Ich war letztens mit
Farino und Joey unterwegs, als mich jemand genau mit diesen Worten
ansprach. Ich war erst etwas verblüfft, denn das man so angesprochen
wird – ich glaube, damit rechnen die wenigsten.
Wir haben uns dann kurz
und sehr nett unterhalten – aber ich denke oft an die Worte und
überlege dann, was FÜR MICH Reichtum eigentlich bedeutet. Auch wenn
ich zwischendurch für einige Jahre einen „Ausflug“ gemacht habe
und manchmal mitbekommen habe, wie es sein kann, mehr Geld als viele
Andere Menschen zur Verfügung zu haben (was nicht bedeutet, das ich
selbst die Möglichkeit gehabt habe) – Fazit: Geld ist nicht alles.
Es gab in diesen Jahren
Dinge, die wirklich toll waren. Ich durfte Silvester auf Spitzbergen
erleben und um Mitternacht in einem Eisfeld auf einem Hang sitzen,
Rakteten aufsteigen sehen – und ein Fjord in unglaublichen
Blautönen erleben. Eisbärspuren in freier Natur sehen, unglaubliche
Schneemassen erleben – und der Hinweg war mein erster Flug
überhaupt. Andere fliegen das erste Mal nach Mallorca, mein erster
Flug war im tiefsten Winter auf vereisten Pisten und im Schneesturm
gelandet. Auf Spitzbergen gibt es übrigens nicht nur Schlittenhunde,
in Longyearbjen habe ich einen Dalmatiner gesehen, einen Labrador und
einen Großpudel. Dort gibt es sogar einen Portugiesischen
Wasserhund, von dem habe ich aber nur gehört. Schlittenhunde habe
ich dort nicht gesehen, die leben ausserhalb der Siedlung.
Getrocknetes Robbenfleisch ist gewöhnungsbedürftig, aber gar nicht
mal so schlecht und überhaupt gibt es dort, fast am Nordpol, die
beste Pizza der ganzen Welt. Solche Reisen sind Erlebnisse, die ich
im Herzen aufbewahre. Denn da gehören sie hin.
Einige Monate später, im
Sommer, habe ich Lappland erleben dürfen. Es gibt einmal im Jahr die
Fjällraven Classic und an der habe ich zusammen mit meinem damaligen
Freund teilgenommen. Es war unglaublich anstrengend, ich dachte ja,
ich wäre fit – habe aber auf ganz böse Art und Weise gelernt, das
ich es nicht bin. Jedenfalls nicht so, um die Classic mit ihren etwa
120 Kilometern durch Lapplands Tundra gut zu überstehen. Von 5
Tagen, die wir für die Strecke gebraucht haben, habe ich mich an
drei Tagen vor Schmerzen in den Schlaf geheult, einmal sogar mit
Schüttelfrost.
Es gab Lemminge unter den
Wegeplanken, Rentiere als Frühstücksgäste, die an den Zelten
vorbeigezogen sind und Mäuse, die sich im Pfannkuchenzelt an den
Resten sattgefressen haben und manch einer hat diese Wahnsinnstour
auch mit seinem Hund gemacht. Sogar auf dem Kungsleden gab es einen
Portugiesischen Wasserhund! OK, es gab auch eine Trilliarde von
Mücken. Aber... ich habe durchgehalten, auch wenn die Füße einfach
nur wahnsinnig weh getan haben und ich über ein Jahr auf beiden
Seiten einen Sehnenschaden hatte, der mir zum Teil das Laufen fast
unerträglich gemacht hat.
Wenn man gerne unterwegs
ist, einen Hund hat, der gerne läuft aber selbst monatelang kaum
laufen kann ohne das einem vor Schmerzen schlecht wird, ist das ganz
schön blöde. Geplant war noch ein Grönlandtrip, der aber wegen des
Sehnenschadens ausfallen musste und wie das halt manchmal im Leben so
ist, kommt sowieso alles ganz anders als geplant. Jetzt lebe ich mit
Kind, Hunden und Meeries in Neuruppin, habe neu angefangen und freue
mich zugegeben auf den WINTER!
Was ist also „Reichtum“
eigentlich – und sind die Leute, die wirklich viel Geld haben,
tatsächlich zu beneiden? Ich kann nur für mich sprechen. Ich habe im Laufe meines Lebens mehrere Menschen kennen gelernt, deren Einkommen im Vergleich
zu vielen, vielen Anderen jenseits von Gut und Böse ist. Sei es das ich durch meine Art und Weise einen sehr berühmten Fotografen kennen und schätzen gelernt habe, für und mit dem ich auch einige Zeit mal arbeiten durfte, sei es der ehemalige Industriemagnat, der meistens zu irgendwelchen Geburtstagen aufgetaucht ist um mit uns zusammen Tee zu trinken und Kuchen zu essen, Bankmanager oder was auch immer. Ich habe so
etwas auch in der Familie. Nein, ich beneide sie nicht. Denn
sicherlich mag es beruhigend sein, sich finanziell keine Sorgen ums
Essen machen zu müssen und auch problemloser ein Dach über den Kopf
zu bekommen – aber dieser Reichtum, der eigentlich ja eher als
„Wohlstand“ zu bezeichnen wäre, ist viel zu oft viel zu teuer
erkauft.
Mit Arbeitszeiten, die pro
Woche 60 Stunden und mehr betragen, mit Stress, mit „nicht
abspannen können“. Manchmal kommt es vor, das solche Menschen im
Beruf so perfekt und fehlerfrei sein müssen, das sie zu Hause völlig
anders sind und sehr darauf geachtet wird, das niemand anderes das
mitbekommt, weil es „Risse in der perfekten Fassade“ geben würde.
Oft ist auch keine Zeit für Freunde oder andere schöne Dinge im
Leben, weil man viel zu fertig ist. Die Allermeisten haben einen
gewissen Lebensstandart – und wenn der wegfällt, weil jemand
arbeitslos wird und dank Überqualifikation keinen neuen Job bekommt,
wird es schon problematisch. Auch das Umfeld guckt eigentlich viel
genauer hin und erwartet viel mehr von Menschen, die finanziell
besser dastehen. Überdies schaut fast jeder, der mehr verdient auf
diejenigen herab, die weniger haben und denkt sich, er hat das Recht
dazu, so ziemlich grundsätzlich über diese Menschen zu urteilen.
Beneidenswert? Nein. Für
mich jedenfalls nicht. Es ist oft eine Welt für sich, manchmal
leider eine sehr verlogene Welt die auch nur mit Wasser kocht und ich
gehört dort nicht hin. Es ist spannend und interessant, dort „Gast“
zu sein. Aber das war es dann.
Wobei ich insbesondere in
den letzten 10 Jahren seit Nicks schwerer Krankheit ebenfalls über
Jahre Wochen mit mehr als 60 anstrengenden Stunden hatte und
selbstverständlich danach Bereitschaft. Fortbildung war
selbstverständlich, Unmögliches möglich machen ebenfalls. Nur...
wenn eine Mutter das macht, dann ist das völlig normal und es kräht
kein Hahn danach.
Ich bin auf dem Land groß
geworden und wenn ich nicht mit den Hunden unterwegs bin oder zu
Hause ist einer meiner allerliebsten Plätze ein Stall oder eine
Weide. In Wuppertal hatte ich lange Zeit drei Pflegepferde, weil ich
es irgendwann einfach vermisst habe. Zu meiner Familie gehörten
neben meinem Mann und meinen drei Kindern auch Shetti Schröder, vom
Zirkus aufgekauft und selbst eingefahren, Isi-Mix Titus, Clauni, die
Bananenmilchkuh und viele Haustiere.
Für mich ist genau DAS
eine Form von Reichtum. Denn was ich mit Kindern und Tieren gemacht
und erlebt habe, dass kann mir niemand nehmen – und mitunter auch
kaum einer nachmachen. Egal ob mit Farino in den Schulen, eine
Biostunde mit Titus auf dem Schulhof, weil unser Pony ja schlecht mit in die
Klasse kommen kann oder das ich mir für das Thema „Afrika“, das
Nick in einer der Schulen hatte, ein zahmes Kamerunschaf ausgeliehen
habe und alle Kinder darauf gewartet haben, was für ein
afrikanisches Tier denn jetzt in der Schule auftaucht.
Unsere Tierärztin sagte
mir mal: „Du packst wohl alles in ein Geschirr, was nicht bei drei
auf einem Baum ist!“. So ähnlich. Meine Töchter sagen: „Ein
Schwein hat uns noch gefehlt!“. OK, das lag aber auch nur daran,
das es keine wirklichen Minischweine gibt, ich habe mich wochenlang
schlau gelesen. Es ist ja nicht so, das ich nicht damit liebäugelt
hätte, auch ein kleines Schwein auszubilden.
Reichtum sind für mich
die kleinen und großen Dinge (Erlebnisse) im Leben, die es
lebenswert machen, das Herz wärmen und ein Lächeln aufs Gesicht
zaubern können. Ebenso aber auch, dass man aus dem, was man hat und
was man kann, versucht für die eigene Situation und das eigene Leben
das Beste daraus zu machen. Wenn man dann noch schafft, jemanden an
so einem Reichtum der etwas anderen Art teilhaben zu lassen, dann ist
es perfekt. Wenn man Reichtum also danach bemisst, bin ich
tatsächlich sehr reich und die schönsten Komplimente, die ich in
letzter Zeit gehört habe waren: „Du lachst jetzt viel mehr als zu
der Zeit, wo wir uns kennengelernt haben!“ oder „Aufgeben kommt
in ihrem Wortschatz nicht vor, so wie ich sie kenne!“.
An diesem Reichtum schätze
ich, das er sich stetig vermehrt, je mehr ich lerne und erlebe - und
vor allem, das man ihn mir nicht wegnehmen kann. Ich kann diesen –
für mich – Reichtum sogar teilen – und er wird nicht weniger,
sondern genau dadurch oft sogar noch mehr!
Was den finanziellen
Reichtum anbelangt, ich werde es wohl nie sein – und ich möchte es
auch nie sein. Dafür, das wir zwei Hunde haben (was so ja eigentlich
auch gar nicht längerfristig gedacht war), verzichten wir auf Dinge,
die für andere Menschen relativ selbstverständlich sind. Wir haben
zum Beispiel relativ wenig Elektrogeräte und von denen, die wir
haben, sind nur 5 jeden Tag im Einsatz (ehrlich!). Nicht, weil ich
oberöko bin, sondern weil wir darauf verzichten können. Wir haben
zum Beispiel keinen Fernseher. Das geht. Man kann tatsächlich ohne
Fernseher überleben. Wir haben auch kein Auto mehr zur Verfügung
und müssen fast alle Strecken laufen. Das braucht mehr Zeit, hält
aber auch fit. Ich finde es eigentlich gut, das Dinge, die für manch
einen alltäglich sind, für uns oft etwas besonderes geworden sind
und man sie viel mehr schätzen lernt.
Es ist nicht schlimm für
mich, weniger Geld als viele Andere zu haben, damit kann ich mich
überwiegend arrangieren. Da gerade für ein Kind mit Handicap die
Möglichkeiten der Teilhabe erfahrungsgemäß sehr eingeschränkt
sind bin ich ohnehin dafür zuständig, die Stadt auch als
Erlebnisraum zu betrachten, in dem es immer neue Dinge zu entdecken
und zu lernen gibt. Neuruppin kann genau so spannend sein, wie
Spitzbergen, nur eben auf andere Art und Weise! Man muss manchmal
einfach nur seine Sichtweise ein bisschen ändern.