Montag, 3. November 2014

Kunst-iör: einem geschenkten Gaul...

...schaut man nicht ins Maul. So ein Sprichwort. Na ja, zu der Zeit, wo das Sprichwort aufgekommen ist, ging es tatsächlich um Pferde und die landeten, wenn die nichts taugten, dann eben in der Pfanne.

Cholesterinarmes Fleisch das von Tieren kommt, die nicht durchs permanente Furzen die Ozonschicht demontieren. Gut, manchmal muss man es durchfrieren um keine Schuhsohlen in der Pfanne zu braten und Dauerkaugummi mit Fleischgeschmack herzustellen, aber ansonsten gar nicht mal so schlecht. Aber abgeschweift. Der "geschenkte Gaul" um den es hier jetzt geht, dem durfte man heute schon mal so richtig "ins Maul" schauen, bevor die Entscheidung fällt, ob man ihn nimmt oder nicht.

In der Galerie "Kunstraum Neuruppin" war jetzt längere Zeit eine Ausstellung zum Thema "Idole". Es war eine gemischte Ausstellung mit gemalten Werken - und welchen in Spiegeltechnik. Vielleicht seit ihr ja mal dort vorbei gelaufen und habt einen Blick durch die Fenster geworfen und diese Spiegelköpfe gesehen, die alles mögliche reflektiert haben.


 So sieht der modern gestaltete Fontane aus

Genau so einen Spiegelkopf möchte nun jemand der Stadt Neuruppin schenken - und weil es einen Bezug zu Neuruppin haben sollte und das hiesige Idol Theodor Fontane ist, sollte es ein Fontane werden. Es ist einer geworden, 1,30 m groß und sein vorgesehener "dauerhaft temporärer" Platz ist im Foyer des Alten Gymnasiums. "Dauerhaft temporär" deshalb, weil er abgehängt wird, wenn dort eine andere Ausstellung ist.

Dort wurde er heute zur Probe aufgehängt und man konnte schauen, wie er aussieht und wie es einem gefällt. Und... ja, ich finde ihn gut gelungen - und dort auch sehr passend. Denn es ist zwar das "Alte Gymnasium" - aber von innen ist es ja sehr jung - und bietet auch vielen jungen Menschen dort Raum. Sei es das sie in der Jugendkunstschule etwas lernen, oder Bücher entdecken, Theater machen, Tanzen oder studieren.


So sieht es dann von etwas weiter weg aus, davor sehr dekorativ Herr Bunk, Inhaber der Galerie "Kunstraum Neuruppin" (in schwarz) und Herr Zetzsche, Kulturmanager der Stadt Neuruppin


Ein tolles Kunstwerk an einem tollen Platz. Nun gibt es Menschen, die sagen: "Na ja, ist DAS Kunst?" - Kunst ist nun einmal Vielfalt. Und Glaskunst ist die Spiegeltechnik zweifelsohne. Der Künstler, Herr Menck, erklärte uns dann auch noch den Herstellungsprozess, was sehr interessant war. Für den Spiegel-Fontane brauchte er erst einmal passende Bildvorlagen. Anhand der Vorlagen hat er dann eine Zeichnung angefertigt. Der Unterschied zwischen einer "normalen" Zeichnung und der für den Spiegelentwurf ist, so erklärte er, das er von vorneherein beachten muss, das man den Spiegel nicht einfach x-beliebig schneiden kann. Er muss die Eigenschaften des Materials berücksichtigen, Kurven gehen nur bis zu einem bestimmten Radius, einfach irgendwo etwas heraus schneiden geht gar nicht. Der Entwurf muss also aus Linien bestehen, die auf Glas tatsächlich zu schneiden sind.


Hier erklärt Herr Menck, wie der Kopf entstanden ist. Im Hintergrund Frau Ahlers, Vorsitzende des Ausschusses für Kultur, Soziales, Schule und Ordnung

Danach werden die einzelnen Teile zugeschnitten, geht ein Teil dabei zu Bruch, muss ein Ersatzstück geschnitten werden. Ebenfalls wird eine Trägerplatte aus Holz mit den Umrissen des Kopfes ausgesägt, geschliffen und schwarz grundiert.

Die einzelnen Spiegelteile werden dann an den Kanten geschliffen, damit sie eben sind, die Kanten werden gefast. Sind alle Teile fertig geschliffen, wäre es letztlich nur wie ein normaler Spiegel, wenn man alle Teile gleich plan aufkleben würde. Der Effekt, und damit die Kunst ist, sie mit so viel Winkel aufzukleben, dass sich am Ende eine vielfältige Spiegelung ergibt. Das ist ziemlich gut gelungen - und je nachdem, wo man vor dem Teil steht, spiegelt sich etwas Anderes.

"Da fehlt ein Teil!" meinte dann jemand und deutete auf ein sehr langes schmales Dreieck am unteren Rand. Nein, da fehlte nichts. Genau in dem Stück spiegelte sich der schwarze Pullover von der Person. Im Teil daneben schon wieder etwas völlig Anderes. 





Und so sieht es aus, wenn der Fotograf der MAZ versucht, nicht auf dem Bild zu erscheinen, das er gerade macht.


Es gibt Kunst zum Anfassen, und Kunst, um sich darin zu spiegeln. Das Teil ist Kunst, in der man sich spiegeln kann, in der man auf Entdeckungsreise gehen kann "Was sehe ich, wenn ich immer ein Schritt weiter gehe?". Ich denke, daran werden Leute viel Freude haben. Es ist ein tiefsinniges, niedrigschwelliges und Spaß machendes Kunstwerk an einem wirklich tollen Platz.

Herr Bunk, der Galerist meinte dann: "Interessant ist doch auch, das man sich als Neuruppiner in Fontane spiegeln kann - und sich fragen kann: Was bedeutet er mir?". Auch das. Neuruppin ist nun einmal Fontane-Stadt. Ein altbackenes Fontane-Gemälde wäre wirklich uninteressant und langweilig, das guckt man sich an, sagt: "Na ja, ganz nett!" und das war´s dann meistens.

Warum aber heute nur Probe hängen? Weil so ein Kunstwerk im Wert von 2500 Euro, das jemand der Stadt schenken will, letztlich auch ein Politikum ist. Ja, es hätte an vielen vorbei einfach angenommen werden können. Getreu dem Motto: "Leute, wir bekommen etwas geschenkt" und alle sind froh, das es nix kostet und sagen ja und Amen. Das wäre dann wirklich so ein "geschenkter Gaul, dem man nicht ins Maul schaut". 

Die Beschlussvorlage zu dieser Schenkung geht aber zum Haupt- und Finanzausschuss (Entgegennahme einer Sachspende) - und in den Kulturbeirat (dito) zur Diskussion. Gerade der neue Kulturbeirat möchte sich damit befassen, das es in Zukunft eine Art Leitlinie für Kunst im öffentlichen Raum gibt und nicht jeder, der will, einfach sagt: "Leute, ich schenke euch jetzt mal was, stellt das da und da auf!". Das gab es bisher mehr oder minder und letztlich stehen im Stadtgebiet ziemlich zusammenhangslos irgendwelche Kunstwerke. Davon zum Teil nach dem Motto: "Einem geschenkten Gaul...".

So wird auch ein riesiger Pater Wichmann aufgestellt, den die Lions Herren von dem Künstler anfertigen lassen, der auch den Parzival hergestellt hat. Da wurde nicht vorab gefragt: "Wie ist das, gibt es da Einwände gegen?". Sondern der Beigeschmack "Wer blecht, der bestimmt" bleibt und es ist die Frage, warum die Lions-Herren einen Pater Wichmann an exponierter Stelle aufstellen lassen dürfen - aber eine andere Person, die gerne eine große Krümelmonster-Figur stiften wollte, wurde abgewiesen?

Wie ihr seht, es ist manchmal gar nicht so einfach mit der Kunst. Schon gar nicht im öffentlichen Raum. 





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Vielen Dank für den Kommentar. Er wird nicht sofort zu sehen sein, weil ich erst noch schauen möchte, ob es tatsächlich ein Kommentar ist oder ob es Werbung aus Nigeria und Co ist.