Donnerstag, 27. Mai 2021

Die ersten Wochen mit dem Sacco-Cart

 sind um. Es hat sich auch ein bisschen was getan!


Mittlerweile wissen wir, wie wir das Sacco-Cart am besten und schnellsten in den Berlingo bekommen. Es liegt auf der Seite und dann diagonal. Zu zweit bekommen wir es recht problemlos in den Wagen und müssen dann nur kurz die Positionen wechseln, damit ich das Vorderteil im Auto kippen kann um dann "den Arsch zu drehen" und es schräg zu stellen. Danach kommt Joey ins Auto, der im Moment durchs Cart durchklettern muss, weil ein Türgriff kaputt ist. Der wird nächste Woche repariert. Aber Joey hat ganz schnell verstanden, was er soll und klettert problemlos durch das Cart. 

Getan hat sich etwas bei einem der Bügel. Die ersten zwei Touren haben wir den ja komplett gehabt, was dann doch ziemlich unangenehm wurde, weil er ja auf Hunde ausgerichtet und gebogen war. Da die Zugbügel aber zusammengesetzt sind, hat mein Bruder uns einen davon dann auseinander genommen und den gleich noch ein bisschen gerichtet. Danach hatte ich halt einen kürzeren Bügel, der dann auch "hüftfreundlicher" auseinander war und mit Karabinern und Tüddelbändern an meiner Hüfttasche befestigt wurde. Aber irgendwie so ganz das dolle war es nicht.



Dann hat Sylvia sich gemeldet, die Eigentümerin vom Cart und hat mir geschrieben, dass ich einen Bügel auch gerne umbauen könnte, wie ich das bräuchte. Das wäre kein Problem, wenn ich den auseinanderflexen würde. Hach! Nun, geflext habe ich den nicht, aber die Dekupiersäge hat ihren Dienst getan und vom Bügel den Bogen entfernt. Damit hatte ich dann faktisch zwei L-Formen. Noch etwas Gewebeklebeband um die Kanten abzudecken und alles erst mal mit Kabelbindern provisorisch befestigt, war es gleich viel besser! 

Die erste Tour mit der Variante haben wir in Bischofsbrück gemacht. Da hatte ich das noch an der Hüfttasche und den Rucksack hinten am Sacco. Allerdings ist mir die Tasche dann immer heruntergerutscht  und wenn nicht das, hat die Schnalle sehr unangenehm in den Bauch gedrückt. Also auch doof. Aber generell haben wir da den ersten Feldweg mit Gras gemeistert. Das ging gut, bis der nicht mehr von Treckern befahren wurde, dann wurde er so unwegsam, dass ich kapituliert habe. 

Also zurück. Das Tolle ist auch, dass wir relativ leise unterwegs sind und so viel sehen. In Bischofsbrück also auch Feldhasen. Zum Glück hat Joey die NICHT gesehen. Beim Auto haben wir dann eine kurze Pause gemacht, Trinken rausgeholt und dann sind wir noch etwas die Straße Richtung Vrees hoch. Aber da hat es mich irgendwann einfach nur noch genervt mit der Tasche, dass ich auf den Rucksack gewechselt habe. Das war dann viel besser! Der hat ja ein richtiges Tragesystem und mit ein bisschen "herumgebastel" während des Ziehens habe ich dann aus den erst steil verlaufenden Rohren die so hinbekommen, dass sie nicht so steil verlaufen, dass die vorderen Griffe nerven, sondern dass es wirklich angenehm und einfach zu ziehen ist. 



Wobei einfach immer auch relativ ist, denn ich ziehe ja ungefähr 100 Kilogramm Gewicht und selbst "leichtlaufend" ist das doch eine ganz schöne Masse, die je nach Rollwiderstand des Untergrundes verdammt anstrengend werden kann! Wie anstrengend, haben wir dann Himmelfahrt gemerkt, als ich "boah, da MUSS ein Weg sein, das sieht richtig toll aus!" einer Treckerspur über einer Weide mit hohem Gras gefolgt bin. Einer Hochmoorweide. Schön nass. Aber auch der Moorlehrpfad nach drei Tagen Regen hatte es in sich und mich irgendwann zum kapitulieren gebracht. Aber wir sind immerhin deutlich weiter gekommen als wie mit dem Rolli. 


Gleich nach dem Grasland haben dann die Kabelbinder an einer Seite die Nase voll gehabt. Kann ich verstehen, aber GS-Agri ist dein Freund und hat auch Einzelschrauben da, um dem ganzen wieder eine feste Verbindung zu geben. Dabei hat mir Fabi geholfen, mein Schwiegersohn (boah, das klingt so uralt...). Als ich dann das Sacco bei der nächsten Tour wieder zusammengebaut habe, dachte ich erst: "Mist, die Griffe sind jetzt verkehrt herum dran!". Aber dann hat sich herausgestellt, dass sie so, wie sie jetzt sind, genau richtig sind! 

Die längste Tour bislang war rund 4 Kilometer. Es war eine "oh, guck, es hat aufgehört zu regnen, lass und noch eben eine Runde fahren!"-Tour. Wir sind losgezuckelt hinten zur Marka hin. Blauer Himmel, alles schick.  Nach etwas über einem Kilometer hat es leicht genieselt. Nach 2 Kilometern geschüttet. Wir mitten drin. Aber mit Regencapes! Die hatte ich nämlich dabei. Erst Nick eingepackt, dann mich und unter dem Regencape dann Rucksack auf und Schallen einklinken. 

An der Schule in Markhausen war dann endlich ein Bushäuschen wo wir uns unterstellen konnten. Nick hatte sich die Kapuze vom Cape komplett über das Gesicht gezogen und schon seit über einem Kilometer nix mehr mitbekommen. Außerdem steckte er in seinem Fußsack, der ist auch regendicht. Wir sind dann im Regen weitergezuckelt um festzustellen, dass es 200 Meter vor unserem Haus aufgehört hat zu regnen, blauer Himmel, weiße Schäfchenwolken, lieblich blinzelte die Sonne. Aber hey, 4 Kilometer geschafft!

Eine andere Tour war in Lindern, wo wir das zweite Steingrab, die "Steinkiste" im Wald gefunden haben. Das war jetzt an Pfingsten. Ich freue mich immer, wenn wir zu ruhigeren Zeiten die Chance haben, irgendwo bei Ställen auf einer befestigten Fläche zu parken und da auch keinem Trecker ins Gehege kommen. Das ist für mich viel einfacher und für Junior auch. Wir hatten dann 2,6 Kilometer, einschließlich Trampelpfad quer durch den Wald. 

Das Sacco ist ja eigentlich eine Kutsche für Hunde oder Shetty - und gerade was Hunde anbelangt, habe ich dann mittlerweile Respekt vor deren Zugleistung, sofern nicht klar ersichtlich ist, dass irgendein Vollpfosten seinen Hund vor so einem Teil verheizt, weil er ihn komplett überfordert. Es ist kein Problem, mit kleineren und leichteren Hunden Zughundesport zu machen. Bikejöring oder Canicross gehen sogar mit ganz kleinen Hunden und da kann Mensch dem Hund auch super helfen. Aber Menschen, die denken, so ein Bordercolli wäre ein bärenstarker Hund kann es kräftemäßig problemlos mit einem Entlebucher, Berner Sennen oder Neufi aufnehmen oder gar mit einem Shetty - einfach nein.

Das Schöne an einer allgemeinen Zughundesportgruppe ist, dass dort auch immer Leute sind, die Wettkämpfe mitmachen. Ohne Musherprüfung kann man in kaum einem Wettkampf starten, das ist einfach eine Grundvoraussetzung, dass man nachweist, dass einem der Hund und der Sport nicht völlig egal sind, sondern man sich mit den Grundlagen des Hundes, des Tierschutzes und des Sportes befasst hat. Entsprechend sind in "meiner" Gruppe Neulinge oft auch wirklich gut beraten. Nicht immer ganz nett formuliert, aber da gibt es auch durchaus mal "klare Kante" bei Dingen, die so gar nicht gehen. Das schätze ich sehr. Seit dem ich einen sichtlich erschöpften kleinen Hund vor dem Sacco in einer anderen Gruppe gesehen habe, es als "tolle Leistung" angesehen wurde und als "selbstverständlich schafft der das" noch viel mehr. Auf meinen Einwand mit meiner EIGENEN Zugerfahrung wurde mir dann geantwortet, ich müsste einfach nur schneller laufen, weil wenn man langsam läuft, dann würde man es ja immer neu anziehen. Ah ja! Gut zu wissen mit welchen Argumenten solche Leute das Verheizen ihres Hundes vor sich und anderen rechtfertigen und dafür noch Applaus bekommen. 

In "meiner" Gruppe hätte ich zu dem Bild und dem Posting mindestens 5 Meldungen mit "lösch das bitte, das ist kein Vorbild!" bekommen und es wären sehr, sehr klare Worte gefallen. Wobei ich das Bild nicht gelöscht hätte, sondern sehr klar kommuniziert hätte, dass ich es wichtig finde, wenn auch schlechte Beispiele gezeigt werden. Das habe ich schon öfters so gehandhabt, denn man lernt an schlechten Beispielen eine ganze Menge, wenn diese gut erklärt werden!

Weil es aber immer wieder Fragen dazu gibt, wie ich das Sacco ziehe, jetzt noch eben ein paar gewünschte Antworten dazu:

"Für wieviel Kilo ist der Wagen ausgelegt?" Laut Hersteller ist der Wagen für bis zu 150 kg auf unebenem Gelände ausgelegt. Da der Wagen aber selbst etwa 30 - 35 kg wiegt, wäre die Gesamtlast dann rund 180 kg. Das kann ich einem Shetty zumuten, für normale Hunde fände ich es aber durchaus eine enorme Zumutung. 

"Habt ihr eine angepasste Sitzschale?" Nein, haben wir nicht. Das Sacco-Cart hat so eine Art einfachen Gartenstuhlsitz, da haben wir eine normale Stuhlauflage drauf und wenn das Wetter kühler ist, auch den Rollischlupfsack. Das ist dann allerdings etwas "tricky". 

"Wo habt ihr das Sacco her?" Wir haben es als Leihgabe bekommen, was absolut klasse ist. Mit ein bisschen Glück findet man auch immer mal welche auf Ebay oder über entsprechende Gruppen auf Facebook. Mehr Infos findet ihr beim Hersteller unter saccowagen.ch

"Ihr könnt doch einen Motor dran bauen!" - Da es keine durchgehende Achse hat, ist das gar nicht so einfach. Aber selbst wenn es einfacher wäre, würde ich das nicht wollen. Denn ein Motor würde zwar Schubkraft liefern, wäre aber auch wieder zusätzliches Gewicht und vor allem zusätzliche Anschaffungskosten, und empfindlich. Ich denke, es ist gut, so wie es ist. Wir sind meistens sehr leise unterwegs, was zu tollen Naturerlebnissen führt und alles Andere ist auch Trainingssache. Es bringt mich an Grenzen und darüber hinweg - und wenn wir so eine Tour hinter und haben und es anstrengend war, dann bin ich auch wirklich stolz, das geschafft zu haben. 

Egal wie alle ich bin. Aber das, das habe ICH geschafft. Das ist ein Stück UNSERER Normalität, UNSERES Lebens, etwas, das UNS wichtig ist und für UNS Teilhabe bedeutet. Denn es ist das Eine, wenn jeder sagt: "Uh, natürlich sollen Behinderte am normalen Leben teilhaben dürfen!" - und es ist das Andere, dann auch den Mehraufwand mit zu wuppen. Sobald es unbequem oder anstrengend wird, sind nämlich dann alle weg. 

Die Zeiten, an denen irgendwer Nick außerhalb einer Klinik  im Rolli mehr als 5 Meter geschoben hat, die kann ich auch nach einem Jahr noch an einer Hand abzählen. Das könnte ich es ohne Corona übrigens auch. 


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Vielen Dank für den Kommentar. Er wird nicht sofort zu sehen sein, weil ich erst noch schauen möchte, ob es tatsächlich ein Kommentar ist oder ob es Werbung aus Nigeria und Co ist.