wahrscheinlich nicht verstanden, aber da wäre ich mir eigentlich nicht so sicher, denn das Wort "Kadavercontainer!" hat er letztes Jahr auch irgendwie verstanden) also ich habe ihm jedenfalls gestern noch draussen im Dunkeln erklärt, das Mutig sein ist, sich mit seinen Ängsten auseinander zu setzen. Allein das er im Dunkeln mit rauskommt, wenn auch widerwillig, das wäre schon echt ganz mutig von ihm... auch wenn er sich immer mal wieder hinschmeißt oder versucht, Hauseingänge zu erstürmen. 

Das Joey so unglaublich mutig ist, sich im Dunkeln alleine wieder nach Hause zu trauen... das ist total großartig! Ich denke, er ist innerlich ein großes Stück gewachsen - denn er ist über einen riesengroßen eigenen Schatten gesprungen. Das er darauf selbst auch irgendwie stolz ist, hat man ihm angemerkt - und genau das macht ihn auch noch ein Stück liebenswerter!

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Vielen Dank für den Kommentar. Er wird nicht sofort zu sehen sein, weil ich erst noch schauen möchte, ob es tatsächlich ein Kommentar ist oder ob es Werbung aus Nigeria und Co ist.